Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.Politik B 12. Perikles eingeführt, und jeder demokratische staatsmann wäre in dieserrichtung fortgeschritten bis zu der jetzigen demokratie". auch das wird tatsächlich berichtigt "es liegt am tage, dass diese entwickelung nicht in der absicht Solons gelegen hat, sondern die folge von ereignissen ist, die er nicht voraussehen konnte. das volk ist durch den erwerb der see- herrschaft übermütig geworden und hat sich schlechte führer genommen trotz dem widerstande der verständigen. Solon selbst hat ja dem volke nur die allernotwendigste macht verliehen, das active wahlrecht und die controlle der beamten; ein volk, das nicht einmal so viel besässe, würde unfrei und in folge davon den herrschenden feindlich gesonnen sein. das passive wahlrecht für alle ämter gehört nach Solon den höheren und begüterten schichten der bürgerschaft, den pentakosiomedimnen, zeu- giten und drittens der steuerclasse, die ritter heisst. 41) die vierte sind die theten; die hatten an gar keinem amte anteil". So sind beide kritiken berichtigt. eine eigne wird nicht formulirt, deshalb 'sohn der haubenlerche' hiess (Korudeus von korudallos gebildet, Eupolis im Goldenen Zeitalter 4, Komikerglosse interpolirt als Zenob. IV 59, daraus im Hesych); vielleicht war er der seher, von dem Polemon erzählt, dass er als kriegs- gefangener gewogen nur einen obolos wog (Athen. XII 552c). ein anderer wird als cumpan der söhne des Perikles von Antisthenes schmutziger dinge bezichtigt (Ath. V 220d). man wird an die Ippokratous uenia erinnert, in der der junge Perikles bekanntlich lebte. diesen wird man mit dem Archestratos von Phrear identificiren, der mit Perikles 406/5 stratege war und vor Mytilene fiel (Xen. Hell. I 5, 16. Lysias 21, 8). ein anderer sass 405/4 im rate (Xen. Hell. II 2, 15). einer von diesen gibt ein urteil über Alkibiades ab (Plut. Alkib. 16, 5). es leuchtet ein, dass man die personen nicht sondern kann, und schwerlich werde ich alle stellen gesammelt haben. 41) Ist es schon an sich eine lediglich von modernem stilgefühl dictirte
forderung, dass Aristoteles die classen in ihrer richtigen folge nennen soll, so ist jetzt klar, weshalb er sagt kai tritou telous tes kaloumenes ippados. er will nicht ippeon sagen, weil man sonst ritter verstehn könnte, und er billigt die ab- leitung des namens von der ippotrophia nicht (vgl. 7, 4), die doch andere an- nahmen. deshalb wählt er eine periphrase, und nun tritt dieses längere glied aus rücksichten des wolklanges an den schluss. Politik B 12. Perikles eingeführt, und jeder demokratische staatsmann wäre in dieserrichtung fortgeschritten bis zu der jetzigen demokratie”. auch das wird tatsächlich berichtigt “es liegt am tage, daſs diese entwickelung nicht in der absicht Solons gelegen hat, sondern die folge von ereignissen ist, die er nicht voraussehen konnte. das volk ist durch den erwerb der see- herrschaft übermütig geworden und hat sich schlechte führer genommen trotz dem widerstande der verständigen. Solon selbst hat ja dem volke nur die allernotwendigste macht verliehen, das active wahlrecht und die controlle der beamten; ein volk, das nicht einmal so viel besäſse, würde unfrei und in folge davon den herrschenden feindlich gesonnen sein. das passive wahlrecht für alle ämter gehört nach Solon den höheren und begüterten schichten der bürgerschaft, den pentakosiomedimnen, zeu- giten und drittens der steuerclasse, die ritter heiſst. 41) die vierte sind die theten; die hatten an gar keinem amte anteil”. So sind beide kritiken berichtigt. eine eigne wird nicht formulirt, deshalb ‘sohn der haubenlerche’ hieſs (Κοϱυδεύς von κοϱυδαλλός gebildet, Eupolis im Goldenen Zeitalter 4, Komikerglosse interpolirt als Zenob. IV 59, daraus im Hesych); vielleicht war er der seher, von dem Polemon erzählt, daſs er als kriegs- gefangener gewogen nur einen obolos wog (Athen. XII 552c). ein anderer wird als cumpan der söhne des Perikles von Antisthenes schmutziger dinge bezichtigt (Ath. V 220d). man wird an die Ἱπποκϱάτους ὑηνία erinnert, in der der junge Perikles bekanntlich lebte. diesen wird man mit dem Archestratos von Phrear identificiren, der mit Perikles 406/5 stratege war und vor Mytilene fiel (Xen. Hell. I 5, 16. Lysias 21, 8). ein anderer saſs 405/4 im rate (Xen. Hell. II 2, 15). einer von diesen gibt ein urteil über Alkibiades ab (Plut. Alkib. 16, 5). es leuchtet ein, daſs man die personen nicht sondern kann, und schwerlich werde ich alle stellen gesammelt haben. 41) Ist es schon an sich eine lediglich von modernem stilgefühl dictirte
forderung, daſs Aristoteles die classen in ihrer richtigen folge nennen soll, so ist jetzt klar, weshalb er sagt καὶ τϱίτου τέλους τῆς καλουμένης ἱππάδος. er will nicht ἱππέων sagen, weil man sonst ritter verstehn könnte, und er billigt die ab- leitung des namens von der ἱπποτϱοφία nicht (vgl. 7, 4), die doch andere an- nahmen. deshalb wählt er eine periphrase, und nun tritt dieses längere glied aus rücksichten des wolklanges an den schluſs. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0083" n="69"/><fw place="top" type="header">Politik B 12.</fw><lb/> Perikles eingeführt, und jeder demokratische staatsmann wäre in dieser<lb/> richtung fortgeschritten bis zu der jetzigen demokratie”. auch das<lb/> wird tatsächlich berichtigt “es liegt am tage, daſs diese entwickelung nicht<lb/> in der absicht Solons gelegen hat, sondern die folge von ereignissen ist,<lb/> die er nicht voraussehen konnte. das volk ist durch den erwerb der see-<lb/> herrschaft übermütig geworden und hat sich schlechte führer genommen<lb/> trotz dem widerstande der verständigen. Solon selbst hat ja dem volke<lb/> nur die allernotwendigste macht verliehen, das active wahlrecht und die<lb/> controlle der beamten; ein volk, das nicht einmal so viel besäſse, würde<lb/> unfrei und in folge davon den herrschenden feindlich gesonnen sein.<lb/> das passive wahlrecht für alle ämter gehört nach Solon den höheren<lb/> und begüterten schichten der bürgerschaft, den pentakosiomedimnen, zeu-<lb/> giten und drittens der steuerclasse, die ritter heiſst. <note place="foot" n="41)">Ist es schon an sich eine lediglich von modernem stilgefühl dictirte<lb/> forderung, daſs Aristoteles die classen in ihrer richtigen folge nennen soll, so ist<lb/> jetzt klar, weshalb er sagt καὶ τϱίτου τέλους τῆς καλουμένης ἱππάδος. er will<lb/> nicht ἱππέων sagen, weil man sonst ritter verstehn könnte, und er billigt die ab-<lb/> leitung des namens von der ἱπποτϱοφία nicht (vgl. 7, 4), die doch andere an-<lb/> nahmen. deshalb wählt er eine periphrase, und nun tritt dieses längere glied aus<lb/> rücksichten des wolklanges an den schluſs.</note> die vierte sind die<lb/> theten; die hatten an gar keinem amte anteil”.</p><lb/> <p>So sind beide kritiken berichtigt. eine eigne wird nicht formulirt,<lb/> geschweige denn die folgerung, welche die Politik praktisch zieht, die<lb/> fortlassung der solonischen verfassung aus der reihe der “mit recht be-<lb/> lobten”, worin freilich die schärfste kritik liegt. summiren wir also<lb/> aus den einzelposten die aristotelische ansicht. die jetzige demokratie,<lb/> über die kein wort zu verlieren nötig ist, hat Solon weder gewollt noch<lb/> geahnt; sie muſs also bei seiner beurteilung unberücksichtigt bleiben.<lb/> die elemente, die nicht demokratisch sind, den rat der Areopagiten und<lb/><note xml:id="note-0083" prev="#note-0082" place="foot" n="40)">deshalb ‘sohn der haubenlerche’ hieſs (Κοϱυδεύς von κοϱυδαλλός gebildet, Eupolis<lb/> im Goldenen Zeitalter 4, Komikerglosse interpolirt als Zenob. IV 59, daraus im<lb/> Hesych); vielleicht war er der seher, von dem Polemon erzählt, daſs er als kriegs-<lb/> gefangener gewogen nur einen obolos wog (Athen. XII 552<hi rendition="#sup">c</hi>). ein anderer wird als<lb/> cumpan der söhne des Perikles von Antisthenes schmutziger dinge bezichtigt (Ath.<lb/> V 220<hi rendition="#sup">d</hi>). man wird an die Ἱπποκϱάτους ὑηνία erinnert, in der der junge Perikles<lb/> bekanntlich lebte. diesen wird man mit dem Archestratos von Phrear identificiren,<lb/> der mit Perikles 406/5 stratege war und vor Mytilene fiel (Xen. Hell. I 5, 16.<lb/> Lysias 21, 8). ein anderer saſs 405/4 im rate (Xen. Hell. II 2, 15). einer von diesen<lb/> gibt ein urteil über Alkibiades ab (Plut. Alkib. 16, 5). es leuchtet ein, daſs man<lb/> die personen nicht sondern kann, und schwerlich werde ich alle stellen gesammelt<lb/> haben.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [69/0083]
Politik B 12.
Perikles eingeführt, und jeder demokratische staatsmann wäre in dieser
richtung fortgeschritten bis zu der jetzigen demokratie”. auch das
wird tatsächlich berichtigt “es liegt am tage, daſs diese entwickelung nicht
in der absicht Solons gelegen hat, sondern die folge von ereignissen ist,
die er nicht voraussehen konnte. das volk ist durch den erwerb der see-
herrschaft übermütig geworden und hat sich schlechte führer genommen
trotz dem widerstande der verständigen. Solon selbst hat ja dem volke
nur die allernotwendigste macht verliehen, das active wahlrecht und die
controlle der beamten; ein volk, das nicht einmal so viel besäſse, würde
unfrei und in folge davon den herrschenden feindlich gesonnen sein.
das passive wahlrecht für alle ämter gehört nach Solon den höheren
und begüterten schichten der bürgerschaft, den pentakosiomedimnen, zeu-
giten und drittens der steuerclasse, die ritter heiſst. 41) die vierte sind die
theten; die hatten an gar keinem amte anteil”.
So sind beide kritiken berichtigt. eine eigne wird nicht formulirt,
geschweige denn die folgerung, welche die Politik praktisch zieht, die
fortlassung der solonischen verfassung aus der reihe der “mit recht be-
lobten”, worin freilich die schärfste kritik liegt. summiren wir also
aus den einzelposten die aristotelische ansicht. die jetzige demokratie,
über die kein wort zu verlieren nötig ist, hat Solon weder gewollt noch
geahnt; sie muſs also bei seiner beurteilung unberücksichtigt bleiben.
die elemente, die nicht demokratisch sind, den rat der Areopagiten und
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41) Ist es schon an sich eine lediglich von modernem stilgefühl dictirte
forderung, daſs Aristoteles die classen in ihrer richtigen folge nennen soll, so ist
jetzt klar, weshalb er sagt καὶ τϱίτου τέλους τῆς καλουμένης ἱππάδος. er will
nicht ἱππέων sagen, weil man sonst ritter verstehn könnte, und er billigt die ab-
leitung des namens von der ἱπποτϱοφία nicht (vgl. 7, 4), die doch andere an-
nahmen. deshalb wählt er eine periphrase, und nun tritt dieses längere glied aus
rücksichten des wolklanges an den schluſs.
40) deshalb ‘sohn der haubenlerche’ hieſs (Κοϱυδεύς von κοϱυδαλλός gebildet, Eupolis
im Goldenen Zeitalter 4, Komikerglosse interpolirt als Zenob. IV 59, daraus im
Hesych); vielleicht war er der seher, von dem Polemon erzählt, daſs er als kriegs-
gefangener gewogen nur einen obolos wog (Athen. XII 552c). ein anderer wird als
cumpan der söhne des Perikles von Antisthenes schmutziger dinge bezichtigt (Ath.
V 220d). man wird an die Ἱπποκϱάτους ὑηνία erinnert, in der der junge Perikles
bekanntlich lebte. diesen wird man mit dem Archestratos von Phrear identificiren,
der mit Perikles 406/5 stratege war und vor Mytilene fiel (Xen. Hell. I 5, 16.
Lysias 21, 8). ein anderer saſs 405/4 im rate (Xen. Hell. II 2, 15). einer von diesen
gibt ein urteil über Alkibiades ab (Plut. Alkib. 16, 5). es leuchtet ein, daſs man
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