Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.9. Der Alte wiegt sein zweifelreiches haupt,Wie wenn man euch ein wunderding erzählet, Wovon ihr nichts im herzen glaubt, Wiewohl euch grund es wegzuläugnen fehlet. Was denkst du, frägt der Ritter. -- Das ists just, Was mich verlegen macht, versezt der Unverliebte: Ich hätte freylich wohl zu manchem einwurf lust; Allein was halfs am end, als daß ich euch betrübte? 10. Nur, vor der hand, weil euer fürstlich wortEuch einmal gegen Karl verbindet, So, dächt' ich, sezten wir den zug nach Bagdad fort. Vielleicht daß unterwegs der zauber wieder schwindet; Vielleicht auch daß der Zwerg sein bestes thut Und unversehens sich die Traumprinzeßin findet. Inzwischen, lieber Herr, thut euch die hoffnung gut, So hofft! Man macht dabey zum mindsten rothes blut. 11. Weil dies der Knappe spricht, steht mit gesenkter stirneDer Ritter da; denn plözlich hatte sich In seinem liebeskranken hirne Die scene umgekehrt. Ach, spricht er, täusche mich Nicht auch mit falschem trost! feindselige gestirne Sind über mir. Was kann ich hoffen, sprich? Der sturm, der sie von meiner brust gerissen, Läßt, leider, mich zuviel von meinem schiksal wissen. 12. Ent- E 5
9. Der Alte wiegt ſein zweifelreiches haupt,Wie wenn man euch ein wunderding erzaͤhlet, Wovon ihr nichts im herzen glaubt, Wiewohl euch grund es wegzulaͤugnen fehlet. Was denkſt du, fraͤgt der Ritter. — Das iſts juſt, Was mich verlegen macht, verſezt der Unverliebte: Ich haͤtte freylich wohl zu manchem einwurf luſt; Allein was halfs am end, als daß ich euch betruͤbte? 10. Nur, vor der hand, weil euer fuͤrſtlich wortEuch einmal gegen Karl verbindet, So, daͤcht' ich, ſezten wir den zug nach Bagdad fort. Vielleicht daß unterwegs der zauber wieder ſchwindet; Vielleicht auch daß der Zwerg ſein beſtes thut Und unverſehens ſich die Traumprinzeßin findet. Inzwiſchen, lieber Herr, thut euch die hoffnung gut, So hofft! Man macht dabey zum mindſten rothes blut. 11. Weil dies der Knappe ſpricht, ſteht mit geſenkter ſtirneDer Ritter da; denn ploͤzlich hatte ſich In ſeinem liebeskranken hirne Die ſcene umgekehrt. Ach, ſpricht er, taͤuſche mich Nicht auch mit falſchem troſt! feindſelige geſtirne Sind uͤber mir. Was kann ich hoffen, ſprich? Der ſturm, der ſie von meiner bruſt geriſſen, Laͤßt, leider, mich zuviel von meinem ſchikſal wiſſen. 12. Ent- E 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0079"/> <lg n="9"> <head> <hi rendition="#c">9.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">D</hi>er Alte wiegt ſein zweifelreiches haupt,</l><lb/> <l>Wie wenn man euch ein wunderding erzaͤhlet,</l><lb/> <l>Wovon ihr nichts im herzen glaubt,</l><lb/> <l>Wiewohl euch grund es wegzulaͤugnen fehlet.</l><lb/> <l>Was denkſt du, fraͤgt der Ritter. — Das iſts juſt,</l><lb/> <l>Was mich verlegen macht, verſezt der Unverliebte:</l><lb/> <l>Ich haͤtte freylich wohl zu manchem einwurf luſt;</l><lb/> <l>Allein was halfs am end, als daß ich euch betruͤbte?</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <head> <hi rendition="#c">10.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">N</hi>ur, vor der hand, weil euer fuͤrſtlich wort</l><lb/> <l>Euch einmal gegen Karl verbindet,</l><lb/> <l>So, daͤcht' ich, ſezten wir den zug nach Bagdad fort.</l><lb/> <l>Vielleicht daß unterwegs der zauber wieder ſchwindet;</l><lb/> <l>Vielleicht auch daß der Zwerg ſein beſtes thut</l><lb/> <l>Und unverſehens ſich die Traumprinzeßin findet.</l><lb/> <l>Inzwiſchen, lieber Herr, thut euch die hoffnung gut,</l><lb/> <l>So hofft! Man macht dabey zum mindſten rothes blut.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <head> <hi rendition="#c">11.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">W</hi>eil dies der Knappe ſpricht, ſteht mit geſenkter ſtirne</l><lb/> <l>Der Ritter da; denn ploͤzlich hatte ſich</l><lb/> <l>In ſeinem liebeskranken hirne</l><lb/> <l>Die ſcene umgekehrt. Ach, ſpricht er, taͤuſche mich</l><lb/> <l>Nicht auch mit falſchem troſt! feindſelige geſtirne</l><lb/> <l>Sind uͤber mir. Was kann ich hoffen, ſprich?</l><lb/> <l>Der ſturm, der ſie von meiner bruſt geriſſen,</l><lb/> <l>Laͤßt, leider, mich zuviel von meinem ſchikſal wiſſen.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">E 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">12. Ent-</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0079]
9.
Der Alte wiegt ſein zweifelreiches haupt,
Wie wenn man euch ein wunderding erzaͤhlet,
Wovon ihr nichts im herzen glaubt,
Wiewohl euch grund es wegzulaͤugnen fehlet.
Was denkſt du, fraͤgt der Ritter. — Das iſts juſt,
Was mich verlegen macht, verſezt der Unverliebte:
Ich haͤtte freylich wohl zu manchem einwurf luſt;
Allein was halfs am end, als daß ich euch betruͤbte?
10.
Nur, vor der hand, weil euer fuͤrſtlich wort
Euch einmal gegen Karl verbindet,
So, daͤcht' ich, ſezten wir den zug nach Bagdad fort.
Vielleicht daß unterwegs der zauber wieder ſchwindet;
Vielleicht auch daß der Zwerg ſein beſtes thut
Und unverſehens ſich die Traumprinzeßin findet.
Inzwiſchen, lieber Herr, thut euch die hoffnung gut,
So hofft! Man macht dabey zum mindſten rothes blut.
11.
Weil dies der Knappe ſpricht, ſteht mit geſenkter ſtirne
Der Ritter da; denn ploͤzlich hatte ſich
In ſeinem liebeskranken hirne
Die ſcene umgekehrt. Ach, ſpricht er, taͤuſche mich
Nicht auch mit falſchem troſt! feindſelige geſtirne
Sind uͤber mir. Was kann ich hoffen, ſprich?
Der ſturm, der ſie von meiner bruſt geriſſen,
Laͤßt, leider, mich zuviel von meinem ſchikſal wiſſen.
12. Ent-
E 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |