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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.

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Thesmotheten.
teles mehreres weggelassen hat. und wenn wir vielleicht nicht im stande
sind, dasselbe für die privatklagen zu beweisen120), so ist doch das ver-
trauen in die vollständigkeit der aristotelischen angabe notwendig gering.
fehlt doch von den allgemeinen competenzen die sehr bedeutsame, dass
die thesmotheten die losung der beamten vornehmen (vgl. s. 203). also
dies capitel gibt nicht das ganze tatsächliche material, es gibt eine nicht
einmal in den capiteln vollständige aufzählung der klagen, für die die
thesmotheten den process instruiren. wir würden einem systematiker
wie diesem philosophen eher zutrauen, dass er zwar das unwesentliche
detail verachtet hätte, aber dafür den leitenden gesichtspunkt angäbe.
das würde nicht mehr worte erfordert haben. die thesmotheten, ge-
schaffen für die gesetzgebung, haben von daher nur noch die formelle
sanktion der cartellverträge mit fremden staaten, aber sie haben noch
immer die auf grund derselben anhängigen klagen. sie bildeten vor
alters das recht findende collegium für die im eigentlichen sinne öffent-
lichen sachen, d. h. die wo der souverän partei war. daher stehn
ihnen die klagen zu, welche auf grund eines vorurteils von rat oder
volk gegen einzelne bürger oder gegen beamte zu entscheiden sind;
dazu gehören, wenn auch unter bestimmten beschränkungen, die rechen-
schaftsklagen gegen alle beamte, unbedingt die gegen die strategen, und
die klagen wegen gesetzwidrigkeit in der amtsführung der mitglieder
und vorsitzenden des rates und der volksversammlung.121) wenn der

120) Die emporikai, die binnen monatsfrist zu erledigen sind, hat die spar-
samkeit der ersten restaurationsjahre den thesmotheten erst gegeben, als sie die
nautodiken abschaffte. die metallikai sind deshalb nicht blosse privatklagen, weil
die zu grunde liegenden pachtverträge mit dem staat geschlossen sind, und zwar
vom rate. es ist also correct, dass die thesmotheten vorsitzen; nur müsste eigent-
lich eine katagnosis ek boules vorhergehn. vermutlich war das ehedem der fall.
denn das ist ganz klar, dass die zeit, welche die eisagoges und die triakonta schuf,
die thesmotheten schlechtweg von den dikai idiai entlastet hat. sie hatten mit
den graphai und den dikai apo xumbolan vor 404 gerade genug zu tun. -- die klage
gegen den herren eines sclaven, der einen freien gescholten hat, erscheint so als ein
rudiment ältester zeit. als man dem freien die selbsthilfe (tuptein ton doulon, wie
der oligarch der Pol. Ath. gerade heraus sagt) nahm, sagte man ihm, gehe zu den
thesmotheten, die werden den herren des sclaven dazu anhalten, die strafe zu voll-
ziehn. daraus ist nach dem gesetze der ephesis eis dikasterion diese klage ge-
worden, die man nicht um ihretwillen, sondern um der intervention des staates
bei dem herren willen, nicht den triakonta zuwies. übrigens ist zu bedenken,
dass die frechsten sclaven in Athen notwendigerweise die demosioi waren, so dass
die beschwerde sich consequenterweise an die thesmotheten oder prytanen richten
musste. und wo der staat partei ist, instruiren die thesmotheten den process.
121) a) eisaggeliai eis boulen kai demon, katakheirotoniai, probolai, kata-

Thesmotheten.
teles mehreres weggelassen hat. und wenn wir vielleicht nicht im stande
sind, dasselbe für die privatklagen zu beweisen120), so ist doch das ver-
trauen in die vollständigkeit der aristotelischen angabe notwendig gering.
fehlt doch von den allgemeinen competenzen die sehr bedeutsame, daſs
die thesmotheten die losung der beamten vornehmen (vgl. s. 203). also
dies capitel gibt nicht das ganze tatsächliche material, es gibt eine nicht
einmal in den capiteln vollständige aufzählung der klagen, für die die
thesmotheten den proceſs instruiren. wir würden einem systematiker
wie diesem philosophen eher zutrauen, daſs er zwar das unwesentliche
detail verachtet hätte, aber dafür den leitenden gesichtspunkt angäbe.
das würde nicht mehr worte erfordert haben. die thesmotheten, ge-
schaffen für die gesetzgebung, haben von daher nur noch die formelle
sanktion der cartellverträge mit fremden staaten, aber sie haben noch
immer die auf grund derselben anhängigen klagen. sie bildeten vor
alters das recht findende collegium für die im eigentlichen sinne öffent-
lichen sachen, d. h. die wo der souverän partei war. daher stehn
ihnen die klagen zu, welche auf grund eines vorurteils von rat oder
volk gegen einzelne bürger oder gegen beamte zu entscheiden sind;
dazu gehören, wenn auch unter bestimmten beschränkungen, die rechen-
schaftsklagen gegen alle beamte, unbedingt die gegen die strategen, und
die klagen wegen gesetzwidrigkeit in der amtsführung der mitglieder
und vorsitzenden des rates und der volksversammlung.121) wenn der

120) Die ἐμποϱικαί, die binnen monatsfrist zu erledigen sind, hat die spar-
samkeit der ersten restaurationsjahre den thesmotheten erst gegeben, als sie die
nautodiken abschaffte. die μεταλλικαί sind deshalb nicht bloſse privatklagen, weil
die zu grunde liegenden pachtverträge mit dem staat geschlossen sind, und zwar
vom rate. es ist also correct, daſs die thesmotheten vorsitzen; nur müſste eigent-
lich eine κατάγνωσις ἐκ βουλῆς vorhergehn. vermutlich war das ehedem der fall.
denn das ist ganz klar, daſs die zeit, welche die εἰσαγωγῆς und die τϱιάκοντα schuf,
die thesmotheten schlechtweg von den δίκαι ἴδιαι entlastet hat. sie hatten mit
den γϱαφαί und den δίκαι ἀπὸ ξυμβολᾶν vor 404 gerade genug zu tun. — die klage
gegen den herren eines sclaven, der einen freien gescholten hat, erscheint so als ein
rudiment ältester zeit. als man dem freien die selbsthilfe (τύπτειν τὸν δοῦλον, wie
der oligarch der Πολ. Αϑ. gerade heraus sagt) nahm, sagte man ihm, gehe zu den
thesmotheten, die werden den herren des sclaven dazu anhalten, die strafe zu voll-
ziehn. daraus ist nach dem gesetze der ἔφεσις εἰς δικαστήϱιον diese klage ge-
worden, die man nicht um ihretwillen, sondern um der intervention des staates
bei dem herren willen, nicht den τϱιάκοντα zuwies. übrigens ist zu bedenken,
daſs die frechsten sclaven in Athen notwendigerweise die δημόσιοι waren, so daſs
die beschwerde sich consequenterweise an die thesmotheten oder prytanen richten
muſste. und wo der staat partei ist, instruiren die thesmotheten den process.
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[245/0259] Thesmotheten. teles mehreres weggelassen hat. und wenn wir vielleicht nicht im stande sind, dasselbe für die privatklagen zu beweisen 120), so ist doch das ver- trauen in die vollständigkeit der aristotelischen angabe notwendig gering. fehlt doch von den allgemeinen competenzen die sehr bedeutsame, daſs die thesmotheten die losung der beamten vornehmen (vgl. s. 203). also dies capitel gibt nicht das ganze tatsächliche material, es gibt eine nicht einmal in den capiteln vollständige aufzählung der klagen, für die die thesmotheten den proceſs instruiren. wir würden einem systematiker wie diesem philosophen eher zutrauen, daſs er zwar das unwesentliche detail verachtet hätte, aber dafür den leitenden gesichtspunkt angäbe. das würde nicht mehr worte erfordert haben. die thesmotheten, ge- schaffen für die gesetzgebung, haben von daher nur noch die formelle sanktion der cartellverträge mit fremden staaten, aber sie haben noch immer die auf grund derselben anhängigen klagen. sie bildeten vor alters das recht findende collegium für die im eigentlichen sinne öffent- lichen sachen, d. h. die wo der souverän partei war. daher stehn ihnen die klagen zu, welche auf grund eines vorurteils von rat oder volk gegen einzelne bürger oder gegen beamte zu entscheiden sind; dazu gehören, wenn auch unter bestimmten beschränkungen, die rechen- schaftsklagen gegen alle beamte, unbedingt die gegen die strategen, und die klagen wegen gesetzwidrigkeit in der amtsführung der mitglieder und vorsitzenden des rates und der volksversammlung. 121) wenn der 120) Die ἐμποϱικαί, die binnen monatsfrist zu erledigen sind, hat die spar- samkeit der ersten restaurationsjahre den thesmotheten erst gegeben, als sie die nautodiken abschaffte. die μεταλλικαί sind deshalb nicht bloſse privatklagen, weil die zu grunde liegenden pachtverträge mit dem staat geschlossen sind, und zwar vom rate. es ist also correct, daſs die thesmotheten vorsitzen; nur müſste eigent- lich eine κατάγνωσις ἐκ βουλῆς vorhergehn. vermutlich war das ehedem der fall. denn das ist ganz klar, daſs die zeit, welche die εἰσαγωγῆς und die τϱιάκοντα schuf, die thesmotheten schlechtweg von den δίκαι ἴδιαι entlastet hat. sie hatten mit den γϱαφαί und den δίκαι ἀπὸ ξυμβολᾶν vor 404 gerade genug zu tun. — die klage gegen den herren eines sclaven, der einen freien gescholten hat, erscheint so als ein rudiment ältester zeit. als man dem freien die selbsthilfe (τύπτειν τὸν δοῦλον, wie der oligarch der Πολ. Αϑ. gerade heraus sagt) nahm, sagte man ihm, gehe zu den thesmotheten, die werden den herren des sclaven dazu anhalten, die strafe zu voll- ziehn. daraus ist nach dem gesetze der ἔφεσις εἰς δικαστήϱιον diese klage ge- worden, die man nicht um ihretwillen, sondern um der intervention des staates bei dem herren willen, nicht den τϱιάκοντα zuwies. übrigens ist zu bedenken, daſs die frechsten sclaven in Athen notwendigerweise die δημόσιοι waren, so daſs die beschwerde sich consequenterweise an die thesmotheten oder prytanen richten muſste. und wo der staat partei ist, instruiren die thesmotheten den process. 121) a) εἰσαγγελίαι εἰς βουλὴν καὶ δῆμον, καταχειϱοτονίαι, πϱοβολαί, κατα-

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles01_1893/259>, abgerufen am 25.11.2024.