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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.

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ken die unsrigen ohne rechtes Maß bald zu der
einen, bald zu der andern Seite über und es kön¬
nen in einem Hause der tiefsinnigste und abstrakteste
Philosoph, der plattste Lebemensch, der wüthendste
Demagoge und der ledernste Philister wohnen.

Es fehlt uns also an gemeinsamen Mitteln
der Bildung, weil es uns an Aeußerungen des
gemeinsamen Lebens fehlt. Doch schon diese Ein¬
sicht, die sich in der That immer mehr verbreitet,
ist schon ein halber Schritt zur Besserung und
diese Einsicht, zur höchsten Evidenz und Klarheit
gebracht, die ein Jeder ihr zu geben im Stande
ist, steht schon mitten in der Vorhalle derjenigen
Wissenschaft, welche, unter Voraussetzung eines
rechten und tüchtigen nationalen Lebens, sich den
Zweck setzt, die Elemente jener höhern, allgemei¬
nern Bildung darzustellen und an Werken der
Kunst und Wissenschaft zu erläutern, der Aesthe¬
tik, oder der Philosophie der Kunst, dies
Wort im weitesten Sinn befaßt, worin auch der
Mensch als ein Kunstwerk erscheint.



ken die unſrigen ohne rechtes Maß bald zu der
einen, bald zu der andern Seite uͤber und es koͤn¬
nen in einem Hauſe der tiefſinnigſte und abſtrakteſte
Philoſoph, der plattſte Lebemenſch, der wuͤthendſte
Demagoge und der ledernſte Philiſter wohnen.

Es fehlt uns alſo an gemeinſamen Mitteln
der Bildung, weil es uns an Aeußerungen des
gemeinſamen Lebens fehlt. Doch ſchon dieſe Ein¬
ſicht, die ſich in der That immer mehr verbreitet,
iſt ſchon ein halber Schritt zur Beſſerung und
dieſe Einſicht, zur hoͤchſten Evidenz und Klarheit
gebracht, die ein Jeder ihr zu geben im Stande
iſt, ſteht ſchon mitten in der Vorhalle derjenigen
Wiſſenſchaft, welche, unter Vorausſetzung eines
rechten und tuͤchtigen nationalen Lebens, ſich den
Zweck ſetzt, die Elemente jener hoͤhern, allgemei¬
nern Bildung darzuſtellen und an Werken der
Kunſt und Wiſſenſchaft zu erlaͤutern, der Aeſthe¬
tik, oder der Philoſophie der Kunſt, dies
Wort im weiteſten Sinn befaßt, worin auch der
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[66/0080] ken die unſrigen ohne rechtes Maß bald zu der einen, bald zu der andern Seite uͤber und es koͤn¬ nen in einem Hauſe der tiefſinnigſte und abſtrakteſte Philoſoph, der plattſte Lebemenſch, der wuͤthendſte Demagoge und der ledernſte Philiſter wohnen. Es fehlt uns alſo an gemeinſamen Mitteln der Bildung, weil es uns an Aeußerungen des gemeinſamen Lebens fehlt. Doch ſchon dieſe Ein¬ ſicht, die ſich in der That immer mehr verbreitet, iſt ſchon ein halber Schritt zur Beſſerung und dieſe Einſicht, zur hoͤchſten Evidenz und Klarheit gebracht, die ein Jeder ihr zu geben im Stande iſt, ſteht ſchon mitten in der Vorhalle derjenigen Wiſſenſchaft, welche, unter Vorausſetzung eines rechten und tuͤchtigen nationalen Lebens, ſich den Zweck ſetzt, die Elemente jener hoͤhern, allgemei¬ nern Bildung darzuſtellen und an Werken der Kunſt und Wiſſenſchaft zu erlaͤutern, der Aeſthe¬ tik, oder der Philoſophie der Kunſt, dies Wort im weiteſten Sinn befaßt, worin auch der Menſch als ein Kunſtwerk erſcheint.

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Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/80>, abgerufen am 25.11.2024.