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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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reiterführer, die das volk erwählte, eine politische rolle hätten spielen
können. dass für diese äusserlich der volle rang galt wie für die stra-
tegen, also auch das scharfe schwert der epicheirotonie über ihnen
hieng, war wol mehr aus der alten zeit der adelsherrschaft geblieben,
wo die reiterei, die ritterschaft, sehr viel mehr zu bedeuten gehabt hatte.
flotte und reiterei waren beide unter die ständige controlle des rates
gestellt: der souverän also behielt sie selbst in der hand.

Der heerbann mit seinen zehn obersten, die das volk wählte und
die ihre subalternofficiere selbst bestellten, gieng gut in die demo-
kratische organisation auf. es war das volk in waffen, mit allen vor-
zügen und mängeln eines volksheeres und einer landwehr. aber die
zehn strategen waren, seit die grossen verhältnisse des Reiches dazu ge-
zwungen hatten, ihnen das commando der regimenter zu nehmen, denen
sie einst vorgestanden hatten, zu einer stellung gelangt, welche schlechter-
dings nicht in den engen rahmen der attischen magistratur passt. wenn
sie zu hause gesessen hätten, die aushebung besorgt, den sicherheits-
dienst im lande und an den grenzen überwacht und nur im falle des
krieges das heer geführt hätten, so hätte man sie unter den rat stellen
können; aber dann wäre die schaffung der taxiarchen nicht nötig ge-
wesen. die verwaltung des Reiches aber machte nicht nur den kriegs-
zustand so gut wie ständig, sondern sie erforderte auch höchstcomman-
dirende an mehreren orten, die selbst träger des imperiums sein mussten,
also selbst den souverän vertraten. und die flotte hatte zwar schiffs-
führer, aber sie brauchte flottenführer. so wurden die strategen nicht
sowol generale als tribuni militares consulari potestate. es waren noch
immer 10, und die phylen sollten in ihnen vertreten sein, wenn sie
das volk auch in directer wahl bestellte. aber da die iteration und
sogar die continuation für die militärischen ämter gestattet war, konnte
es gar zu leicht unbillig und widersinnig werden, wenn die wahl eines
geeigneten mannes aus einer phyle alle andern geeigneten derselben
dauernd ausschloss. so erlaubte sich das volk einzeln von dem principe
abzuweichen. die zehn waren rechtlich gleichgestellt, aber das volk be-
stimmte frei, wen es für jeden einzelnen auftrag geeignet hielt, und so
rangirten sie factisch sehr verschieden; es bekamen einige die ziemlich
ständigen, den römischen provinzialpraetoren vergleichbaren stellungen
im Reiche und an dessen grenzen (die flottenstationen in den provinzen),
andere die aushebungsgeschäfte; die bedeutendsten aber blieben zur ver-
fügung des volkes, immer in contact mit ihm, da sie in der volks-
versammlung anwesend sein konnten, und diese erschienen als seine

II. 4. Πάτϱιος πολιτεία.
reiterführer, die das volk erwählte, eine politische rolle hätten spielen
können. daſs für diese äuſserlich der volle rang galt wie für die stra-
tegen, also auch das scharfe schwert der epicheirotonie über ihnen
hieng, war wol mehr aus der alten zeit der adelsherrschaft geblieben,
wo die reiterei, die ritterschaft, sehr viel mehr zu bedeuten gehabt hatte.
flotte und reiterei waren beide unter die ständige controlle des rates
gestellt: der souverän also behielt sie selbst in der hand.

Der heerbann mit seinen zehn obersten, die das volk wählte und
die ihre subalternofficiere selbst bestellten, gieng gut in die demo-
kratische organisation auf. es war das volk in waffen, mit allen vor-
zügen und mängeln eines volksheeres und einer landwehr. aber die
zehn strategen waren, seit die groſsen verhältnisse des Reiches dazu ge-
zwungen hatten, ihnen das commando der regimenter zu nehmen, denen
sie einst vorgestanden hatten, zu einer stellung gelangt, welche schlechter-
dings nicht in den engen rahmen der attischen magistratur paſst. wenn
sie zu hause gesessen hätten, die aushebung besorgt, den sicherheits-
dienst im lande und an den grenzen überwacht und nur im falle des
krieges das heer geführt hätten, so hätte man sie unter den rat stellen
können; aber dann wäre die schaffung der taxiarchen nicht nötig ge-
wesen. die verwaltung des Reiches aber machte nicht nur den kriegs-
zustand so gut wie ständig, sondern sie erforderte auch höchstcomman-
dirende an mehreren orten, die selbst träger des imperiums sein muſsten,
also selbst den souverän vertraten. und die flotte hatte zwar schiffs-
führer, aber sie brauchte flottenführer. so wurden die strategen nicht
sowol generale als tribuni militares consulari potestate. es waren noch
immer 10, und die phylen sollten in ihnen vertreten sein, wenn sie
das volk auch in directer wahl bestellte. aber da die iteration und
sogar die continuation für die militärischen ämter gestattet war, konnte
es gar zu leicht unbillig und widersinnig werden, wenn die wahl eines
geeigneten mannes aus einer phyle alle andern geeigneten derselben
dauernd ausschloſs. so erlaubte sich das volk einzeln von dem principe
abzuweichen. die zehn waren rechtlich gleichgestellt, aber das volk be-
stimmte frei, wen es für jeden einzelnen auftrag geeignet hielt, und so
rangirten sie factisch sehr verschieden; es bekamen einige die ziemlich
ständigen, den römischen provinzialpraetoren vergleichbaren stellungen
im Reiche und an dessen grenzen (die flottenstationen in den provinzen),
andere die aushebungsgeschäfte; die bedeutendsten aber blieben zur ver-
fügung des volkes, immer in contact mit ihm, da sie in der volks-
versammlung anwesend sein konnten, und diese erschienen als seine

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[108/0118] II. 4. Πάτϱιος πολιτεία. reiterführer, die das volk erwählte, eine politische rolle hätten spielen können. daſs für diese äuſserlich der volle rang galt wie für die stra- tegen, also auch das scharfe schwert der epicheirotonie über ihnen hieng, war wol mehr aus der alten zeit der adelsherrschaft geblieben, wo die reiterei, die ritterschaft, sehr viel mehr zu bedeuten gehabt hatte. flotte und reiterei waren beide unter die ständige controlle des rates gestellt: der souverän also behielt sie selbst in der hand. Der heerbann mit seinen zehn obersten, die das volk wählte und die ihre subalternofficiere selbst bestellten, gieng gut in die demo- kratische organisation auf. es war das volk in waffen, mit allen vor- zügen und mängeln eines volksheeres und einer landwehr. aber die zehn strategen waren, seit die groſsen verhältnisse des Reiches dazu ge- zwungen hatten, ihnen das commando der regimenter zu nehmen, denen sie einst vorgestanden hatten, zu einer stellung gelangt, welche schlechter- dings nicht in den engen rahmen der attischen magistratur paſst. wenn sie zu hause gesessen hätten, die aushebung besorgt, den sicherheits- dienst im lande und an den grenzen überwacht und nur im falle des krieges das heer geführt hätten, so hätte man sie unter den rat stellen können; aber dann wäre die schaffung der taxiarchen nicht nötig ge- wesen. die verwaltung des Reiches aber machte nicht nur den kriegs- zustand so gut wie ständig, sondern sie erforderte auch höchstcomman- dirende an mehreren orten, die selbst träger des imperiums sein muſsten, also selbst den souverän vertraten. und die flotte hatte zwar schiffs- führer, aber sie brauchte flottenführer. so wurden die strategen nicht sowol generale als tribuni militares consulari potestate. es waren noch immer 10, und die phylen sollten in ihnen vertreten sein, wenn sie das volk auch in directer wahl bestellte. aber da die iteration und sogar die continuation für die militärischen ämter gestattet war, konnte es gar zu leicht unbillig und widersinnig werden, wenn die wahl eines geeigneten mannes aus einer phyle alle andern geeigneten derselben dauernd ausschloſs. so erlaubte sich das volk einzeln von dem principe abzuweichen. die zehn waren rechtlich gleichgestellt, aber das volk be- stimmte frei, wen es für jeden einzelnen auftrag geeignet hielt, und so rangirten sie factisch sehr verschieden; es bekamen einige die ziemlich ständigen, den römischen provinzialpraetoren vergleichbaren stellungen im Reiche und an dessen grenzen (die flottenstationen in den provinzen), andere die aushebungsgeschäfte; die bedeutendsten aber blieben zur ver- fügung des volkes, immer in contact mit ihm, da sie in der volks- versammlung anwesend sein konnten, und diese erschienen als seine

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/118>, abgerufen am 24.11.2024.