sehr nah, und sie dürfen wol in den distichen der Anthologie V 83, 84 brüder anerkennen.
Von den Asklepiadeen ist das erste, jetzt verschlagene (16), an die spitze gestellt, weil es auch einen heros erwähnt "freund merke dir den spruch des Admetos und halte dich nur an gute freunde". Admetos in seinem verhältnis zu Apollon ist gemeint, osiou gar andros osios on etugkhanon sagt der gott selbst. man darf wol auch an Herakles denken, den agathos, der ungeladen zum feste der agathoi kommt. in anbe- tracht dieser beziehung ist von den varianten tous agathous philei und sebou, die die handschrift des Athenaeus zur auswahl stellt, wol sebou vorzuziehen, obwol Aristophanes Wesp. 1237 philei bietet: das mochte für das profane leben passender scheinen. der scholiast hat das gedicht in einer anderen sammlung nachgeschlagen, die den namen der Praxilla trug und auch den spruch über den skorpion (20) in wenig anderer fassung enthielt. dass sie ihn gemacht hätte, glaube ich gar nicht. aber skolien sind nun einmal weinlieder und keine jungfrauenlieder, also be- steht die überlieferung zu recht, die der Praxilla paroinia gibt. und dann bleibt diese ein mädchen, das am symposion teil hat, wie ich sie Her. I 71 bezeichnet habe. -- das nächste (18), von Euripides Iph. Aul. 407 citirt, gibt die moral, die ehedem das geschlecht, jetzt die hetaerie fordert "der rechte freund muss in allem mittun, im trinken, lieben, schwärmen, toll sein, auch im vernünftig sein". "ich bin ein mann vom geschlechte Ghazijja; wenn Ghazijja verrückt ist, bin ich mit verrückt, wenn Ghazijja das richtige tut, tue ich auch das richtige" so ein Araber bei Wellhausen (Reste arab. heidentums 194). -- dann der bekannte spruch vom skorpion: wieder warnung vor hinterlistigen menschen. die ehrlichkeit war von jeher der Hellenen schwache seite, darum schilt schon Achilleus auf die unaufrichtigkeit; treue ohne eros ist nur zu selten unter ihnen. -- auch das letzte der reihe (25) gesteht bedauernd die regel ein, wenn der redner als seine meinung hinstellt, dass götter und menschen den hoch ehren, der den freund nicht verrät: dies also ist ausnahme. dazwischen steht 21, der spruch von sau und eichel, eine lustige parodie eines unattischen spruches, erklärt Isyll 123, und eine warnung vor der liebe, die für jeden zu haben ist, der das entree bezahlt (22); etwas unhöflich gegen die für eine drachme gedungene flötenspielerin, die den takt dazu blies. so tief sind wir von Athena herabgestiegen, und doch gehört alles mit fug und recht auf das symposion und erhebt sich hoch über die ver- soffene sentimentalität, die unsere commersbücher füllt, also doch wol sänger findet.
v. Wilamowitz, Aristoteles. II. 21
III. 5. Die attische skoliensammlung.
sehr nah, und sie dürfen wol in den distichen der Anthologie V 83, 84 brüder anerkennen.
Von den Asklepiadeen ist das erste, jetzt verschlagene (16), an die spitze gestellt, weil es auch einen heros erwähnt “freund merke dir den spruch des Admetos und halte dich nur an gute freunde”. Admetos in seinem verhältnis zu Apollon ist gemeint, ὁσίου γὰϱ ἀνδϱὸς ὅσιος ὢν ἐτύγχανον sagt der gott selbst. man darf wol auch an Herakles denken, den ἀγαϑός, der ungeladen zum feste der ἀγαϑοί kommt. in anbe- tracht dieser beziehung ist von den varianten τοὺς ἀγαϑοὺς φίλει und σέβου, die die handschrift des Athenaeus zur auswahl stellt, wol σέβου vorzuziehen, obwol Aristophanes Wesp. 1237 φίλει bietet: das mochte für das profane leben passender scheinen. der scholiast hat das gedicht in einer anderen sammlung nachgeschlagen, die den namen der Praxilla trug und auch den spruch über den skorpion (20) in wenig anderer fassung enthielt. daſs sie ihn gemacht hätte, glaube ich gar nicht. aber skolien sind nun einmal weinlieder und keine jungfrauenlieder, also be- steht die überlieferung zu recht, die der Praxilla παϱοίνια gibt. und dann bleibt diese ein mädchen, das am symposion teil hat, wie ich sie Her. I 71 bezeichnet habe. — das nächste (18), von Euripides Iph. Aul. 407 citirt, gibt die moral, die ehedem das geschlecht, jetzt die hetaerie fordert “der rechte freund muſs in allem mittun, im trinken, lieben, schwärmen, toll sein, auch im vernünftig sein”. “ich bin ein mann vom geschlechte Ghazijja; wenn Ghazijja verrückt ist, bin ich mit verrückt, wenn Ghazijja das richtige tut, tue ich auch das richtige” so ein Araber bei Wellhausen (Reste arab. heidentums 194). — dann der bekannte spruch vom skorpion: wieder warnung vor hinterlistigen menschen. die ehrlichkeit war von jeher der Hellenen schwache seite, darum schilt schon Achilleus auf die unaufrichtigkeit; treue ohne ἔϱως ist nur zu selten unter ihnen. — auch das letzte der reihe (25) gesteht bedauernd die regel ein, wenn der redner als seine meinung hinstellt, daſs götter und menschen den hoch ehren, der den freund nicht verrät: dies also ist ausnahme. dazwischen steht 21, der spruch von sau und eichel, eine lustige parodie eines unattischen spruches, erklärt Isyll 123, und eine warnung vor der liebe, die für jeden zu haben ist, der das entree bezahlt (22); etwas unhöflich gegen die für eine drachme gedungene flötenspielerin, die den takt dazu blies. so tief sind wir von Athena herabgestiegen, und doch gehört alles mit fug und recht auf das symposion und erhebt sich hoch über die ver- soffene sentimentalität, die unsere commersbücher füllt, also doch wol sänger findet.
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III. 5. Die attische skoliensammlung.
sehr nah, und sie dürfen wol in den distichen der Anthologie V 83, 84
brüder anerkennen.
Von den Asklepiadeen ist das erste, jetzt verschlagene (16), an die
spitze gestellt, weil es auch einen heros erwähnt “freund merke dir den
spruch des Admetos und halte dich nur an gute freunde”. Admetos
in seinem verhältnis zu Apollon ist gemeint, ὁσίου γὰϱ ἀνδϱὸς ὅσιος ὢν
ἐτύγχανον sagt der gott selbst. man darf wol auch an Herakles denken,
den ἀγαϑός, der ungeladen zum feste der ἀγαϑοί kommt. in anbe-
tracht dieser beziehung ist von den varianten τοὺς ἀγαϑοὺς φίλει und
σέβου, die die handschrift des Athenaeus zur auswahl stellt, wol σέβου
vorzuziehen, obwol Aristophanes Wesp. 1237 φίλει bietet: das mochte
für das profane leben passender scheinen. der scholiast hat das gedicht
in einer anderen sammlung nachgeschlagen, die den namen der Praxilla
trug und auch den spruch über den skorpion (20) in wenig anderer
fassung enthielt. daſs sie ihn gemacht hätte, glaube ich gar nicht. aber
skolien sind nun einmal weinlieder und keine jungfrauenlieder, also be-
steht die überlieferung zu recht, die der Praxilla παϱοίνια gibt. und dann
bleibt diese ein mädchen, das am symposion teil hat, wie ich sie Her.
I 71 bezeichnet habe. — das nächste (18), von Euripides Iph. Aul. 407
citirt, gibt die moral, die ehedem das geschlecht, jetzt die hetaerie fordert
“der rechte freund muſs in allem mittun, im trinken, lieben, schwärmen,
toll sein, auch im vernünftig sein”. “ich bin ein mann vom geschlechte
Ghazijja; wenn Ghazijja verrückt ist, bin ich mit verrückt, wenn Ghazijja
das richtige tut, tue ich auch das richtige” so ein Araber bei Wellhausen
(Reste arab. heidentums 194). — dann der bekannte spruch vom skorpion:
wieder warnung vor hinterlistigen menschen. die ehrlichkeit war von
jeher der Hellenen schwache seite, darum schilt schon Achilleus auf die
unaufrichtigkeit; treue ohne ἔϱως ist nur zu selten unter ihnen. — auch
das letzte der reihe (25) gesteht bedauernd die regel ein, wenn der redner
als seine meinung hinstellt, daſs götter und menschen den hoch ehren,
der den freund nicht verrät: dies also ist ausnahme. dazwischen steht 21,
der spruch von sau und eichel, eine lustige parodie eines unattischen
spruches, erklärt Isyll 123, und eine warnung vor der liebe, die für jeden
zu haben ist, der das entree bezahlt (22); etwas unhöflich gegen die
für eine drachme gedungene flötenspielerin, die den takt dazu blies.
so tief sind wir von Athena herabgestiegen, und doch gehört alles mit
fug und recht auf das symposion und erhebt sich hoch über die ver-
soffene sentimentalität, die unsere commersbücher füllt, also doch wol
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v. Wilamowitz, Aristoteles. II. 21
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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/331>, abgerufen am 24.11.2024.
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