Es bleibt mir noch, Sie auf das Studium der Philosophie aufmerksam zu machen, und auch in dieser Hinsicht der lebendigeren Ansicht, der mit der Schönheit verwandteren die Thür zu öffnen, wogegen die unästhetische Ansicht breitstämmig sich anlehnt. Ich habe aber absichtlich die Philosophie hinter der Geschichte genannt, um von ihr einen Uebergang zu machen zu der Philosophie jener Kunst oder Wissenschaft, welche der beabsichtigte Inhalt dieser Vorlesungen ist.
In welcher Absicht studirt man auf Univer¬ sitäten die Philosophie? In der Regel aus kei¬ ner, oder um des Examens wegen. Aus keiner; denn welche Absicht soll einen zur Erlernung einer Wissenschaft hintreiben, deren Wesen und Zweck so unbekannt sind, wie die Philosophie den Mei¬ sten, die von der Schule auf die Universität zie¬ hen. Auch hier findet sich das klägliche Mißver¬ hältniß zwischen den höhern und niedern Bildungs¬ anstalten, das überall durchbricht und nach allen Seiten eine Scheidewand zwischen den beiden gro¬ ßen Schritten zieht, welche der studirende Jüng¬ ling zu machen gezwungen ist, dem Schritt der Schulbildung und dem Schritt der akademischen Bildung. In der That sind die beiden Prinzi¬ pien, worauf hier die Schule, dort die Akademie gegründet sind, durchaus von einander verschiedene
Es bleibt mir noch, Sie auf das Studium der Philoſophie aufmerkſam zu machen, und auch in dieſer Hinſicht der lebendigeren Anſicht, der mit der Schoͤnheit verwandteren die Thuͤr zu oͤffnen, wogegen die unaͤſthetiſche Anſicht breitſtaͤmmig ſich anlehnt. Ich habe aber abſichtlich die Philoſophie hinter der Geſchichte genannt, um von ihr einen Uebergang zu machen zu der Philoſophie jener Kunſt oder Wiſſenſchaft, welche der beabſichtigte Inhalt dieſer Vorleſungen iſt.
In welcher Abſicht ſtudirt man auf Univer¬ ſitaͤten die Philoſophie? In der Regel aus kei¬ ner, oder um des Examens wegen. Aus keiner; denn welche Abſicht ſoll einen zur Erlernung einer Wiſſenſchaft hintreiben, deren Weſen und Zweck ſo unbekannt ſind, wie die Philoſophie den Mei¬ ſten, die von der Schule auf die Univerſitaͤt zie¬ hen. Auch hier findet ſich das klaͤgliche Mißver¬ haͤltniß zwiſchen den hoͤhern und niedern Bildungs¬ anſtalten, das uͤberall durchbricht und nach allen Seiten eine Scheidewand zwiſchen den beiden gro¬ ßen Schritten zieht, welche der ſtudirende Juͤng¬ ling zu machen gezwungen iſt, dem Schritt der Schulbildung und dem Schritt der akademiſchen Bildung. In der That ſind die beiden Prinzi¬ pien, worauf hier die Schule, dort die Akademie gegruͤndet ſind, durchaus von einander verſchiedene
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Es bleibt mir noch, Sie auf das Studium der
Philoſophie aufmerkſam zu machen, und auch in
dieſer Hinſicht der lebendigeren Anſicht, der mit
der Schoͤnheit verwandteren die Thuͤr zu oͤffnen,
wogegen die unaͤſthetiſche Anſicht breitſtaͤmmig ſich
anlehnt. Ich habe aber abſichtlich die Philoſophie
hinter der Geſchichte genannt, um von ihr einen
Uebergang zu machen zu der Philoſophie jener
Kunſt oder Wiſſenſchaft, welche der beabſichtigte
Inhalt dieſer Vorleſungen iſt.
In welcher Abſicht ſtudirt man auf Univer¬
ſitaͤten die Philoſophie? In der Regel aus kei¬
ner, oder um des Examens wegen. Aus keiner;
denn welche Abſicht ſoll einen zur Erlernung einer
Wiſſenſchaft hintreiben, deren Weſen und Zweck
ſo unbekannt ſind, wie die Philoſophie den Mei¬
ſten, die von der Schule auf die Univerſitaͤt zie¬
hen. Auch hier findet ſich das klaͤgliche Mißver¬
haͤltniß zwiſchen den hoͤhern und niedern Bildungs¬
anſtalten, das uͤberall durchbricht und nach allen
Seiten eine Scheidewand zwiſchen den beiden gro¬
ßen Schritten zieht, welche der ſtudirende Juͤng¬
ling zu machen gezwungen iſt, dem Schritt der
Schulbildung und dem Schritt der akademiſchen
Bildung. In der That ſind die beiden Prinzi¬
pien, worauf hier die Schule, dort die Akademie
gegruͤndet ſind, durchaus von einander verſchiedene
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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/64>, abgerufen am 24.11.2024.
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