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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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II. 2. Von Kekrops bis Solon.
Athenai3), der statt einer ableitung wie Eraia, Apollonia nur den
plural des gottesnamens verwendet, und zwar in einer form, die in Athen
zu gunsten der ableitung fallen gelassen ist, so dass die göttin von den
Athenern nur 'göttin' oder 'Athenerin' genannt wird. keine andere stadt
in Hellas hat es vermocht, in dieser weise eine der grossen gottheiten
zu ihrer vertreterin zu machen. heroen wie Korinthos und Miletos,
Theba und Aigina, haben kaum etwas körperlichkeit erlangt; die Hera
von Argos, die Kora von Syrakus, die götter der verschiedenen Apollonia
haben nie das wesen der allgemeinen götter beeinflusst, die vielmehr
alle nur nebenher diese und jene stadt besonders vertreten. Athena
ist die jungfräuliche und streitbare stadtgöttin vieler orten rings um
Athen, in Aigina, Korinth, ja selbst bei den eingewanderten Boeotern.4)
wenn sie zu Athen ein so viel näheres verhältnis gewonnen hat, so
vermag man sich der vermutung nicht zu erwehren, dass dabei ein be-
wusster wille tätig gewesen sei. die einigung der landschaft Attika ist die
voraussetzung der athenischen geschichte, und sie ist erzielt, ehe unsere

den umwohnern Akte (darüber mehr zu cap. 5), davon ist Attikos gebildet, und
die die gesinnung oder sprache Athens draussen teilen attikizousin, und wie
die weiterbildungen sonst sind. weil das tt aus kt entstanden ist, tritt nirgend
ss dafür ein ausser bei solchen, die der sprache gewalt antun wie Euphorion 27.
der lautwandel fordert eine erläuterung, denn er ist anomal. ganz ebenso steht
trittus trittoa für triktus, os tetraktus, dies unter dem einflusse von trittos
trissos, attikos unter dem von Atthis, einem ganz correcten hypokoristikon von
Athenais, das sehr alt sein muss, da der letzte radical noch verdoppelt ist, als
mädchenname bei Sappho belegt, für athenisch, wie es scheint, erst bei Euripides.
Thukydides nennt die Attike suggraphe des Hellanikos so, nicht Atthis. bei
Hesych steht Attis Athenai: das hat wol ein künstelnder poet gesagt.
3) Die pluralbildung ist dieselbe wie in Thebai Plataiai, aber nur grammatisch
dieselbe, denn neben diesen stehn auch die singulare in localer bedeutung, und die
ortsnymphen sind gegenüber den städten secundär, während Athenai von Athene
gebildet ist, dem namen, den die nicht-ionischen Hellenen als Athana festhalten und
auch die attischen dichter in gehobener rede anwenden. die brechung des a ist
jünger als sein ersatz durch Athenaia, in dem, wenn es nicht wirklich darin steckt,
der Athener wenigstens nur das ethnikon finden konnte, einerlei ob theos oder par-
thenos dabei zu ergänzen ist.
4) Sie haben ihr bundesheiligtum am Athenatempel zu Koroneia, das am
Koralios liegt, das ist stadt und fluss der kore, korone. denn ich meine sowol
korone wie Koronis richtiger als früher zu fassen, wenn ich es nur als weiter-
bildung betrachte. parthenos heisst Athena oft, und pallas bedeutet auch nur das
mädchen und ist wol bei Homer noch nicht toter eigenname. es gehört zu pallax
pallex pallake pallakinos. die Athenabilder heissen palladia, weil sie korai
sind, und auch andere weibliche idole können passend so heissen. es ist wie kore
auch nur ein femininum zu andrias.

II. 2. Von Kekrops bis Solon.
Ἀϑῆναι3), der statt einer ableitung wie Ἡϱαία, Ἀπολλωνία nur den
plural des gottesnamens verwendet, und zwar in einer form, die in Athen
zu gunsten der ableitung fallen gelassen ist, so daſs die göttin von den
Athenern nur ‘göttin’ oder ‘Athenerin’ genannt wird. keine andere stadt
in Hellas hat es vermocht, in dieser weise eine der groſsen gottheiten
zu ihrer vertreterin zu machen. heroen wie Korinthos und Miletos,
Theba und Aigina, haben kaum etwas körperlichkeit erlangt; die Hera
von Argos, die Kora von Syrakus, die götter der verschiedenen Apollonia
haben nie das wesen der allgemeinen götter beeinfluſst, die vielmehr
alle nur nebenher diese und jene stadt besonders vertreten. Athena
ist die jungfräuliche und streitbare stadtgöttin vieler orten rings um
Athen, in Aigina, Korinth, ja selbst bei den eingewanderten Boeotern.4)
wenn sie zu Athen ein so viel näheres verhältnis gewonnen hat, so
vermag man sich der vermutung nicht zu erwehren, daſs dabei ein be-
wuſster wille tätig gewesen sei. die einigung der landschaft Attika ist die
voraussetzung der athenischen geschichte, und sie ist erzielt, ehe unsere

den umwohnern Ἀκτή (darüber mehr zu cap. 5), davon ist Ἀττικός gebildet, und
die die gesinnung oder sprache Athens drauſsen teilen ἀττικίζουσιν, und wie
die weiterbildungen sonst sind. weil das ττ aus κτ entstanden ist, tritt nirgend
σσ dafür ein auſser bei solchen, die der sprache gewalt antun wie Euphorion 27.
der lautwandel fordert eine erläuterung, denn er ist anomal. ganz ebenso steht
τϱιττύς τϱιττόα für τϱικτύς, ὡς τετϱακτύς, dies unter dem einflusse von τϱιττός
τϱισσός, ἀττικός unter dem von Ἀτϑίς, einem ganz correcten hypokoristikon von
Ἀϑηναίς, das sehr alt sein muſs, da der letzte radical noch verdoppelt ist, als
mädchenname bei Sappho belegt, für athenisch, wie es scheint, erst bei Euripides.
Thukydides nennt die Ἀττικὴ συγγϱαφή des Hellanikos so, nicht Ἀτϑίς. bei
Hesych steht Ἀττίς Ἀϑῆναι: das hat wol ein künstelnder poet gesagt.
3) Die pluralbildung ist dieselbe wie in Θῆβαι Πλαταιαί, aber nur grammatisch
dieselbe, denn neben diesen stehn auch die singulare in localer bedeutung, und die
ortsnymphen sind gegenüber den städten secundär, während Ἀϑῆναι von Ἀϑήνη
gebildet ist, dem namen, den die nicht-ionischen Hellenen als Ἀϑάνα festhalten und
auch die attischen dichter in gehobener rede anwenden. die brechung des a ist
jünger als sein ersatz durch Ἀϑηναία, in dem, wenn es nicht wirklich darin steckt,
der Athener wenigstens nur das ethnikon finden konnte, einerlei ob ϑεός oder παϱ-
ϑένος dabei zu ergänzen ist.
4) Sie haben ihr bundesheiligtum am Athenatempel zu Κοϱώνεια, das am
Κωϱάλιος liegt, das ist stadt und fluſs der κόϱη, κοϱώνη. denn ich meine sowol
κοϱώνη wie Κοϱωνίς richtiger als früher zu fassen, wenn ich es nur als weiter-
bildung betrachte. παϱϑένος heiſst Athena oft, und παλλάs bedeutet auch nur das
mädchen und ist wol bei Homer noch nicht toter eigenname. es gehört zu πάλλαξ
πάλληξ παλλακή παλλακῖνος. die Athenabilder heiſsen παλλάδια, weil sie κόϱαι
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[36/0046] II. 2. Von Kekrops bis Solon. Ἀϑῆναι 3), der statt einer ableitung wie Ἡϱαία, Ἀπολλωνία nur den plural des gottesnamens verwendet, und zwar in einer form, die in Athen zu gunsten der ableitung fallen gelassen ist, so daſs die göttin von den Athenern nur ‘göttin’ oder ‘Athenerin’ genannt wird. keine andere stadt in Hellas hat es vermocht, in dieser weise eine der groſsen gottheiten zu ihrer vertreterin zu machen. heroen wie Korinthos und Miletos, Theba und Aigina, haben kaum etwas körperlichkeit erlangt; die Hera von Argos, die Kora von Syrakus, die götter der verschiedenen Apollonia haben nie das wesen der allgemeinen götter beeinfluſst, die vielmehr alle nur nebenher diese und jene stadt besonders vertreten. Athena ist die jungfräuliche und streitbare stadtgöttin vieler orten rings um Athen, in Aigina, Korinth, ja selbst bei den eingewanderten Boeotern. 4) wenn sie zu Athen ein so viel näheres verhältnis gewonnen hat, so vermag man sich der vermutung nicht zu erwehren, daſs dabei ein be- wuſster wille tätig gewesen sei. die einigung der landschaft Attika ist die voraussetzung der athenischen geschichte, und sie ist erzielt, ehe unsere 2) 3) Die pluralbildung ist dieselbe wie in Θῆβαι Πλαταιαί, aber nur grammatisch dieselbe, denn neben diesen stehn auch die singulare in localer bedeutung, und die ortsnymphen sind gegenüber den städten secundär, während Ἀϑῆναι von Ἀϑήνη gebildet ist, dem namen, den die nicht-ionischen Hellenen als Ἀϑάνα festhalten und auch die attischen dichter in gehobener rede anwenden. die brechung des a ist jünger als sein ersatz durch Ἀϑηναία, in dem, wenn es nicht wirklich darin steckt, der Athener wenigstens nur das ethnikon finden konnte, einerlei ob ϑεός oder παϱ- ϑένος dabei zu ergänzen ist. 4) Sie haben ihr bundesheiligtum am Athenatempel zu Κοϱώνεια, das am Κωϱάλιος liegt, das ist stadt und fluſs der κόϱη, κοϱώνη. denn ich meine sowol κοϱώνη wie Κοϱωνίς richtiger als früher zu fassen, wenn ich es nur als weiter- bildung betrachte. παϱϑένος heiſst Athena oft, und παλλάs bedeutet auch nur das mädchen und ist wol bei Homer noch nicht toter eigenname. es gehört zu πάλλαξ πάλληξ παλλακή παλλακῖνος. die Athenabilder heiſsen παλλάδια, weil sie κόϱαι sind, und auch andere weibliche idole können passend so heiſsen. es ist wie κόϱη auch nur ein femininum zu ἀνδϱιάς. 2) den umwohnern Ἀκτή (darüber mehr zu cap. 5), davon ist Ἀττικός gebildet, und die die gesinnung oder sprache Athens drauſsen teilen ἀττικίζουσιν, und wie die weiterbildungen sonst sind. weil das ττ aus κτ entstanden ist, tritt nirgend σσ dafür ein auſser bei solchen, die der sprache gewalt antun wie Euphorion 27. der lautwandel fordert eine erläuterung, denn er ist anomal. ganz ebenso steht τϱιττύς τϱιττόα für τϱικτύς, ὡς τετϱακτύς, dies unter dem einflusse von τϱιττός τϱισσός, ἀττικός unter dem von Ἀτϑίς, einem ganz correcten hypokoristikon von Ἀϑηναίς, das sehr alt sein muſs, da der letzte radical noch verdoppelt ist, als mädchenname bei Sappho belegt, für athenisch, wie es scheint, erst bei Euripides. Thukydides nennt die Ἀττικὴ συγγϱαφή des Hellanikos so, nicht Ἀτϑίς. bei Hesych steht Ἀττίς Ἀϑῆναι: das hat wol ein künstelnder poet gesagt.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/46>, abgerufen am 23.11.2024.