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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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II. 2. Von Kekrops bis Solon.
gross, dass ihr heer sich gliedern musste, und die führer der stratoi
waren immer schon sehr ansehnliche beamte, die reiterführer ebenso,
denn das ritterpferd machte zwar nicht den adlichen geradezu, wie auf
Euboia, aber es war der sehnlichste wunsch jedes bauern, eins zu halten
und den ritter zu spielen. die reiterobersten waren sicherlich immer
ständige beamte, da die cavallerie ihrer natur nach eine stehende truppe
ist. namentlich mit rücksicht auf die aushebung werden es auch die
strategen gewesen sein. dass diese stellen durch wahl besetzt wurden,
des volkes oder des heeres, ist nach hellenischer anschauung nicht zu
bezweifeln. Peisistratos hat Nisaia als stratege erobert, und schon im
ersten heiligen kriege führt nicht der polemarch das athenische con-
tingent.

Der regent.Der eigentlich politische beamte, der 'regent', mag einst ein wahl-
könig gewesen sein; jetzt waren ihm neben den hohenpriesterlichen auch
die kriegsherrlichen functionen des monarchen entzogen. für die chrono-
logie der culte ist es vom höchsten werte, dass eine anzahl gemeindefeste
dem archon unterstehen und somit, auch nach der tradition, relativ jung
sind. von den grossen Dionysien können wir absehen, da sie erst
Peisistratos, als er Athens herrschaft sicher besass, 537 gestiftet hat.
sonst stehen unter dem archon die Apollonfeste, und dieser gott ist in
Athen zwar der 'väterliche' geworden, aber dass er durch einen be-
stimmten act dazu gemacht ist, hat man dadurch immer eingestanden,
dass sein athenischer cult als eine filiale von Delphi und von Delos gilt.17)

17) Apollon ist ein gott, den die alte bevölkerung von Mittelgriechenland ver-
ehrte, von der 'küste' oder besser dem 'vorgebirge' (Aktion, Leukas)' Akarnaniens
bis zur Dirphus 'Delph' Euboias, von den bergen um die Tempe bis zum Ptoion.
er ist ein gott des hochgebirges; grotten sind seine alten heiligtümer. Delphoi, ein
stammname, und Dirphus gehen zusammen, Delphinios ist eine bereits misdeutende
fortbildung; als seine verehrer über die see fahren, geleitet er sie als delphin. das
tut er aber auch in der delphischen tradition, die gern diesen fremden zug aufnahm.
die wanderung der alten bevölkerung jener gegenden hat den gott in den osten
getragen und in Delos, auf einem armseligen inselchen, weil es in der mitte lag
und an sich armselig war, das wichtigste heiligtum gegründet. an der küste, in
Klaros, bei den Branchiden (einem geschlechte, das aus Delphi stammen will), am
Triopion, in Lykien, auf Kypros haben wol ältere barbarische götter sich in den
zuwandernden verwandelt. dasselbe gilt sicherlich vom Peloponnes, dessen eigene
götter zum teil noch vor unsern augen die grossen namen annehmen, wie die 'blinde
göttin' Alea von Tegea und Mantineia Athena wird, der Pan des Lykaion Zeus,
Maleatas Apollon. der gott der grotte an der Kyllene hat sich Apollons erwehrt,
ist aber Hermes geworden. ausserdem ist von den einwanderern, weil sie in apol-
linischer gegend längere zeit gewohnt hatten, der akarnanische gott der Karneia

II. 2. Von Kekrops bis Solon.
groſs, daſs ihr heer sich gliedern muſste, und die führer der στϱατοί
waren immer schon sehr ansehnliche beamte, die reiterführer ebenso,
denn das ritterpferd machte zwar nicht den adlichen geradezu, wie auf
Euboia, aber es war der sehnlichste wunsch jedes bauern, eins zu halten
und den ritter zu spielen. die reiterobersten waren sicherlich immer
ständige beamte, da die cavallerie ihrer natur nach eine stehende truppe
ist. namentlich mit rücksicht auf die aushebung werden es auch die
strategen gewesen sein. daſs diese stellen durch wahl besetzt wurden,
des volkes oder des heeres, ist nach hellenischer anschauung nicht zu
bezweifeln. Peisistratos hat Nisaia als stratege erobert, und schon im
ersten heiligen kriege führt nicht der polemarch das athenische con-
tingent.

Der regent.Der eigentlich politische beamte, der ‘regent’, mag einst ein wahl-
könig gewesen sein; jetzt waren ihm neben den hohenpriesterlichen auch
die kriegsherrlichen functionen des monarchen entzogen. für die chrono-
logie der culte ist es vom höchsten werte, daſs eine anzahl gemeindefeste
dem archon unterstehen und somit, auch nach der tradition, relativ jung
sind. von den groſsen Dionysien können wir absehen, da sie erst
Peisistratos, als er Athens herrschaft sicher besaſs, 537 gestiftet hat.
sonst stehen unter dem archon die Apollonfeste, und dieser gott ist in
Athen zwar der ‘väterliche’ geworden, aber daſs er durch einen be-
stimmten act dazu gemacht ist, hat man dadurch immer eingestanden,
daſs sein athenischer cult als eine filiale von Delphi und von Delos gilt.17)

17) Apollon ist ein gott, den die alte bevölkerung von Mittelgriechenland ver-
ehrte, von der ‘küste’ oder besser dem ‘vorgebirge’ (Ἄκτιον, Λευκάς)’ Akarnaniens
bis zur Διϱφύς ‘Delph’ Euboias, von den bergen um die Tempe bis zum Ptoion.
er ist ein gott des hochgebirges; grotten sind seine alten heiligtümer. Δελφοί, ein
stammname, und Διϱφύς gehen zusammen, Δελφίνιος ist eine bereits misdeutende
fortbildung; als seine verehrer über die see fahren, geleitet er sie als delphin. das
tut er aber auch in der delphischen tradition, die gern diesen fremden zug aufnahm.
die wanderung der alten bevölkerung jener gegenden hat den gott in den osten
getragen und in Delos, auf einem armseligen inselchen, weil es in der mitte lag
und an sich armselig war, das wichtigste heiligtum gegründet. an der küste, in
Klaros, bei den Branchiden (einem geschlechte, das aus Delphi stammen will), am
Triopion, in Lykien, auf Kypros haben wol ältere barbarische götter sich in den
zuwandernden verwandelt. dasselbe gilt sicherlich vom Peloponnes, dessen eigene
götter zum teil noch vor unsern augen die groſsen namen annehmen, wie die ‘blinde
göttin’ Ἀλέα von Tegea und Mantineia Athena wird, der Pan des Lykaion Zeus,
Maleatas Apollon. der gott der grotte an der Kyllene hat sich Apollons erwehrt,
ist aber Hermes geworden. auſserdem ist von den einwanderern, weil sie in apol-
linischer gegend längere zeit gewohnt hatten, der akarnanische gott der Κάϱνεια
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[44/0054] II. 2. Von Kekrops bis Solon. groſs, daſs ihr heer sich gliedern muſste, und die führer der στϱατοί waren immer schon sehr ansehnliche beamte, die reiterführer ebenso, denn das ritterpferd machte zwar nicht den adlichen geradezu, wie auf Euboia, aber es war der sehnlichste wunsch jedes bauern, eins zu halten und den ritter zu spielen. die reiterobersten waren sicherlich immer ständige beamte, da die cavallerie ihrer natur nach eine stehende truppe ist. namentlich mit rücksicht auf die aushebung werden es auch die strategen gewesen sein. daſs diese stellen durch wahl besetzt wurden, des volkes oder des heeres, ist nach hellenischer anschauung nicht zu bezweifeln. Peisistratos hat Nisaia als stratege erobert, und schon im ersten heiligen kriege führt nicht der polemarch das athenische con- tingent. Der eigentlich politische beamte, der ‘regent’, mag einst ein wahl- könig gewesen sein; jetzt waren ihm neben den hohenpriesterlichen auch die kriegsherrlichen functionen des monarchen entzogen. für die chrono- logie der culte ist es vom höchsten werte, daſs eine anzahl gemeindefeste dem archon unterstehen und somit, auch nach der tradition, relativ jung sind. von den groſsen Dionysien können wir absehen, da sie erst Peisistratos, als er Athens herrschaft sicher besaſs, 537 gestiftet hat. sonst stehen unter dem archon die Apollonfeste, und dieser gott ist in Athen zwar der ‘väterliche’ geworden, aber daſs er durch einen be- stimmten act dazu gemacht ist, hat man dadurch immer eingestanden, daſs sein athenischer cult als eine filiale von Delphi und von Delos gilt. 17) Der regent. 17) Apollon ist ein gott, den die alte bevölkerung von Mittelgriechenland ver- ehrte, von der ‘küste’ oder besser dem ‘vorgebirge’ (Ἄκτιον, Λευκάς)’ Akarnaniens bis zur Διϱφύς ‘Delph’ Euboias, von den bergen um die Tempe bis zum Ptoion. er ist ein gott des hochgebirges; grotten sind seine alten heiligtümer. Δελφοί, ein stammname, und Διϱφύς gehen zusammen, Δελφίνιος ist eine bereits misdeutende fortbildung; als seine verehrer über die see fahren, geleitet er sie als delphin. das tut er aber auch in der delphischen tradition, die gern diesen fremden zug aufnahm. die wanderung der alten bevölkerung jener gegenden hat den gott in den osten getragen und in Delos, auf einem armseligen inselchen, weil es in der mitte lag und an sich armselig war, das wichtigste heiligtum gegründet. an der küste, in Klaros, bei den Branchiden (einem geschlechte, das aus Delphi stammen will), am Triopion, in Lykien, auf Kypros haben wol ältere barbarische götter sich in den zuwandernden verwandelt. dasselbe gilt sicherlich vom Peloponnes, dessen eigene götter zum teil noch vor unsern augen die groſsen namen annehmen, wie die ‘blinde göttin’ Ἀλέα von Tegea und Mantineia Athena wird, der Pan des Lykaion Zeus, Maleatas Apollon. der gott der grotte an der Kyllene hat sich Apollons erwehrt, ist aber Hermes geworden. auſserdem ist von den einwanderern, weil sie in apol- linischer gegend längere zeit gewohnt hatten, der akarnanische gott der Κάϱνεια

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/54>, abgerufen am 24.11.2024.