Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.45. Kurz, Angela mit allen ihren reitzenIst ihm vergebens schön und jung; Und, ferne -- nach verlängerung Der holden gegenwart zu geitzen, Wünscht er mit jedem augenblick In ihres bräut'gams arm recht herzlich sie zurück, Und kann zuletzt sich nicht entbrechen, Da Sie nichts sagt, ihr selbst davon zu sprechen. 46. Kaum daß er ihr dazu geleit und schutz versprach,Und ihre lippen sich in dank dafür ergossen: Als ein getös von reisigen und rossen In hof der burg, sie plötzlich unterbrach. Schon trampelts laut die langen wendelstiegen Herauf. Die junge frau erschrickt -- "wer kann es seyn? Doch bald zerschmilzt ihr schrecken in vergnügen, Denn siehe da! Alexis tritt herein. 47. Ihm war zwar, etwas spät, zu sinneGestiegen, daß es ihm nicht allzurühmlich sey Wenn Hüon seine braut dem riesen abgewinne, Indessen, weit vom schuß, mit seiner reiterey Er, ihr gemahl, im schatten, frank und frey, Sein zärtlich blut mit palmenwein verdünne: Auch konnte ja (wer wird dafür ihm stehen?) Der Ritter gar davon mit seinem Engel gehen. 48. Dem-
45. Kurz, Angela mit allen ihren reitzenIſt ihm vergebens ſchoͤn und jung; Und, ferne — nach verlaͤngerung Der holden gegenwart zu geitzen, Wuͤnſcht er mit jedem augenblick In ihres braͤut'gams arm recht herzlich ſie zuruͤck, Und kann zuletzt ſich nicht entbrechen, Da Sie nichts ſagt, ihr ſelbſt davon zu ſprechen. 46. Kaum daß er ihr dazu geleit und ſchutz verſprach,Und ihre lippen ſich in dank dafuͤr ergoſſen: Als ein getoͤs von reiſigen und roſſen In hof der burg, ſie ploͤtzlich unterbrach. Schon trampelts laut die langen wendelſtiegen Herauf. Die junge frau erſchrickt — „wer kann es ſeyn? Doch bald zerſchmilzt ihr ſchrecken in vergnuͤgen, Denn ſiehe da! Alexis tritt herein. 47. Ihm war zwar, etwas ſpaͤt, zu ſinneGeſtiegen, daß es ihm nicht allzuruͤhmlich ſey Wenn Huͤon ſeine braut dem rieſen abgewinne, Indeſſen, weit vom ſchuß, mit ſeiner reiterey Er, ihr gemahl, im ſchatten, frank und frey, Sein zaͤrtlich blut mit palmenwein verduͤnne: Auch konnte ja (wer wird dafuͤr ihm ſtehen?) Der Ritter gar davon mit ſeinem Engel gehen. 48. Dem-
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45.
Kurz, Angela mit allen ihren reitzen
Iſt ihm vergebens ſchoͤn und jung;
Und, ferne — nach verlaͤngerung
Der holden gegenwart zu geitzen,
Wuͤnſcht er mit jedem augenblick
In ihres braͤut'gams arm recht herzlich ſie zuruͤck,
Und kann zuletzt ſich nicht entbrechen,
Da Sie nichts ſagt, ihr ſelbſt davon zu ſprechen.
46.
Kaum daß er ihr dazu geleit und ſchutz verſprach,
Und ihre lippen ſich in dank dafuͤr ergoſſen:
Als ein getoͤs von reiſigen und roſſen
In hof der burg, ſie ploͤtzlich unterbrach.
Schon trampelts laut die langen wendelſtiegen
Herauf. Die junge frau erſchrickt — „wer kann es ſeyn?
Doch bald zerſchmilzt ihr ſchrecken in vergnuͤgen,
Denn ſiehe da! Alexis tritt herein.
47.
Ihm war zwar, etwas ſpaͤt, zu ſinne
Geſtiegen, daß es ihm nicht allzuruͤhmlich ſey
Wenn Huͤon ſeine braut dem rieſen abgewinne,
Indeſſen, weit vom ſchuß, mit ſeiner reiterey
Er, ihr gemahl, im ſchatten, frank und frey,
Sein zaͤrtlich blut mit palmenwein verduͤnne:
Auch konnte ja (wer wird dafuͤr ihm ſtehen?)
Der Ritter gar davon mit ſeinem Engel gehen.
48. Dem-
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