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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.

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sage mit der Erfindung der Buchdruckerkunst koin¬
zidirt, ja, daß sie sogar den Erfinder uns als
Faustus vorstellt, ist tief und charakteristisch. Kein
Dichter hat die ganze Tiefe dieses ernsthaften
Mährchens so geistreich nachempfunden, als der
große Goethe, der im Faust Niemand anders,
als sich selbst und den Drang der neuen Zeit ge¬
schildert hat. Freilich stammt das Mährchen noch
aus einer Zeit, wo: das Recht des Sinnli¬
chen geltend zu machen gegen die An¬
maßungen des Spiritualismus
, als ein
schwarzes Verbrechen erschien, woher denn auch
der Faustus nach der Sage von Gott abfällt und
einen Bund mit dem Bösen schließt -- einen
volksthümlichen Zug, den Goethe als Dichter wie¬
der aufzunehmen nicht versäumte.

Das hat, sagt ein bekannter Schriftsteller,
das hat nun das deutsche Volk längst geahnt, daß
die Menschen nicht blos zu einem himmlischen,
sondern auch zu einem irdischen Glück berufen
sind; denn das deutsche Volk ist selbst jener ge¬
lehrte Doktor Faust, der nach materiellen Genüs¬
sen verlangt und dem Fleische seine Rechte wieder¬
gibt -- doch noch befangen in der katholischen
Simbolik, wo Gott als der Repräsentant des
Geistes und der Teufel als der Repräsentant des
Fleisches gilt, bezeichnete man jene Rehabilitation

ſage mit der Erfindung der Buchdruckerkunſt koin¬
zidirt, ja, daß ſie ſogar den Erfinder uns als
Fauſtus vorſtellt, iſt tief und charakteriſtiſch. Kein
Dichter hat die ganze Tiefe dieſes ernſthaften
Maͤhrchens ſo geiſtreich nachempfunden, als der
große Goethe, der im Fauſt Niemand anders,
als ſich ſelbſt und den Drang der neuen Zeit ge¬
ſchildert hat. Freilich ſtammt das Maͤhrchen noch
aus einer Zeit, wo: das Recht des Sinnli¬
chen geltend zu machen gegen die An¬
maßungen des Spiritualismus
, als ein
ſchwarzes Verbrechen erſchien, woher denn auch
der Fauſtus nach der Sage von Gott abfaͤllt und
einen Bund mit dem Boͤſen ſchließt — einen
volksthuͤmlichen Zug, den Goethe als Dichter wie¬
der aufzunehmen nicht verſaͤumte.

Das hat, ſagt ein bekannter Schriftſteller,
das hat nun das deutſche Volk laͤngſt geahnt, daß
die Menſchen nicht blos zu einem himmliſchen,
ſondern auch zu einem irdiſchen Gluͤck berufen
ſind; denn das deutſche Volk iſt ſelbſt jener ge¬
lehrte Doktor Fauſt, der nach materiellen Genuͤſ¬
ſen verlangt und dem Fleiſche ſeine Rechte wieder¬
gibt — doch noch befangen in der katholiſchen
Simbolik, wo Gott als der Repraͤſentant des
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[123/0137] ſage mit der Erfindung der Buchdruckerkunſt koin¬ zidirt, ja, daß ſie ſogar den Erfinder uns als Fauſtus vorſtellt, iſt tief und charakteriſtiſch. Kein Dichter hat die ganze Tiefe dieſes ernſthaften Maͤhrchens ſo geiſtreich nachempfunden, als der große Goethe, der im Fauſt Niemand anders, als ſich ſelbſt und den Drang der neuen Zeit ge¬ ſchildert hat. Freilich ſtammt das Maͤhrchen noch aus einer Zeit, wo: das Recht des Sinnli¬ chen geltend zu machen gegen die An¬ maßungen des Spiritualismus, als ein ſchwarzes Verbrechen erſchien, woher denn auch der Fauſtus nach der Sage von Gott abfaͤllt und einen Bund mit dem Boͤſen ſchließt — einen volksthuͤmlichen Zug, den Goethe als Dichter wie¬ der aufzunehmen nicht verſaͤumte. Das hat, ſagt ein bekannter Schriftſteller, das hat nun das deutſche Volk laͤngſt geahnt, daß die Menſchen nicht blos zu einem himmliſchen, ſondern auch zu einem irdiſchen Gluͤck berufen ſind; denn das deutſche Volk iſt ſelbſt jener ge¬ lehrte Doktor Fauſt, der nach materiellen Genuͤſ¬ ſen verlangt und dem Fleiſche ſeine Rechte wieder¬ gibt — doch noch befangen in der katholiſchen Simbolik, wo Gott als der Repraͤſentant des Geiſtes und der Teufel als der Repraͤſentant des Fleiſches gilt, bezeichnete man jene Rehabilitation

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Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/137>, abgerufen am 24.11.2024.