Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.9. Wie selig, denkt er, wär's in diesen hütten wohnen,Vergeblicher wunsch! Ihn ruft sein schicksal anderwärts. Der abend winkt. Beym scheiden wallt sein herz, Und, um dem guten volk das freundliche mahl zu lohnen, Wirft Hüon eine handvoll gold Der wirthin in den schoos. Allein die glücklichen wußten Nicht was es war, und übten das gastrecht ohne sold, So daß die herrn ihr gold nur wieder nehmen mußten. 10. Nun ritten sie, bis endlich, da der tagZu dämmern izt begann, ein wald vor ihnen lag. Freund, spricht der Paladin zum Alten, Mich brennt's wie feu'r bis ich dem Kayser wort gehalten. Den nächsten weg nach Bagdad wolltest du Mich führen? Mir ists, ich sey vier jahre schon geritten. Den nächsten weg, versezt sein spießgesell, geht mitten Durch diesen wald; allein, ich rath euch nicht dazu. 11. Man spricht nicht gut von ihm; zum wenigsten noch keinerDer sich hinein gewagt, kam jemals wieder 'raus. Ihr lächelt? Glaubt mirs, herr, ein übellauniger kleiner Boshafter Kobolt hält in diesem walde haus. Es wimmelt drinn von füchsen, hirschen, rehen, Die menschen waren so gut als wir. Der himmel weiß in welches wilde thier Wir, eh es morgen wird, uns umgekleidet sehen. 12. Geht
9. Wie ſelig, denkt er, waͤr's in dieſen huͤtten wohnen,Vergeblicher wunſch! Ihn ruft ſein ſchickſal anderwaͤrts. Der abend winkt. Beym ſcheiden wallt ſein herz, Und, um dem guten volk das freundliche mahl zu lohnen, Wirft Huͤon eine handvoll gold Der wirthin in den ſchoos. Allein die gluͤcklichen wußten Nicht was es war, und uͤbten das gaſtrecht ohne ſold, So daß die herrn ihr gold nur wieder nehmen mußten. 10. Nun ritten ſie, bis endlich, da der tagZu daͤmmern izt begann, ein wald vor ihnen lag. Freund, ſpricht der Paladin zum Alten, Mich brennt's wie feu'r bis ich dem Kayſer wort gehalten. Den naͤchſten weg nach Bagdad wollteſt du Mich fuͤhren? Mir iſts, ich ſey vier jahre ſchon geritten. Den naͤchſten weg, verſezt ſein ſpießgeſell, geht mitten Durch dieſen wald; allein, ich rath euch nicht dazu. 11. Man ſpricht nicht gut von ihm; zum wenigſten noch keinerDer ſich hinein gewagt, kam jemals wieder 'raus. Ihr laͤchelt? Glaubt mirs, herr, ein uͤbellauniger kleiner Boshafter Kobolt haͤlt in dieſem walde haus. Es wimmelt drinn von fuͤchſen, hirſchen, rehen, Die menſchen waren ſo gut als wir. Der himmel weiß in welches wilde thier Wir, eh es morgen wird, uns umgekleidet ſehen. 12. Geht
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0037"/> <lg n="9"> <head> <hi rendition="#c">9.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">W</hi>ie ſelig, denkt er, waͤr's in dieſen huͤtten wohnen,</l><lb/> <l>Vergeblicher wunſch! Ihn ruft ſein ſchickſal anderwaͤrts.</l><lb/> <l>Der abend winkt. Beym ſcheiden wallt ſein herz,</l><lb/> <l>Und, um dem guten volk das freundliche mahl zu lohnen,</l><lb/> <l>Wirft Huͤon eine handvoll gold</l><lb/> <l>Der wirthin in den ſchoos. Allein die gluͤcklichen wußten</l><lb/> <l>Nicht was es war, und uͤbten das gaſtrecht ohne ſold,</l><lb/> <l>So daß die herrn ihr gold nur wieder nehmen mußten.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <head> <hi rendition="#c">10.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">N</hi>un ritten ſie, bis endlich, da der tag</l><lb/> <l>Zu daͤmmern izt begann, ein wald vor ihnen lag.</l><lb/> <l>Freund, ſpricht der Paladin zum Alten,</l><lb/> <l>Mich brennt's wie feu'r bis ich dem Kayſer wort gehalten.</l><lb/> <l>Den naͤchſten weg nach Bagdad wollteſt du</l><lb/> <l>Mich fuͤhren? Mir iſts, ich ſey vier jahre ſchon geritten.</l><lb/> <l>Den naͤchſten weg, verſezt ſein ſpießgeſell, geht mitten</l><lb/> <l>Durch dieſen wald; allein, ich rath euch nicht dazu.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <head> <hi rendition="#c">11.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">M</hi>an ſpricht nicht gut von ihm; zum wenigſten noch keiner</l><lb/> <l>Der ſich hinein gewagt, kam jemals wieder 'raus.</l><lb/> <l>Ihr laͤchelt? Glaubt mirs, herr, ein uͤbellauniger kleiner</l><lb/> <l>Boshafter Kobolt haͤlt in dieſem walde haus.</l><lb/> <l>Es wimmelt drinn von fuͤchſen, hirſchen, rehen,</l><lb/> <l>Die menſchen waren ſo gut als wir.</l><lb/> <l>Der himmel weiß in welches wilde thier</l><lb/> <l>Wir, eh es morgen wird, uns umgekleidet ſehen.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">12. Geht</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0037]
9.
Wie ſelig, denkt er, waͤr's in dieſen huͤtten wohnen,
Vergeblicher wunſch! Ihn ruft ſein ſchickſal anderwaͤrts.
Der abend winkt. Beym ſcheiden wallt ſein herz,
Und, um dem guten volk das freundliche mahl zu lohnen,
Wirft Huͤon eine handvoll gold
Der wirthin in den ſchoos. Allein die gluͤcklichen wußten
Nicht was es war, und uͤbten das gaſtrecht ohne ſold,
So daß die herrn ihr gold nur wieder nehmen mußten.
10.
Nun ritten ſie, bis endlich, da der tag
Zu daͤmmern izt begann, ein wald vor ihnen lag.
Freund, ſpricht der Paladin zum Alten,
Mich brennt's wie feu'r bis ich dem Kayſer wort gehalten.
Den naͤchſten weg nach Bagdad wollteſt du
Mich fuͤhren? Mir iſts, ich ſey vier jahre ſchon geritten.
Den naͤchſten weg, verſezt ſein ſpießgeſell, geht mitten
Durch dieſen wald; allein, ich rath euch nicht dazu.
11.
Man ſpricht nicht gut von ihm; zum wenigſten noch keiner
Der ſich hinein gewagt, kam jemals wieder 'raus.
Ihr laͤchelt? Glaubt mirs, herr, ein uͤbellauniger kleiner
Boshafter Kobolt haͤlt in dieſem walde haus.
Es wimmelt drinn von fuͤchſen, hirſchen, rehen,
Die menſchen waren ſo gut als wir.
Der himmel weiß in welches wilde thier
Wir, eh es morgen wird, uns umgekleidet ſehen.
12. Geht
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |