ken die unsrigen ohne rechtes Maß bald zu der einen, bald zu der andern Seite über und es kön¬ nen in einem Hause der tiefsinnigste und abstrakteste Philosoph, der plattste Lebemensch, der wüthendste Demagoge und der ledernste Philister wohnen.
Es fehlt uns also an gemeinsamen Mitteln der Bildung, weil es uns an Aeußerungen des gemeinsamen Lebens fehlt. Doch schon diese Ein¬ sicht, die sich in der That immer mehr verbreitet, ist schon ein halber Schritt zur Besserung und diese Einsicht, zur höchsten Evidenz und Klarheit gebracht, die ein Jeder ihr zu geben im Stande ist, steht schon mitten in der Vorhalle derjenigen Wissenschaft, welche, unter Voraussetzung eines rechten und tüchtigen nationalen Lebens, sich den Zweck setzt, die Elemente jener höhern, allgemei¬ nern Bildung darzustellen und an Werken der Kunst und Wissenschaft zu erläutern, der Aesthe¬ tik, oder der Philosophie der Kunst, dies Wort im weitesten Sinn befaßt, worin auch der Mensch als ein Kunstwerk erscheint.
ken die unſrigen ohne rechtes Maß bald zu der einen, bald zu der andern Seite uͤber und es koͤn¬ nen in einem Hauſe der tiefſinnigſte und abſtrakteſte Philoſoph, der plattſte Lebemenſch, der wuͤthendſte Demagoge und der ledernſte Philiſter wohnen.
Es fehlt uns alſo an gemeinſamen Mitteln der Bildung, weil es uns an Aeußerungen des gemeinſamen Lebens fehlt. Doch ſchon dieſe Ein¬ ſicht, die ſich in der That immer mehr verbreitet, iſt ſchon ein halber Schritt zur Beſſerung und dieſe Einſicht, zur hoͤchſten Evidenz und Klarheit gebracht, die ein Jeder ihr zu geben im Stande iſt, ſteht ſchon mitten in der Vorhalle derjenigen Wiſſenſchaft, welche, unter Vorausſetzung eines rechten und tuͤchtigen nationalen Lebens, ſich den Zweck ſetzt, die Elemente jener hoͤhern, allgemei¬ nern Bildung darzuſtellen und an Werken der Kunſt und Wiſſenſchaft zu erlaͤutern, der Aeſthe¬ tik, oder der Philoſophie der Kunſt, dies Wort im weiteſten Sinn befaßt, worin auch der Menſch als ein Kunſtwerk erſcheint.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0080"n="66"/>
ken die unſrigen ohne rechtes Maß bald zu der<lb/>
einen, bald zu der andern Seite uͤber und es koͤn¬<lb/>
nen in einem Hauſe der tiefſinnigſte und abſtrakteſte<lb/>
Philoſoph, der plattſte Lebemenſch, der wuͤthendſte<lb/>
Demagoge und der ledernſte Philiſter wohnen.</p><lb/><p>Es fehlt uns alſo an gemeinſamen Mitteln<lb/>
der Bildung, weil es uns an Aeußerungen des<lb/>
gemeinſamen Lebens fehlt. Doch ſchon dieſe Ein¬<lb/>ſicht, die ſich in der That immer mehr verbreitet,<lb/>
iſt ſchon ein halber Schritt zur Beſſerung und<lb/>
dieſe Einſicht, zur hoͤchſten Evidenz und Klarheit<lb/>
gebracht, die ein Jeder ihr zu geben im Stande<lb/>
iſt, ſteht ſchon mitten in der Vorhalle derjenigen<lb/>
Wiſſenſchaft, welche, unter Vorausſetzung eines<lb/>
rechten und tuͤchtigen nationalen Lebens, ſich den<lb/>
Zweck ſetzt, die Elemente jener hoͤhern, allgemei¬<lb/>
nern Bildung darzuſtellen und an Werken der<lb/>
Kunſt und Wiſſenſchaft zu erlaͤutern, der Aeſthe¬<lb/>
tik, <hirendition="#g">oder der Philoſophie der Kunſt</hi>, dies<lb/>
Wort im weiteſten Sinn befaßt, worin auch der<lb/>
Menſch als ein Kunſtwerk erſcheint.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></div></body></text></TEI>
[66/0080]
ken die unſrigen ohne rechtes Maß bald zu der
einen, bald zu der andern Seite uͤber und es koͤn¬
nen in einem Hauſe der tiefſinnigſte und abſtrakteſte
Philoſoph, der plattſte Lebemenſch, der wuͤthendſte
Demagoge und der ledernſte Philiſter wohnen.
Es fehlt uns alſo an gemeinſamen Mitteln
der Bildung, weil es uns an Aeußerungen des
gemeinſamen Lebens fehlt. Doch ſchon dieſe Ein¬
ſicht, die ſich in der That immer mehr verbreitet,
iſt ſchon ein halber Schritt zur Beſſerung und
dieſe Einſicht, zur hoͤchſten Evidenz und Klarheit
gebracht, die ein Jeder ihr zu geben im Stande
iſt, ſteht ſchon mitten in der Vorhalle derjenigen
Wiſſenſchaft, welche, unter Vorausſetzung eines
rechten und tuͤchtigen nationalen Lebens, ſich den
Zweck ſetzt, die Elemente jener hoͤhern, allgemei¬
nern Bildung darzuſtellen und an Werken der
Kunſt und Wiſſenſchaft zu erlaͤutern, der Aeſthe¬
tik, oder der Philoſophie der Kunſt, dies
Wort im weiteſten Sinn befaßt, worin auch der
Menſch als ein Kunſtwerk erſcheint.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/80>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.