dem Mantel der Armuth und Demuth verbarg. Julian versammelte die bisherigen Götter der Welt zu einer "heiligen Allianz" gegen den neuen Gott und sprach den Bann über ihn aus. Er ließ seine Trabanten das Kreuz umstoßen, seine Philosophen das Kreuz lächerlich machen und ein zeitgemäßeres Heidenthum fabriziren; aber um¬ sonst. Die Götter sahen aus todten Augen, die Speere zerbrachen wie Glas und die Philosophie sah sich genöthigt, ihre Ohnmacht und Unfrucht¬ barkeit zu bekennen. Die neue Weltanschauung behielt den Sieg.
Drum soll die Hoffnung größer sein, als die Furcht, denn unsere Zeit gleicht der Zeit des Julian.
Sie gleicht ihr -- bis auf einen Zug -- denn nichts wiederholt sich vollkommen in der Weltgeschichte. Erkläre ich, was ich meine. Ueber das neue Leben, das Julian zu verdrängen, zu vernichten trachtete, war schon damals und gleich vom Ursprung an, die Formel der Bedeutung aus¬ gesprochen, Einer hatte es offenbart, Zwölf hatten es der Welt verkündigt und Tausende und Millio¬ nen schwuren auf das Wort, das Mensch geworden war. Welche Lippe hat aber das Wort ausgespro¬ chen, worin sich der neue Geist inkarniren will, wo ist der Messias, wo sind die Apostel, wo sind
dem Mantel der Armuth und Demuth verbarg. Julian verſammelte die bisherigen Goͤtter der Welt zu einer „heiligen Allianz“ gegen den neuen Gott und ſprach den Bann uͤber ihn aus. Er ließ ſeine Trabanten das Kreuz umſtoßen, ſeine Philoſophen das Kreuz laͤcherlich machen und ein zeitgemaͤßeres Heidenthum fabriziren; aber um¬ ſonſt. Die Goͤtter ſahen aus todten Augen, die Speere zerbrachen wie Glas und die Philoſophie ſah ſich genoͤthigt, ihre Ohnmacht und Unfrucht¬ barkeit zu bekennen. Die neue Weltanſchauung behielt den Sieg.
Drum ſoll die Hoffnung groͤßer ſein, als die Furcht, denn unſere Zeit gleicht der Zeit des Julian.
Sie gleicht ihr — bis auf einen Zug — denn nichts wiederholt ſich vollkommen in der Weltgeſchichte. Erklaͤre ich, was ich meine. Ueber das neue Leben, das Julian zu verdraͤngen, zu vernichten trachtete, war ſchon damals und gleich vom Urſprung an, die Formel der Bedeutung aus¬ geſprochen, Einer hatte es offenbart, Zwoͤlf hatten es der Welt verkuͤndigt und Tauſende und Millio¬ nen ſchwuren auf das Wort, das Menſch geworden war. Welche Lippe hat aber das Wort ausgeſpro¬ chen, worin ſich der neue Geiſt inkarniren will, wo iſt der Meſſias, wo ſind die Apoſtel, wo ſind
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0132"n="118"/>
dem Mantel der Armuth und Demuth verbarg.<lb/>
Julian verſammelte die bisherigen Goͤtter der<lb/>
Welt zu einer „heiligen Allianz“ gegen den neuen<lb/>
Gott und ſprach den Bann uͤber ihn aus. Er<lb/>
ließ ſeine Trabanten das Kreuz umſtoßen, ſeine<lb/>
Philoſophen das Kreuz laͤcherlich machen und ein<lb/>
zeitgemaͤßeres Heidenthum fabriziren; aber um¬<lb/>ſonſt. Die Goͤtter ſahen aus todten Augen, die<lb/>
Speere zerbrachen wie Glas und die Philoſophie<lb/>ſah ſich genoͤthigt, ihre Ohnmacht und Unfrucht¬<lb/>
barkeit zu bekennen. Die neue Weltanſchauung<lb/>
behielt den Sieg.</p><lb/><p>Drum ſoll die Hoffnung groͤßer ſein, als die<lb/>
Furcht, denn unſere Zeit gleicht der Zeit des<lb/>
Julian.</p><lb/><p>Sie gleicht ihr — bis auf einen Zug —<lb/>
denn nichts wiederholt ſich vollkommen in der<lb/>
Weltgeſchichte. Erklaͤre ich, was ich meine. Ueber<lb/>
das neue Leben, das Julian zu verdraͤngen, zu<lb/>
vernichten trachtete, war ſchon damals und gleich<lb/>
vom Urſprung an, die Formel der Bedeutung aus¬<lb/>
geſprochen, Einer hatte es offenbart, Zwoͤlf hatten<lb/>
es der Welt verkuͤndigt und Tauſende und Millio¬<lb/>
nen ſchwuren auf das Wort, das Menſch geworden<lb/>
war. Welche Lippe hat aber das Wort ausgeſpro¬<lb/>
chen, worin ſich der neue Geiſt inkarniren will,<lb/>
wo iſt der Meſſias, wo ſind die Apoſtel, wo ſind<lb/></p></div></body></text></TEI>
[118/0132]
dem Mantel der Armuth und Demuth verbarg.
Julian verſammelte die bisherigen Goͤtter der
Welt zu einer „heiligen Allianz“ gegen den neuen
Gott und ſprach den Bann uͤber ihn aus. Er
ließ ſeine Trabanten das Kreuz umſtoßen, ſeine
Philoſophen das Kreuz laͤcherlich machen und ein
zeitgemaͤßeres Heidenthum fabriziren; aber um¬
ſonſt. Die Goͤtter ſahen aus todten Augen, die
Speere zerbrachen wie Glas und die Philoſophie
ſah ſich genoͤthigt, ihre Ohnmacht und Unfrucht¬
barkeit zu bekennen. Die neue Weltanſchauung
behielt den Sieg.
Drum ſoll die Hoffnung groͤßer ſein, als die
Furcht, denn unſere Zeit gleicht der Zeit des
Julian.
Sie gleicht ihr — bis auf einen Zug —
denn nichts wiederholt ſich vollkommen in der
Weltgeſchichte. Erklaͤre ich, was ich meine. Ueber
das neue Leben, das Julian zu verdraͤngen, zu
vernichten trachtete, war ſchon damals und gleich
vom Urſprung an, die Formel der Bedeutung aus¬
geſprochen, Einer hatte es offenbart, Zwoͤlf hatten
es der Welt verkuͤndigt und Tauſende und Millio¬
nen ſchwuren auf das Wort, das Menſch geworden
war. Welche Lippe hat aber das Wort ausgeſpro¬
chen, worin ſich der neue Geiſt inkarniren will,
wo iſt der Meſſias, wo ſind die Apoſtel, wo ſind
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/132>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.