Nach der gegebenen Einleitung, meine Herren, wird es Ihnen klar geworden sein, daß wir der Aesthetik sowohl einen weitern Umfang, als eine tiefere Bedeutung einzuräumen haben, als dies in den gewöhnlichen Aesthetiken zu geschehen pflegt. Es gibt Wissenschaften, deren Zeitraum und Pe¬ ripherie seit Alters so ziemlich gleichmäßig bestimmt gewesen; wie z. B. die Mathematik, die Logik. Diese stehen gleichsam über der Geschichte; indem sie sich zu allen Zeiten wesentlich gleich sehen und in Anlage und Ausführung, wenn auch nicht unver¬ änderlich, dennoch nur solcher Veränderungen fä¬ hig sind, welche als bloße Erweiterungen von in¬ nen heraus treten. Sie gedeihen in allen Zeit¬ läuften und auch, wenn die Zeit stille steht, das
Sechste Vorleſung.
Nach der gegebenen Einleitung, meine Herren, wird es Ihnen klar geworden ſein, daß wir der Aeſthetik ſowohl einen weitern Umfang, als eine tiefere Bedeutung einzuraͤumen haben, als dies in den gewoͤhnlichen Aeſthetiken zu geſchehen pflegt. Es gibt Wiſſenſchaften, deren Zeitraum und Pe¬ ripherie ſeit Alters ſo ziemlich gleichmaͤßig beſtimmt geweſen; wie z. B. die Mathematik, die Logik. Dieſe ſtehen gleichſam uͤber der Geſchichte; indem ſie ſich zu allen Zeiten weſentlich gleich ſehen und in Anlage und Ausfuͤhrung, wenn auch nicht unver¬ aͤnderlich, dennoch nur ſolcher Veraͤnderungen faͤ¬ hig ſind, welche als bloße Erweiterungen von in¬ nen heraus treten. Sie gedeihen in allen Zeit¬ laͤuften und auch, wenn die Zeit ſtille ſteht, das
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0099"n="85"/></div><divn="1"><head><hirendition="#g">Sechste Vorleſung.</hi><lb/></head><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#in">N</hi>ach der gegebenen Einleitung, meine Herren,<lb/>
wird es Ihnen klar geworden ſein, daß wir der<lb/>
Aeſthetik ſowohl einen weitern Umfang, als eine<lb/>
tiefere Bedeutung einzuraͤumen haben, als dies in<lb/>
den gewoͤhnlichen Aeſthetiken zu geſchehen pflegt.<lb/>
Es gibt Wiſſenſchaften, deren Zeitraum und Pe¬<lb/>
ripherie ſeit Alters ſo ziemlich gleichmaͤßig beſtimmt<lb/>
geweſen; wie z. B. die Mathematik, die Logik.<lb/>
Dieſe ſtehen gleichſam uͤber der Geſchichte; indem<lb/>ſie ſich zu allen Zeiten weſentlich gleich ſehen und in<lb/>
Anlage und Ausfuͤhrung, wenn auch nicht unver¬<lb/>
aͤnderlich, dennoch nur ſolcher Veraͤnderungen faͤ¬<lb/>
hig ſind, welche als bloße Erweiterungen von in¬<lb/>
nen heraus treten. Sie gedeihen in allen Zeit¬<lb/>
laͤuften und auch, wenn die Zeit ſtille ſteht, das<lb/></p></div></body></text></TEI>
[85/0099]
Sechste Vorleſung.
Nach der gegebenen Einleitung, meine Herren,
wird es Ihnen klar geworden ſein, daß wir der
Aeſthetik ſowohl einen weitern Umfang, als eine
tiefere Bedeutung einzuraͤumen haben, als dies in
den gewoͤhnlichen Aeſthetiken zu geſchehen pflegt.
Es gibt Wiſſenſchaften, deren Zeitraum und Pe¬
ripherie ſeit Alters ſo ziemlich gleichmaͤßig beſtimmt
geweſen; wie z. B. die Mathematik, die Logik.
Dieſe ſtehen gleichſam uͤber der Geſchichte; indem
ſie ſich zu allen Zeiten weſentlich gleich ſehen und in
Anlage und Ausfuͤhrung, wenn auch nicht unver¬
aͤnderlich, dennoch nur ſolcher Veraͤnderungen faͤ¬
hig ſind, welche als bloße Erweiterungen von in¬
nen heraus treten. Sie gedeihen in allen Zeit¬
laͤuften und auch, wenn die Zeit ſtille ſteht, das
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/99>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.