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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.

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Sporen klingen ließ, den Flammberg schwang,
etwas alterthümlich und ritterlich renommirte, und
wenn es ihm wohl ward, das schönste Gefühl in
sich, die angeborne Sehnsucht auf etwas Bestimm¬
tes, auf das künftige Vaterland zu fixiren kam.
Der Zeit hingegen, als Goethe jene größere Zahl
von dramatischen und romantischen Gedichten schrieb,
wo die Liebe zu einem Mädchen die Hauptrolle
spielt, entspricht dieselbe Periode im Leben eines
Deutschen, die auf die ritterliche folgt, wo der
eiserne Götz in Splittern zerspringt und statt des¬
sen ein schmachtender, sanfter Liebhaber zum Vor¬
schein kommt, der über sein Mädchen Welt und
Vaterland vergißt. Was aber die größte und
letzte Reihe der Produkte Goethe's betrifft, diese
Romane und Dramen, welche das Philisterthum,
das vornehme, wie das gemeinbürgerliche nicht
allein erträglich und behaglich, sondern auch poe¬
tisch finden, so entsprechen sie dem Deutschen, der
Ehemann geworden, ein Amt, Ehre und Titel
bekommen hat und der mit einer gewissen vorneh¬
men Ironie auf die Schwärmereien seiner Ju¬
gend, auf Sehnsucht, Ritterthum, Vaterland,
Jugendleben zurückblickt, des Tags bei den Akten
schwitzt, des Abends eine Partie L'hombre spielt
und beim zu Bette gehen den Tag im Kalender
durchstreicht, den er als ehrlicher Gatte und Staats¬

Sporen klingen ließ, den Flammberg ſchwang,
etwas alterthuͤmlich und ritterlich renommirte, und
wenn es ihm wohl ward, das ſchoͤnſte Gefuͤhl in
ſich, die angeborne Sehnſucht auf etwas Beſtimm¬
tes, auf das kuͤnftige Vaterland zu fixiren kam.
Der Zeit hingegen, als Goethe jene groͤßere Zahl
von dramatiſchen und romantiſchen Gedichten ſchrieb,
wo die Liebe zu einem Maͤdchen die Hauptrolle
ſpielt, entſpricht dieſelbe Periode im Leben eines
Deutſchen, die auf die ritterliche folgt, wo der
eiſerne Goͤtz in Splittern zerſpringt und ſtatt deſ¬
ſen ein ſchmachtender, ſanfter Liebhaber zum Vor¬
ſchein kommt, der uͤber ſein Maͤdchen Welt und
Vaterland vergißt. Was aber die groͤßte und
letzte Reihe der Produkte Goethe's betrifft, dieſe
Romane und Dramen, welche das Philiſterthum,
das vornehme, wie das gemeinbuͤrgerliche nicht
allein ertraͤglich und behaglich, ſondern auch poe¬
tiſch finden, ſo entſprechen ſie dem Deutſchen, der
Ehemann geworden, ein Amt, Ehre und Titel
bekommen hat und der mit einer gewiſſen vorneh¬
men Ironie auf die Schwaͤrmereien ſeiner Ju¬
gend, auf Sehnſucht, Ritterthum, Vaterland,
Jugendleben zuruͤckblickt, des Tags bei den Akten
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[255/0269] Sporen klingen ließ, den Flammberg ſchwang, etwas alterthuͤmlich und ritterlich renommirte, und wenn es ihm wohl ward, das ſchoͤnſte Gefuͤhl in ſich, die angeborne Sehnſucht auf etwas Beſtimm¬ tes, auf das kuͤnftige Vaterland zu fixiren kam. Der Zeit hingegen, als Goethe jene groͤßere Zahl von dramatiſchen und romantiſchen Gedichten ſchrieb, wo die Liebe zu einem Maͤdchen die Hauptrolle ſpielt, entſpricht dieſelbe Periode im Leben eines Deutſchen, die auf die ritterliche folgt, wo der eiſerne Goͤtz in Splittern zerſpringt und ſtatt deſ¬ ſen ein ſchmachtender, ſanfter Liebhaber zum Vor¬ ſchein kommt, der uͤber ſein Maͤdchen Welt und Vaterland vergißt. Was aber die groͤßte und letzte Reihe der Produkte Goethe's betrifft, dieſe Romane und Dramen, welche das Philiſterthum, das vornehme, wie das gemeinbuͤrgerliche nicht allein ertraͤglich und behaglich, ſondern auch poe¬ tiſch finden, ſo entſprechen ſie dem Deutſchen, der Ehemann geworden, ein Amt, Ehre und Titel bekommen hat und der mit einer gewiſſen vorneh¬ men Ironie auf die Schwaͤrmereien ſeiner Ju¬ gend, auf Sehnſucht, Ritterthum, Vaterland, Jugendleben zuruͤckblickt, des Tags bei den Akten ſchwitzt, des Abends eine Partie L'hombre ſpielt und beim zu Bette gehen den Tag im Kalender durchſtreicht, den er als ehrlicher Gatte und Staats¬

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Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/269>, abgerufen am 22.11.2024.