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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.

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Aristeides.
dustrieproducte abzusetzen, wo möglich landlose für die armen bürger
zu erwerben, war sogar schon im siebenten jahrhundert begriffen und
versucht: das hatte die angriffspolitik des Dareios und die vertreibung
der tyrannen zerstört. um so weit zu kommen, wie man vor zwei
menschenaltern gewesen war, musste der krieg mehr erreichen als die
befreiung Attikas, während die Peloponnesier sich befriedigt fühlen konnten.

478 setzte der ehrgeiz des Pausanias in Sparta (wo es keine poli-
tischen gedanken in die ferne gibt) noch durch, dass man eine unter-
nehmung zur see mitmachte. nach einer schwerlich berechtigten fahrt
gegen Kypros setzte er da ein, wo Xanthippos aufgehört hatte, und es ge-
lang ihm auch den Bosporos zu nehmen. damit waren die europäischen be-
sitzungen der Perser abgeschnitten. aber ihre macht stützte sich gerade
hier auf starke festungen und zuverlässige garnisonen. denn nicht der
zug des Xerxes, sondern der widerstand der Peloponnesier gegen ihn war
eine improvisation gewesen. Persien hatte gar keine veranlassung mutlos
zu sein. auch Pausanias selbst glaubte besser für sich zu sorgen, wenn
er seine eroberungen als persischer satrap besässe, als wenn er unter
das joch der ephoren zurückkehrte oder mit dutzenden von vertretern
selbständiger gemeinden parlamentirte. sein verrat zwang den Aristeides
dazu, den bund mit den Ioniern zu schliessen: da war noch an kein
reich zu denken, sie mussten zu schutz und trutz zusammenstehn, wenn
sie ihre existenz sichern wollten. die selbsterhaltung forderte den engen
zusammenschluss, forderte den krieg ohne, vielleicht gegen Sparta, sicher
gegen Persien. es ist eine ungeheure summe, 460 talente, die sie sich
selbst auferlegten; sie bedeutet damals viel mehr als man 454--426 auf-
gebracht hat. die summe beweist, dass man sich nicht scheute zu tun
was not tat, aber sie beweist auch die not. die not wuchs, als Pausanias
zurückkehrend sich wieder der Propontis bemächtigte. damit war alles
in frage gestellt. aber mit raschem schlage und zäher ausdauer gieng
Kimon vor: erst ward Pausanias beseitigt, dann gieng er den Persern
in Europa zu leibe. als nach einem winterfeldzuge und einer schweren
belagerung Eion fiel, da hatten die Barbaren die verzweiflung gelernt 59);
man durfte das nächste ziel als erreicht ansehn.

59) Die gedichte, mit welchen die Athener drei hermen des marktes schmückten,
sind nicht nur ein unverächtliches denkmal der attischen poesie jener zeit, wenn
sie auch kein grosser dichter gemacht hat (Ion, der freund des abstrusen, gewiss
nicht), sie sind auch wichtig für die geschichte der marktanlage. 475 also gab
Kimon aus seiner turannike oisia das geld für die bepflanzung, doch wol auch
die planirung des marktes, den die hermen, das ist doch ihr sinn, begränzen. vor

Aristeides.
dustrieproducte abzusetzen, wo möglich landlose für die armen bürger
zu erwerben, war sogar schon im siebenten jahrhundert begriffen und
versucht: das hatte die angriffspolitik des Dareios und die vertreibung
der tyrannen zerstört. um so weit zu kommen, wie man vor zwei
menschenaltern gewesen war, muſste der krieg mehr erreichen als die
befreiung Attikas, während die Peloponnesier sich befriedigt fühlen konnten.

478 setzte der ehrgeiz des Pausanias in Sparta (wo es keine poli-
tischen gedanken in die ferne gibt) noch durch, daſs man eine unter-
nehmung zur see mitmachte. nach einer schwerlich berechtigten fahrt
gegen Kypros setzte er da ein, wo Xanthippos aufgehört hatte, und es ge-
lang ihm auch den Bosporos zu nehmen. damit waren die europäischen be-
sitzungen der Perser abgeschnitten. aber ihre macht stützte sich gerade
hier auf starke festungen und zuverlässige garnisonen. denn nicht der
zug des Xerxes, sondern der widerstand der Peloponnesier gegen ihn war
eine improvisation gewesen. Persien hatte gar keine veranlassung mutlos
zu sein. auch Pausanias selbst glaubte besser für sich zu sorgen, wenn
er seine eroberungen als persischer satrap besäſse, als wenn er unter
das joch der ephoren zurückkehrte oder mit dutzenden von vertretern
selbständiger gemeinden parlamentirte. sein verrat zwang den Aristeides
dazu, den bund mit den Ioniern zu schlieſsen: da war noch an kein
reich zu denken, sie muſsten zu schutz und trutz zusammenstehn, wenn
sie ihre existenz sichern wollten. die selbsterhaltung forderte den engen
zusammenschluſs, forderte den krieg ohne, vielleicht gegen Sparta, sicher
gegen Persien. es ist eine ungeheure summe, 460 talente, die sie sich
selbst auferlegten; sie bedeutet damals viel mehr als man 454—426 auf-
gebracht hat. die summe beweist, daſs man sich nicht scheute zu tun
was not tat, aber sie beweist auch die not. die not wuchs, als Pausanias
zurückkehrend sich wieder der Propontis bemächtigte. damit war alles
in frage gestellt. aber mit raschem schlage und zäher ausdauer gieng
Kimon vor: erst ward Pausanias beseitigt, dann gieng er den Persern
in Europa zu leibe. als nach einem winterfeldzuge und einer schweren
belagerung Eion fiel, da hatten die Barbaren die verzweiflung gelernt 59);
man durfte das nächste ziel als erreicht ansehn.

59) Die gedichte, mit welchen die Athener drei hermen des marktes schmückten,
sind nicht nur ein unverächtliches denkmal der attischen poesie jener zeit, wenn
sie auch kein groſser dichter gemacht hat (Ion, der freund des abstrusen, gewiſs
nicht), sie sind auch wichtig für die geschichte der marktanlage. 475 also gab
Kimon aus seiner τυϱαννικὴ οἰσία das geld für die bepflanzung, doch wol auch
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[155/0169] Aristeides. dustrieproducte abzusetzen, wo möglich landlose für die armen bürger zu erwerben, war sogar schon im siebenten jahrhundert begriffen und versucht: das hatte die angriffspolitik des Dareios und die vertreibung der tyrannen zerstört. um so weit zu kommen, wie man vor zwei menschenaltern gewesen war, muſste der krieg mehr erreichen als die befreiung Attikas, während die Peloponnesier sich befriedigt fühlen konnten. 478 setzte der ehrgeiz des Pausanias in Sparta (wo es keine poli- tischen gedanken in die ferne gibt) noch durch, daſs man eine unter- nehmung zur see mitmachte. nach einer schwerlich berechtigten fahrt gegen Kypros setzte er da ein, wo Xanthippos aufgehört hatte, und es ge- lang ihm auch den Bosporos zu nehmen. damit waren die europäischen be- sitzungen der Perser abgeschnitten. aber ihre macht stützte sich gerade hier auf starke festungen und zuverlässige garnisonen. denn nicht der zug des Xerxes, sondern der widerstand der Peloponnesier gegen ihn war eine improvisation gewesen. Persien hatte gar keine veranlassung mutlos zu sein. auch Pausanias selbst glaubte besser für sich zu sorgen, wenn er seine eroberungen als persischer satrap besäſse, als wenn er unter das joch der ephoren zurückkehrte oder mit dutzenden von vertretern selbständiger gemeinden parlamentirte. sein verrat zwang den Aristeides dazu, den bund mit den Ioniern zu schlieſsen: da war noch an kein reich zu denken, sie muſsten zu schutz und trutz zusammenstehn, wenn sie ihre existenz sichern wollten. die selbsterhaltung forderte den engen zusammenschluſs, forderte den krieg ohne, vielleicht gegen Sparta, sicher gegen Persien. es ist eine ungeheure summe, 460 talente, die sie sich selbst auferlegten; sie bedeutet damals viel mehr als man 454—426 auf- gebracht hat. die summe beweist, daſs man sich nicht scheute zu tun was not tat, aber sie beweist auch die not. die not wuchs, als Pausanias zurückkehrend sich wieder der Propontis bemächtigte. damit war alles in frage gestellt. aber mit raschem schlage und zäher ausdauer gieng Kimon vor: erst ward Pausanias beseitigt, dann gieng er den Persern in Europa zu leibe. als nach einem winterfeldzuge und einer schweren belagerung Eion fiel, da hatten die Barbaren die verzweiflung gelernt 59); man durfte das nächste ziel als erreicht ansehn. 59) Die gedichte, mit welchen die Athener drei hermen des marktes schmückten, sind nicht nur ein unverächtliches denkmal der attischen poesie jener zeit, wenn sie auch kein groſser dichter gemacht hat (Ion, der freund des abstrusen, gewiſs nicht), sie sind auch wichtig für die geschichte der marktanlage. 475 also gab Kimon aus seiner τυϱαννικὴ οἰσία das geld für die bepflanzung, doch wol auch die planirung des marktes, den die hermen, das ist doch ihr sinn, begränzen. vor

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles01_1893/169>, abgerufen am 28.11.2024.