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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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II. 9. 3000 hopliten von Acharnai.
waren eine zeit lang von hause abwesend, die theten waren es auch,
reiter und schützen auch, über 100 trieren auch: soll damals Attika ver-
ödet gewesen sein, oder nur von den sclaven und weibern, greisen und
kindern bewohnt? wo nicht, kann man die bevölkerung unter 60000
schätzen?

Bevölke-
rung von
Acharnai.
Und nun endlich zu der angabe, die ich diesem capitel zur über-
schrift gegeben habe, den berufenen 3000 hopliten von Acharnai (Thuk.
2, 20). als Müller-Strübing vor zwanzig jahren sie als absurd darzutun
versuchte, hat er so gut wie allgemeinen beifall gefunden. jetzt stürzt
auch diese letzte säule seines baues -- von seinen andern positiven
aufstellungen ist längst nichts mehr übrig; die nützliche wirkung seines
buches hat nur in der negation gelegen. dass es mit seiner änderung,
300 für 3000, nichts ist, hat man schon eingesehen. aber wenn jemand
1500 vorschlägt, so ist das verzweiflung, da damit jede probabilität der
verderbnis aufgegeben ist. das verhältnis der Acharner zu den Athenern
ist auf grund des prytanenverzeichnisses II 868 wol zu schätzen. wenn
sie 22 ratsherrn der Oineis stellen, so sind sie rechtlich eine trittys,
factisch wol die hälfte der phyle, also ein zwanzigstel der Athener,
mega meros tes poleos, wie sie bei Thukydides sagen. 300 würden
also 6000 hopliten ergeben, eine lächerlichkeit. 3000 aber ergeben
60000, das ist immer noch zu viel. ich habe vor jahren einmal
die oplitai in politai zu ändern versucht, wie mittlerweile jemand
öffentlich vorgeschlagen hat, aber der zusammenhang verlangt bei Thu-
kydides gebieterisch die soldaten. jetzt gibt sich die lösung einfach. im
kataloge haben keine 3000 gestanden; da standen nur die 40 jahrgänge
20--60, und die haben schwerlich 60000 Athener enthalten. aber
gegen Perikles schrien die greise, die bei Aristophanes den chor bilden,
herzhaft mit. die zahl beruht also auf einer schätzung, nicht auf zählung.
so hoch taxirte sie die öffentliche meinung damals; Thukydides hat es
mit erlebt. sie schrien um ihre weingärten und kohlenmeiler: es waren
die besitzenden, die geschädigt wurden. wenn sie zum dienste zu pferde
berechtigt waren oder gar trierarchisches vermögen hatten, so wurden
ihnen nur mehr äcker verwüstet, sie schrien also nicht minder. mit
andern worten, triskhilioi oplitai sind es schon, aber dunamei oplitai,
opla parekhomenoi. "wir könnten 3000 hopliten allein stellen, lass
uns marschiren, Perikles, wir jagen die Peloponnesier weg. wir wollen
marschiren, keine quantite negligeable, sondern 3000 hopliten." das
ergibt 60000 opla parekhomenoi für das ganze volk. an sich zu viel.
bringt man aber in anschlag, dass die zeit die des höchsten wolstandes

II. 9. 3000 hopliten von Acharnai.
waren eine zeit lang von hause abwesend, die theten waren es auch,
reiter und schützen auch, über 100 trieren auch: soll damals Attika ver-
ödet gewesen sein, oder nur von den sclaven und weibern, greisen und
kindern bewohnt? wo nicht, kann man die bevölkerung unter 60000
schätzen?

Bevölke-
rung von
Acharnai.
Und nun endlich zu der angabe, die ich diesem capitel zur über-
schrift gegeben habe, den berufenen 3000 hopliten von Acharnai (Thuk.
2, 20). als Müller-Strübing vor zwanzig jahren sie als absurd darzutun
versuchte, hat er so gut wie allgemeinen beifall gefunden. jetzt stürzt
auch diese letzte säule seines baues — von seinen andern positiven
aufstellungen ist längst nichts mehr übrig; die nützliche wirkung seines
buches hat nur in der negation gelegen. daſs es mit seiner änderung,
300 für 3000, nichts ist, hat man schon eingesehen. aber wenn jemand
1500 vorschlägt, so ist das verzweiflung, da damit jede probabilität der
verderbnis aufgegeben ist. das verhältnis der Acharner zu den Athenern
ist auf grund des prytanenverzeichnisses II 868 wol zu schätzen. wenn
sie 22 ratsherrn der Oineis stellen, so sind sie rechtlich eine trittys,
factisch wol die hälfte der phyle, also ein zwanzigstel der Athener,
μέγα μέϱος τῆς πόλεως, wie sie bei Thukydides sagen. 300 würden
also 6000 hopliten ergeben, eine lächerlichkeit. 3000 aber ergeben
60000, das ist immer noch zu viel. ich habe vor jahren einmal
die ὁπλῖται in πολῖται zu ändern versucht, wie mittlerweile jemand
öffentlich vorgeschlagen hat, aber der zusammenhang verlangt bei Thu-
kydides gebieterisch die soldaten. jetzt gibt sich die lösung einfach. im
kataloge haben keine 3000 gestanden; da standen nur die 40 jahrgänge
20—60, und die haben schwerlich 60000 Athener enthalten. aber
gegen Perikles schrien die greise, die bei Aristophanes den chor bilden,
herzhaft mit. die zahl beruht also auf einer schätzung, nicht auf zählung.
so hoch taxirte sie die öffentliche meinung damals; Thukydides hat es
mit erlebt. sie schrien um ihre weingärten und kohlenmeiler: es waren
die besitzenden, die geschädigt wurden. wenn sie zum dienste zu pferde
berechtigt waren oder gar trierarchisches vermögen hatten, so wurden
ihnen nur mehr äcker verwüstet, sie schrien also nicht minder. mit
andern worten, τϱισχίλιοι ὁπλῖται sind es schon, aber δυνάμει ὁπλῖται,
ὅπλα παϱεχόμενοι. “wir könnten 3000 hopliten allein stellen, laſs
uns marschiren, Perikles, wir jagen die Peloponnesier weg. wir wollen
marschiren, keine quantité négligeable, sondern 3000 hopliten.” das
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bringt man aber in anschlag, daſs die zeit die des höchsten wolstandes

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[210/0220] II. 9. 3000 hopliten von Acharnai. waren eine zeit lang von hause abwesend, die theten waren es auch, reiter und schützen auch, über 100 trieren auch: soll damals Attika ver- ödet gewesen sein, oder nur von den sclaven und weibern, greisen und kindern bewohnt? wo nicht, kann man die bevölkerung unter 60000 schätzen? Und nun endlich zu der angabe, die ich diesem capitel zur über- schrift gegeben habe, den berufenen 3000 hopliten von Acharnai (Thuk. 2, 20). als Müller-Strübing vor zwanzig jahren sie als absurd darzutun versuchte, hat er so gut wie allgemeinen beifall gefunden. jetzt stürzt auch diese letzte säule seines baues — von seinen andern positiven aufstellungen ist längst nichts mehr übrig; die nützliche wirkung seines buches hat nur in der negation gelegen. daſs es mit seiner änderung, 300 für 3000, nichts ist, hat man schon eingesehen. aber wenn jemand 1500 vorschlägt, so ist das verzweiflung, da damit jede probabilität der verderbnis aufgegeben ist. das verhältnis der Acharner zu den Athenern ist auf grund des prytanenverzeichnisses II 868 wol zu schätzen. wenn sie 22 ratsherrn der Oineis stellen, so sind sie rechtlich eine trittys, factisch wol die hälfte der phyle, also ein zwanzigstel der Athener, μέγα μέϱος τῆς πόλεως, wie sie bei Thukydides sagen. 300 würden also 6000 hopliten ergeben, eine lächerlichkeit. 3000 aber ergeben 60000, das ist immer noch zu viel. ich habe vor jahren einmal die ὁπλῖται in πολῖται zu ändern versucht, wie mittlerweile jemand öffentlich vorgeschlagen hat, aber der zusammenhang verlangt bei Thu- kydides gebieterisch die soldaten. jetzt gibt sich die lösung einfach. im kataloge haben keine 3000 gestanden; da standen nur die 40 jahrgänge 20—60, und die haben schwerlich 60000 Athener enthalten. aber gegen Perikles schrien die greise, die bei Aristophanes den chor bilden, herzhaft mit. die zahl beruht also auf einer schätzung, nicht auf zählung. so hoch taxirte sie die öffentliche meinung damals; Thukydides hat es mit erlebt. sie schrien um ihre weingärten und kohlenmeiler: es waren die besitzenden, die geschädigt wurden. wenn sie zum dienste zu pferde berechtigt waren oder gar trierarchisches vermögen hatten, so wurden ihnen nur mehr äcker verwüstet, sie schrien also nicht minder. mit andern worten, τϱισχίλιοι ὁπλῖται sind es schon, aber δυνάμει ὁπλῖται, ὅπλα παϱεχόμενοι. “wir könnten 3000 hopliten allein stellen, laſs uns marschiren, Perikles, wir jagen die Peloponnesier weg. wir wollen marschiren, keine quantité négligeable, sondern 3000 hopliten.” das ergibt 60000 ὅπλα παϱεχόμενοι für das ganze volk. an sich zu viel. bringt man aber in anschlag, daſs die zeit die des höchsten wolstandes Bevölke- rung von Acharnai.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/220>, abgerufen am 04.12.2024.