das gelehrte Deutschland auch Blut über den Frevel schwitzen. Ich traue freilich dem neuen Gusse nicht, weil ich nicht einsehe, woher Preu¬ ßen das rechte Metall dazu nehmen will, es wäre denn preußisch-evangelisches Kanonen- und Glockengut. Aber auch dieses halte ich für bes¬ ser als die alte tonlose Mischung, die selbst un¬ ter Thors Hammerschlägen keinen Klang mehr von sich geben würde.
Zur Zeit der Reformation waren die Univer¬ sitäten Stützpunkte für den Hebel des neuen Um¬ schwungs. Gegenwärtig bewegen sie nichts, ja sie sind Widerstände der Bewegung und müssen als solche aus dem Wege geräumt werden.
Zu warnen aber sind junge Männer von Kraft und Talent, sich nicht unbedacht jener ed¬ len Täuschung hinzugeben, als ob sich dennoch ein zeitgemäßer und volksthümlicher Wirkungs¬ kreis für sie auf unsern Universitäten erschwingen lasse. Glaubt mir, ihr hebt den Fluch nicht auf, den die Zeit über jene alten Gemäuer ausgespro¬ chen hat, ihr setzt euch hingegen der Gefahr aus, mit demselben Fluche auf euren eigenen geistigen Schwingen belastet zu werden. Zittert vor der
das gelehrte Deutſchland auch Blut uͤber den Frevel ſchwitzen. Ich traue freilich dem neuen Guſſe nicht, weil ich nicht einſehe, woher Preu¬ ßen das rechte Metall dazu nehmen will, es waͤre denn preußiſch-evangeliſches Kanonen- und Glockengut. Aber auch dieſes halte ich fuͤr beſ¬ ſer als die alte tonloſe Miſchung, die ſelbſt un¬ ter Thors Hammerſchlaͤgen keinen Klang mehr von ſich geben wuͤrde.
Zur Zeit der Reformation waren die Univer¬ ſitaͤten Stuͤtzpunkte fuͤr den Hebel des neuen Um¬ ſchwungs. Gegenwaͤrtig bewegen ſie nichts, ja ſie ſind Widerſtaͤnde der Bewegung und muͤſſen als ſolche aus dem Wege geraͤumt werden.
Zu warnen aber ſind junge Maͤnner von Kraft und Talent, ſich nicht unbedacht jener ed¬ len Taͤuſchung hinzugeben, als ob ſich dennoch ein zeitgemaͤßer und volksthuͤmlicher Wirkungs¬ kreis fuͤr ſie auf unſern Univerſitaͤten erſchwingen laſſe. Glaubt mir, ihr hebt den Fluch nicht auf, den die Zeit uͤber jene alten Gemaͤuer ausgeſpro¬ chen hat, ihr ſetzt euch hingegen der Gefahr aus, mit demſelben Fluche auf euren eigenen geiſtigen Schwingen belaſtet zu werden. Zittert vor der
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[VIII/0012]
das gelehrte Deutſchland auch Blut uͤber den
Frevel ſchwitzen. Ich traue freilich dem neuen
Guſſe nicht, weil ich nicht einſehe, woher Preu¬
ßen das rechte Metall dazu nehmen will, es
waͤre denn preußiſch-evangeliſches Kanonen- und
Glockengut. Aber auch dieſes halte ich fuͤr beſ¬
ſer als die alte tonloſe Miſchung, die ſelbſt un¬
ter Thors Hammerſchlaͤgen keinen Klang mehr
von ſich geben wuͤrde.
Zur Zeit der Reformation waren die Univer¬
ſitaͤten Stuͤtzpunkte fuͤr den Hebel des neuen Um¬
ſchwungs. Gegenwaͤrtig bewegen ſie nichts, ja ſie
ſind Widerſtaͤnde der Bewegung und muͤſſen als
ſolche aus dem Wege geraͤumt werden.
Zu warnen aber ſind junge Maͤnner von
Kraft und Talent, ſich nicht unbedacht jener ed¬
len Taͤuſchung hinzugeben, als ob ſich dennoch
ein zeitgemaͤßer und volksthuͤmlicher Wirkungs¬
kreis fuͤr ſie auf unſern Univerſitaͤten erſchwingen
laſſe. Glaubt mir, ihr hebt den Fluch nicht auf,
den die Zeit uͤber jene alten Gemaͤuer ausgeſpro¬
chen hat, ihr ſetzt euch hingegen der Gefahr aus,
mit demſelben Fluche auf euren eigenen geiſtigen
Schwingen belaſtet zu werden. Zittert vor der
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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. VIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/12>, abgerufen am 23.11.2024.
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