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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.

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fer erörtert, als Fichte in seinen unsterblichen Re¬
den an die deutsche Nation; ich verweise Sie auf
diese Stelle, wenn Sie Ihr Herz recht mit dem
stolzen Gefühl durchdringen wollen, wie hoch un¬
sere deutsche Muttersprache über den neuen euro¬
päischen steht. Freilich an äußerem Reiz ist manche
ihr überlegen, heitrer, anmuthiger, gesellschaftlicher
ist die französische, grandiöser die spanische, sang¬
reicher die italienische, allein seelenvoller und herz¬
inniger, gestaltreicher und gedankendurchsichtiger,
als alle, ist und bleibt die deutsche. Die französische
und alle abgeleiteten Sprachen mehr und minder
sind mehr rhetorischer, die deutsche und alle ur¬
sprünglichen Sprachen mehr poetischer Natur. In
jener hat sich die Sprache abgelöst vom sprach¬
schaffenden, sprachbildenden Genius, vom Herzen,
vom Bewußtsein der Nation, sie ist ein Aeußeres
und Fremdes geworden, und wer sich ihrer be¬
dient, nimmt sie nicht aus sich, sondern aus dem
Vorrath conventioneller Formeln und Redensarten,
die für alle Zeiten gestempelt sind. In dieser, der
ursprünglichen, ist Sprache und Seele eins, wer
Deutsch spricht, spricht es aus seinem eignen In¬
nern heraus und bedient sich der Sprache nicht
wie einer bloßen Convention, sondern als eines
Naturprodukts, das in seinem eignen Lebensblute
Wurzel faßt und seinen Geist vielastig mit Blü¬

Wienbarg, ästhet. Feldz. 15

fer eroͤrtert, als Fichte in ſeinen unſterblichen Re¬
den an die deutſche Nation; ich verweiſe Sie auf
dieſe Stelle, wenn Sie Ihr Herz recht mit dem
ſtolzen Gefuͤhl durchdringen wollen, wie hoch un¬
ſere deutſche Mutterſprache uͤber den neuen euro¬
paͤiſchen ſteht. Freilich an aͤußerem Reiz iſt manche
ihr uͤberlegen, heitrer, anmuthiger, geſellſchaftlicher
iſt die franzoͤſiſche, grandioͤſer die ſpaniſche, ſang¬
reicher die italieniſche, allein ſeelenvoller und herz¬
inniger, geſtaltreicher und gedankendurchſichtiger,
als alle, iſt und bleibt die deutſche. Die franzoͤſiſche
und alle abgeleiteten Sprachen mehr und minder
ſind mehr rhetoriſcher, die deutſche und alle ur¬
ſpruͤnglichen Sprachen mehr poetiſcher Natur. In
jener hat ſich die Sprache abgeloͤſt vom ſprach¬
ſchaffenden, ſprachbildenden Genius, vom Herzen,
vom Bewußtſein der Nation, ſie iſt ein Aeußeres
und Fremdes geworden, und wer ſich ihrer be¬
dient, nimmt ſie nicht aus ſich, ſondern aus dem
Vorrath conventioneller Formeln und Redensarten,
die fuͤr alle Zeiten geſtempelt ſind. In dieſer, der
urſpruͤnglichen, iſt Sprache und Seele eins, wer
Deutſch ſpricht, ſpricht es aus ſeinem eignen In¬
nern heraus und bedient ſich der Sprache nicht
wie einer bloßen Convention, ſondern als eines
Naturprodukts, das in ſeinem eignen Lebensblute
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[225/0239] fer eroͤrtert, als Fichte in ſeinen unſterblichen Re¬ den an die deutſche Nation; ich verweiſe Sie auf dieſe Stelle, wenn Sie Ihr Herz recht mit dem ſtolzen Gefuͤhl durchdringen wollen, wie hoch un¬ ſere deutſche Mutterſprache uͤber den neuen euro¬ paͤiſchen ſteht. Freilich an aͤußerem Reiz iſt manche ihr uͤberlegen, heitrer, anmuthiger, geſellſchaftlicher iſt die franzoͤſiſche, grandioͤſer die ſpaniſche, ſang¬ reicher die italieniſche, allein ſeelenvoller und herz¬ inniger, geſtaltreicher und gedankendurchſichtiger, als alle, iſt und bleibt die deutſche. Die franzoͤſiſche und alle abgeleiteten Sprachen mehr und minder ſind mehr rhetoriſcher, die deutſche und alle ur¬ ſpruͤnglichen Sprachen mehr poetiſcher Natur. In jener hat ſich die Sprache abgeloͤſt vom ſprach¬ ſchaffenden, ſprachbildenden Genius, vom Herzen, vom Bewußtſein der Nation, ſie iſt ein Aeußeres und Fremdes geworden, und wer ſich ihrer be¬ dient, nimmt ſie nicht aus ſich, ſondern aus dem Vorrath conventioneller Formeln und Redensarten, die fuͤr alle Zeiten geſtempelt ſind. In dieſer, der urſpruͤnglichen, iſt Sprache und Seele eins, wer Deutſch ſpricht, ſpricht es aus ſeinem eignen In¬ nern heraus und bedient ſich der Sprache nicht wie einer bloßen Convention, ſondern als eines Naturprodukts, das in ſeinem eignen Lebensblute Wurzel faßt und ſeinen Geiſt vielaſtig mit Bluͤ¬ Wienbarg, aͤſthet. Feldz. 15

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Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/239>, abgerufen am 24.11.2024.