sen sein, worin sie, wie die alten Indier noch schlaftrunken und mondsüchtig am Abgrund des Wesens hintaumelten und ihr Hirn schwindeln machten von den mysteriösen Dünsten, welche spä¬ ter die Pythia allein einsog. Nur allmählig kam die Menschheit zur Besinnung, sie aber waren die ersten, welchen das menschliche Bewußtsein auf¬ ging, die menschliche Persönlichkeit gegen die dun¬ keln Mächte der Natur geltend machten, die, wenn der Ausdruck nicht zu kühn ist, das Nabel¬ band zerschnitten, das den Menschen bisher, wie ein Thier, mit dem Schooß der Erde verknüpfte und ihm das Bewußtsein eigner freier Existenz fortwährend verdüsterte. Der Indier hatte kein Gefühl von seiner Kraft, daher war auch seine Weltanschauung eine leidende und auf Vernichtung aller Persönlichkeit, aller selbstständigen That ab¬ zielende. Des Griechen Weltanschauung ward eine thätige, und drang mit Bewußtsein auf die Harmonie des Gedankens und Willens und griff in alle Saiten der Seele und wühlte Töne auf, die kein sterbliches Ohr bisher geahnt und setzte Gedanken ins Leben, die nicht untergehen werden, so lange die Welt steht. Suchen wir einen Na¬ men, um die besondere Art ihrer ästhetischen Welt¬ anschauung zu bezeichnen, so dürfen wir nur die Augen aufschlagen und auf ihren Werken den ein¬
ſen ſein, worin ſie, wie die alten Indier noch ſchlaftrunken und mondſuͤchtig am Abgrund des Weſens hintaumelten und ihr Hirn ſchwindeln machten von den myſterioͤſen Duͤnſten, welche ſpaͤ¬ ter die Pythia allein einſog. Nur allmaͤhlig kam die Menſchheit zur Beſinnung, ſie aber waren die erſten, welchen das menſchliche Bewußtſein auf¬ ging, die menſchliche Perſoͤnlichkeit gegen die dun¬ keln Maͤchte der Natur geltend machten, die, wenn der Ausdruck nicht zu kuͤhn iſt, das Nabel¬ band zerſchnitten, das den Menſchen bisher, wie ein Thier, mit dem Schooß der Erde verknuͤpfte und ihm das Bewußtſein eigner freier Exiſtenz fortwaͤhrend verduͤſterte. Der Indier hatte kein Gefuͤhl von ſeiner Kraft, daher war auch ſeine Weltanſchauung eine leidende und auf Vernichtung aller Perſoͤnlichkeit, aller ſelbſtſtaͤndigen That ab¬ zielende. Des Griechen Weltanſchauung ward eine thaͤtige, und drang mit Bewußtſein auf die Harmonie des Gedankens und Willens und griff in alle Saiten der Seele und wuͤhlte Toͤne auf, die kein ſterbliches Ohr bisher geahnt und ſetzte Gedanken ins Leben, die nicht untergehen werden, ſo lange die Welt ſteht. Suchen wir einen Na¬ men, um die beſondere Art ihrer aͤſthetiſchen Welt¬ anſchauung zu bezeichnen, ſo duͤrfen wir nur die Augen aufſchlagen und auf ihren Werken den ein¬
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ſen ſein, worin ſie, wie die alten Indier noch
ſchlaftrunken und mondſuͤchtig am Abgrund des
Weſens hintaumelten und ihr Hirn ſchwindeln
machten von den myſterioͤſen Duͤnſten, welche ſpaͤ¬
ter die Pythia allein einſog. Nur allmaͤhlig kam
die Menſchheit zur Beſinnung, ſie aber waren die
erſten, welchen das menſchliche Bewußtſein auf¬
ging, die menſchliche Perſoͤnlichkeit gegen die dun¬
keln Maͤchte der Natur geltend machten, die, wenn
der Ausdruck nicht zu kuͤhn iſt, das Nabel¬
band zerſchnitten, das den Menſchen bisher, wie
ein Thier, mit dem Schooß der Erde verknuͤpfte
und ihm das Bewußtſein eigner freier Exiſtenz
fortwaͤhrend verduͤſterte. Der Indier hatte kein
Gefuͤhl von ſeiner Kraft, daher war auch ſeine
Weltanſchauung eine leidende und auf Vernichtung
aller Perſoͤnlichkeit, aller ſelbſtſtaͤndigen That ab¬
zielende. Des Griechen Weltanſchauung ward
eine thaͤtige, und drang mit Bewußtſein auf die
Harmonie des Gedankens und Willens und griff
in alle Saiten der Seele und wuͤhlte Toͤne auf,
die kein ſterbliches Ohr bisher geahnt und ſetzte
Gedanken ins Leben, die nicht untergehen werden,
ſo lange die Welt ſteht. Suchen wir einen Na¬
men, um die beſondere Art ihrer aͤſthetiſchen Welt¬
anſchauung zu bezeichnen, ſo duͤrfen wir nur die
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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/118>, abgerufen am 22.11.2024.
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