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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.

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Plutarch.
urteil des philosophen über die männer angeführt haben, wenn er ihn
gelesen hätte.

Im Nikias (2) stellt er das lob des Aristoteles (28, 5) an die spitze,
und es klingen die worte der Politie durch. trotzdem stammt das citat
nicht direct daher. denn, mag man auch darüber hinwegsehen, dass
Plutarch den schein erweckt, als hätte Aristoteles den Nikias dem The-
ramenes vorgezogen, weil das vielleicht nicht beabsichtigt ist, auch bei
flüchtiger einsicht der Politie leicht einem leser zutreffend scheinen konnte,
so muss man doch nach aller analogie das Aristotelescitat eben so be-
urteilen wie die folgenden. das sind komikerstellen, mit denen sofort das
urteil des Aristoteles über Theramenes eingeschränkt wird, und von denen
eine anzahl auch über Nikias beigebracht wird, ferner ein so rares buch
wie ein dialog des Pasiphon21) und inschriften, darunter delische, die zu
Plutarchs zeiten längst nicht mehr zugänglich waren. so geht es fort
bis zu der eigentlichen erzählung (6, 2), die aus Thukydides stammt.
Plutarch hat also hier ein citatennest stilistisch etwas ausgeführt und
umgearbeitet.

Im Theseus (25) wird die aristotelische schilderung der ältesten
demokratie nacherzählt. niemand kann bezweifeln, dass Plutarch diese
ganze biographie, die voll von citaten steckt, die eben so gelehrt sind
wie seinem studienkreise fern liegen, der compilatorischen gelehrsamkeit
der Alexandriner verdankt.

Von hoher bedeutung ist die ganze frage nur für die biographie
Solons, die sich mit Aristoteles in so überaus vielen stücken berührt,
ihn für eine vocabel, kurbeis, ersichtlich nach Didymos (25) und für
einen zug nennt, der nicht in der Politie steht, die ausstreuung der
asche (32), ausserdem die Pythioniken, ersichtlich aus Hermippos, anführt.
da hat nun unsere untersuchung an den verschiedensten stellen bereits
das verhältnis festgestellt, und es erübrigt nur die summe zu ziehen.

Es berühren sich ganz nah Plut. 15 und Ar. 6, der betrug von Solons
freunden bei der seisachthie. aber Plutarch ist reicher, und zu seinem
berichte gehört ein citat aus Polyzelos von Rhodos, der ohne frage jünger
als Aristoteles ist. es steht die abschaffung der drakontischen gesetze bei
beiden (Plut. 17, Ar. 7, 1), und wie sollte sie fehlen? aber von Drakons
verfassung weiss Plutarch nichts, und wie hätte er (19) die ältere existenz
des Areopages als fraglich hinstellen können, wenn er die Politie vor sich
gehabt hätte? das ganze achtzehnte capitel führt das aristotelische urteil

21) D. h. ein dialog, der meist auf den namen des Aischines gieng, aber von
Persaios dem Pasiphon zugeschrieben war. Diogen. 2, 61, aus Panaitios.

Plutarch.
urteil des philosophen über die männer angeführt haben, wenn er ihn
gelesen hätte.

Im Nikias (2) stellt er das lob des Aristoteles (28, 5) an die spitze,
und es klingen die worte der Politie durch. trotzdem stammt das citat
nicht direct daher. denn, mag man auch darüber hinwegsehen, daſs
Plutarch den schein erweckt, als hätte Aristoteles den Nikias dem The-
ramenes vorgezogen, weil das vielleicht nicht beabsichtigt ist, auch bei
flüchtiger einsicht der Politie leicht einem leser zutreffend scheinen konnte,
so muſs man doch nach aller analogie das Aristotelescitat eben so be-
urteilen wie die folgenden. das sind komikerstellen, mit denen sofort das
urteil des Aristoteles über Theramenes eingeschränkt wird, und von denen
eine anzahl auch über Nikias beigebracht wird, ferner ein so rares buch
wie ein dialog des Pasiphon21) und inschriften, darunter delische, die zu
Plutarchs zeiten längst nicht mehr zugänglich waren. so geht es fort
bis zu der eigentlichen erzählung (6, 2), die aus Thukydides stammt.
Plutarch hat also hier ein citatennest stilistisch etwas ausgeführt und
umgearbeitet.

Im Theseus (25) wird die aristotelische schilderung der ältesten
demokratie nacherzählt. niemand kann bezweifeln, daſs Plutarch diese
ganze biographie, die voll von citaten steckt, die eben so gelehrt sind
wie seinem studienkreise fern liegen, der compilatorischen gelehrsamkeit
der Alexandriner verdankt.

Von hoher bedeutung ist die ganze frage nur für die biographie
Solons, die sich mit Aristoteles in so überaus vielen stücken berührt,
ihn für eine vocabel, κύϱβεις, ersichtlich nach Didymos (25) und für
einen zug nennt, der nicht in der Politie steht, die ausstreuung der
asche (32), auſserdem die Pythioniken, ersichtlich aus Hermippos, anführt.
da hat nun unsere untersuchung an den verschiedensten stellen bereits
das verhältnis festgestellt, und es erübrigt nur die summe zu ziehen.

Es berühren sich ganz nah Plut. 15 und Ar. 6, der betrug von Solons
freunden bei der seisachthie. aber Plutarch ist reicher, und zu seinem
berichte gehört ein citat aus Polyzelos von Rhodos, der ohne frage jünger
als Aristoteles ist. es steht die abschaffung der drakontischen gesetze bei
beiden (Plut. 17, Ar. 7, 1), und wie sollte sie fehlen? aber von Drakons
verfassung weiſs Plutarch nichts, und wie hätte er (19) die ältere existenz
des Areopages als fraglich hinstellen können, wenn er die Politie vor sich
gehabt hätte? das ganze achtzehnte capitel führt das aristotelische urteil

21) D. h. ein dialog, der meist auf den namen des Aischines gieng, aber von
Persaios dem Pasiphon zugeschrieben war. Diogen. 2, 61, aus Panaitios.
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[301/0315] Plutarch. urteil des philosophen über die männer angeführt haben, wenn er ihn gelesen hätte. Im Nikias (2) stellt er das lob des Aristoteles (28, 5) an die spitze, und es klingen die worte der Politie durch. trotzdem stammt das citat nicht direct daher. denn, mag man auch darüber hinwegsehen, daſs Plutarch den schein erweckt, als hätte Aristoteles den Nikias dem The- ramenes vorgezogen, weil das vielleicht nicht beabsichtigt ist, auch bei flüchtiger einsicht der Politie leicht einem leser zutreffend scheinen konnte, so muſs man doch nach aller analogie das Aristotelescitat eben so be- urteilen wie die folgenden. das sind komikerstellen, mit denen sofort das urteil des Aristoteles über Theramenes eingeschränkt wird, und von denen eine anzahl auch über Nikias beigebracht wird, ferner ein so rares buch wie ein dialog des Pasiphon 21) und inschriften, darunter delische, die zu Plutarchs zeiten längst nicht mehr zugänglich waren. so geht es fort bis zu der eigentlichen erzählung (6, 2), die aus Thukydides stammt. Plutarch hat also hier ein citatennest stilistisch etwas ausgeführt und umgearbeitet. Im Theseus (25) wird die aristotelische schilderung der ältesten demokratie nacherzählt. niemand kann bezweifeln, daſs Plutarch diese ganze biographie, die voll von citaten steckt, die eben so gelehrt sind wie seinem studienkreise fern liegen, der compilatorischen gelehrsamkeit der Alexandriner verdankt. Von hoher bedeutung ist die ganze frage nur für die biographie Solons, die sich mit Aristoteles in so überaus vielen stücken berührt, ihn für eine vocabel, κύϱβεις, ersichtlich nach Didymos (25) und für einen zug nennt, der nicht in der Politie steht, die ausstreuung der asche (32), auſserdem die Pythioniken, ersichtlich aus Hermippos, anführt. da hat nun unsere untersuchung an den verschiedensten stellen bereits das verhältnis festgestellt, und es erübrigt nur die summe zu ziehen. Es berühren sich ganz nah Plut. 15 und Ar. 6, der betrug von Solons freunden bei der seisachthie. aber Plutarch ist reicher, und zu seinem berichte gehört ein citat aus Polyzelos von Rhodos, der ohne frage jünger als Aristoteles ist. es steht die abschaffung der drakontischen gesetze bei beiden (Plut. 17, Ar. 7, 1), und wie sollte sie fehlen? aber von Drakons verfassung weiſs Plutarch nichts, und wie hätte er (19) die ältere existenz des Areopages als fraglich hinstellen können, wenn er die Politie vor sich gehabt hätte? das ganze achtzehnte capitel führt das aristotelische urteil 21) D. h. ein dialog, der meist auf den namen des Aischines gieng, aber von Persaios dem Pasiphon zugeschrieben war. Diogen. 2, 61, aus Panaitios.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles01_1893/315>, abgerufen am 24.11.2024.