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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.

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des Lebens verglichen, mag er sie repräsentiren auf
die unschädliche Weise, wie es die Goldenschnitts¬
taschenbuchspoeten in Deutschland thun, er ist ihr
ein unentbehrliches Werkzeug, um den vernichten¬
den Krieg zu führen, dessen Ende sich wohl bis
zu künftigen Geschlechtern hinziehen wird, um das
Säuberungsgeschäft im Augiasstall von Europa
durchzusetzen, um reine Bahn zu machen für andre
Füße, als die mit Ketten und Vorurtheilen bela¬
steten. Diese Bedeutung des Witzes für unsere
Zeit spricht Heine, dessen Witz eben hierin vor¬
leuchtet, mit folgenden Worten aus:

Es gibt trockne Leute in der Welt, die den
Witz gern proskribiren möchten und man kann
täglich hören, wie Pantalon sich gegen diese nie¬
drigste Seelenkraft, den Witz, zu ereifern weiß
und als guter Staatsbürger und Hausvater die
Polizei auffordert, ihn zu verbieten. Mag immer¬
hin der Witz zu den niedrigsten Seelenkräften ge¬
hören, so glauben wir doch, das er sein Gutes
hat. Wir wenigstens möchten ihn nicht entbeh¬
ren. Seitdem es nicht mehr Sitte ist, einen De¬
gen an der Seite zu tragen, ist es durchaus nö¬
thig, daß man Witz im Kopfe habe. Und sollte
man auch so übellaunig sein, den Witz nicht blos
als nothwendige Wehr, sondern sogar als Angriffs¬
waffe zu gebrauchen, so werdet darüber nicht all¬

des Lebens verglichen, mag er ſie repraͤſentiren auf
die unſchaͤdliche Weiſe, wie es die Goldenſchnitts¬
taſchenbuchspoeten in Deutſchland thun, er iſt ihr
ein unentbehrliches Werkzeug, um den vernichten¬
den Krieg zu fuͤhren, deſſen Ende ſich wohl bis
zu kuͤnftigen Geſchlechtern hinziehen wird, um das
Saͤuberungsgeſchaͤft im Augiasſtall von Europa
durchzuſetzen, um reine Bahn zu machen fuͤr andre
Fuͤße, als die mit Ketten und Vorurtheilen bela¬
ſteten. Dieſe Bedeutung des Witzes fuͤr unſere
Zeit ſpricht Heine, deſſen Witz eben hierin vor¬
leuchtet, mit folgenden Worten aus:

Es gibt trockne Leute in der Welt, die den
Witz gern proſkribiren moͤchten und man kann
taͤglich hoͤren, wie Pantalon ſich gegen dieſe nie¬
drigſte Seelenkraft, den Witz, zu ereifern weiß
und als guter Staatsbuͤrger und Hausvater die
Polizei auffordert, ihn zu verbieten. Mag immer¬
hin der Witz zu den niedrigſten Seelenkraͤften ge¬
hoͤren, ſo glauben wir doch, das er ſein Gutes
hat. Wir wenigſtens moͤchten ihn nicht entbeh¬
ren. Seitdem es nicht mehr Sitte iſt, einen De¬
gen an der Seite zu tragen, iſt es durchaus noͤ¬
thig, daß man Witz im Kopfe habe. Und ſollte
man auch ſo uͤbellaunig ſein, den Witz nicht blos
als nothwendige Wehr, ſondern ſogar als Angriffs¬
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[307/0321] des Lebens verglichen, mag er ſie repraͤſentiren auf die unſchaͤdliche Weiſe, wie es die Goldenſchnitts¬ taſchenbuchspoeten in Deutſchland thun, er iſt ihr ein unentbehrliches Werkzeug, um den vernichten¬ den Krieg zu fuͤhren, deſſen Ende ſich wohl bis zu kuͤnftigen Geſchlechtern hinziehen wird, um das Saͤuberungsgeſchaͤft im Augiasſtall von Europa durchzuſetzen, um reine Bahn zu machen fuͤr andre Fuͤße, als die mit Ketten und Vorurtheilen bela¬ ſteten. Dieſe Bedeutung des Witzes fuͤr unſere Zeit ſpricht Heine, deſſen Witz eben hierin vor¬ leuchtet, mit folgenden Worten aus: Es gibt trockne Leute in der Welt, die den Witz gern proſkribiren moͤchten und man kann taͤglich hoͤren, wie Pantalon ſich gegen dieſe nie¬ drigſte Seelenkraft, den Witz, zu ereifern weiß und als guter Staatsbuͤrger und Hausvater die Polizei auffordert, ihn zu verbieten. Mag immer¬ hin der Witz zu den niedrigſten Seelenkraͤften ge¬ hoͤren, ſo glauben wir doch, das er ſein Gutes hat. Wir wenigſtens moͤchten ihn nicht entbeh¬ ren. Seitdem es nicht mehr Sitte iſt, einen De¬ gen an der Seite zu tragen, iſt es durchaus noͤ¬ thig, daß man Witz im Kopfe habe. Und ſollte man auch ſo uͤbellaunig ſein, den Witz nicht blos als nothwendige Wehr, ſondern ſogar als Angriffs¬ waffe zu gebrauchen, ſo werdet daruͤber nicht all¬

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Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/321>, abgerufen am 24.11.2024.