Art von künstlerischem, dramatisch-theatralischem Wohlgefallen erregend. Ein solches Schicksal, meine Herren, wird jede andere schöne That unter uns erleben: Viele werden sie schön finden, nicht als Ereigniß der Geschichte, nicht als sittliche Hand¬ lung, nicht als wiederbegeisternde Begeisterung schöner Seelen, sondern als ein schönes Natur- oder Kunstprodukt, dessen bequeme und ruhige Betrachtung wohl eine angenehme Wärme im Herzen verbreitet, aber eine Wärme, die für das Herz so flau und unschuldig ist, wie eine Tasse Thee für den Magen; immer nur Wenige wird es geben, denen die That auf's Herz schießt, wie ein Blitz, entzündend, begeisternd, zu ähnlichen Thaten beflügelnd, kurz, auf deren Gemüth die geschichtliche, lebendige Schönheit, wie es in ihrem ursprünglichen Wesen liegt, geschichtlich und leben¬ dig wirksam ist.
Leichter, werden Sie sagen, vereinigt man sich über die Schönheiten der Kunst und Dichtung. Sie haben recht, und das ist es auch eben, was dem Künstler und Dichter nicht allen Muth nimmt in dem Maß, wie dem handelnden Menschen, das ist sogar die Ursache, weswegen der Aestheti¬ ker, wenn er auch seiner Aufgabe nicht entsprechen kann, die Aesthetik nicht ganz fahren läßt. Lassen Sie ein Dichtergenie, gleich dem des Shakspeare,
Art von kuͤnſtleriſchem, dramatiſch-theatraliſchem Wohlgefallen erregend. Ein ſolches Schickſal, meine Herren, wird jede andere ſchoͤne That unter uns erleben: Viele werden ſie ſchoͤn finden, nicht als Ereigniß der Geſchichte, nicht als ſittliche Hand¬ lung, nicht als wiederbegeiſternde Begeiſterung ſchoͤner Seelen, ſondern als ein ſchoͤnes Natur- oder Kunſtprodukt, deſſen bequeme und ruhige Betrachtung wohl eine angenehme Waͤrme im Herzen verbreitet, aber eine Waͤrme, die fuͤr das Herz ſo flau und unſchuldig iſt, wie eine Taſſe Thee fuͤr den Magen; immer nur Wenige wird es geben, denen die That auf's Herz ſchießt, wie ein Blitz, entzuͤndend, begeiſternd, zu aͤhnlichen Thaten befluͤgelnd, kurz, auf deren Gemuͤth die geſchichtliche, lebendige Schoͤnheit, wie es in ihrem urſpruͤnglichen Weſen liegt, geſchichtlich und leben¬ dig wirkſam iſt.
Leichter, werden Sie ſagen, vereinigt man ſich uͤber die Schoͤnheiten der Kunſt und Dichtung. Sie haben recht, und das iſt es auch eben, was dem Kuͤnſtler und Dichter nicht allen Muth nimmt in dem Maß, wie dem handelnden Menſchen, das iſt ſogar die Urſache, weswegen der Aeſtheti¬ ker, wenn er auch ſeiner Aufgabe nicht entſprechen kann, die Aeſthetik nicht ganz fahren laͤßt. Laſſen Sie ein Dichtergenie, gleich dem des Shakſpeare,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0157"n="143"/>
Art von kuͤnſtleriſchem, dramatiſch-theatraliſchem<lb/>
Wohlgefallen erregend. Ein ſolches Schickſal, meine<lb/>
Herren, wird jede andere ſchoͤne That unter uns<lb/>
erleben: Viele werden ſie ſchoͤn finden, nicht als<lb/>
Ereigniß der Geſchichte, nicht als ſittliche Hand¬<lb/>
lung, nicht als wiederbegeiſternde Begeiſterung<lb/>ſchoͤner Seelen, ſondern als ein ſchoͤnes Natur-<lb/>
oder Kunſtprodukt, deſſen bequeme und ruhige<lb/>
Betrachtung wohl eine angenehme Waͤrme im<lb/>
Herzen verbreitet, aber eine Waͤrme, die fuͤr das<lb/>
Herz ſo flau und unſchuldig iſt, wie eine Taſſe<lb/>
Thee fuͤr den Magen; immer nur Wenige wird<lb/>
es geben, denen die That auf's Herz ſchießt, wie<lb/>
ein Blitz, entzuͤndend, begeiſternd, zu aͤhnlichen<lb/>
Thaten befluͤgelnd, kurz, auf deren Gemuͤth die<lb/>
geſchichtliche, lebendige Schoͤnheit, wie es in ihrem<lb/>
urſpruͤnglichen Weſen liegt, geſchichtlich und leben¬<lb/>
dig wirkſam iſt.</p><lb/><p>Leichter, werden Sie ſagen, vereinigt man<lb/>ſich uͤber die Schoͤnheiten der Kunſt und Dichtung.<lb/>
Sie haben recht, und das iſt es auch eben, was dem<lb/>
Kuͤnſtler und Dichter nicht allen Muth nimmt<lb/>
in dem Maß, wie dem handelnden Menſchen,<lb/>
das iſt ſogar die Urſache, weswegen der Aeſtheti¬<lb/>
ker, wenn er auch ſeiner Aufgabe nicht entſprechen<lb/>
kann, die Aeſthetik nicht ganz fahren laͤßt. Laſſen<lb/>
Sie ein Dichtergenie, gleich dem des Shakſpeare,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[143/0157]
Art von kuͤnſtleriſchem, dramatiſch-theatraliſchem
Wohlgefallen erregend. Ein ſolches Schickſal, meine
Herren, wird jede andere ſchoͤne That unter uns
erleben: Viele werden ſie ſchoͤn finden, nicht als
Ereigniß der Geſchichte, nicht als ſittliche Hand¬
lung, nicht als wiederbegeiſternde Begeiſterung
ſchoͤner Seelen, ſondern als ein ſchoͤnes Natur-
oder Kunſtprodukt, deſſen bequeme und ruhige
Betrachtung wohl eine angenehme Waͤrme im
Herzen verbreitet, aber eine Waͤrme, die fuͤr das
Herz ſo flau und unſchuldig iſt, wie eine Taſſe
Thee fuͤr den Magen; immer nur Wenige wird
es geben, denen die That auf's Herz ſchießt, wie
ein Blitz, entzuͤndend, begeiſternd, zu aͤhnlichen
Thaten befluͤgelnd, kurz, auf deren Gemuͤth die
geſchichtliche, lebendige Schoͤnheit, wie es in ihrem
urſpruͤnglichen Weſen liegt, geſchichtlich und leben¬
dig wirkſam iſt.
Leichter, werden Sie ſagen, vereinigt man
ſich uͤber die Schoͤnheiten der Kunſt und Dichtung.
Sie haben recht, und das iſt es auch eben, was dem
Kuͤnſtler und Dichter nicht allen Muth nimmt
in dem Maß, wie dem handelnden Menſchen,
das iſt ſogar die Urſache, weswegen der Aeſtheti¬
ker, wenn er auch ſeiner Aufgabe nicht entſprechen
kann, die Aeſthetik nicht ganz fahren laͤßt. Laſſen
Sie ein Dichtergenie, gleich dem des Shakſpeare,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/157>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.