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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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66.
Er springt herab, drängt durch den tollen reigen
Mit Fatme, die ihm folgte, sich hinan,
Den Liebenden von ihrem Throne steigen
Zu helfen, und sie im Triumfe zu empfahn.
Groß war die freude -- Doch, sie schwoll noch höher an,
Da sie den wohlbekannten Wagen,
Von Schwanen, durch die luft, stets niedriger, getragen,
Zu ihren füßen nun auf einmal halten sahn.
67.
Sie stiegen eilends ein -- Die Mohren mögen tanzen
So lang es Oberon gefällt!
(Wiewohl der Alte raspeln oder schanzen
Für eine beßre kurzweil hält.)
Der lüftge Faeton fliegt, leicht und ohne schwanken,
Sanft wie der schlaf, und schneller als gedanken,
Mit ihnen über land und meer,
Und silberwölkchen wehn, wie fächer, um sie her.
68.
Schon tauchte sich auf bergen und auf hügeln
Die Dämmerung in ungewissen duft;
Schon sahen sie den Mond in manchem see sich spiegeln,
Und immer stiller wards im weiten Reich der luft;
Die Schwanen ließen izt mit sinkendem gefieder
Allmählich sich bis auf die erde nieder:
Als plözlich, wie aus abendrot gewebt,
Ein schimmernder Pallast vor ihren Augen schwebt.
69. In
66.
Er ſpringt herab, draͤngt durch den tollen reigen
Mit Fatme, die ihm folgte, ſich hinan,
Den Liebenden von ihrem Throne ſteigen
Zu helfen, und ſie im Triumfe zu empfahn.
Groß war die freude — Doch, ſie ſchwoll noch hoͤher an,
Da ſie den wohlbekannten Wagen,
Von Schwanen, durch die luft, ſtets niedriger, getragen,
Zu ihren fuͤßen nun auf einmal halten ſahn.
67.
Sie ſtiegen eilends ein — Die Mohren moͤgen tanzen
So lang es Oberon gefaͤllt!
(Wiewohl der Alte raſpeln oder ſchanzen
Fuͤr eine beßre kurzweil haͤlt.)
Der luͤftge Faeton fliegt, leicht und ohne ſchwanken,
Sanft wie der ſchlaf, und ſchneller als gedanken,
Mit ihnen uͤber land und meer,
Und ſilberwoͤlkchen wehn, wie faͤcher, um ſie her.
68.
Schon tauchte ſich auf bergen und auf huͤgeln
Die Daͤmmerung in ungewiſſen duft;
Schon ſahen ſie den Mond in manchem ſee ſich ſpiegeln,
Und immer ſtiller wards im weiten Reich der luft;
Die Schwanen ließen izt mit ſinkendem gefieder
Allmaͤhlich ſich bis auf die erde nieder:
Als ploͤzlich, wie aus abendrot gewebt,
Ein ſchimmernder Pallaſt vor ihren Augen ſchwebt.
69. In
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[0310] 66. Er ſpringt herab, draͤngt durch den tollen reigen Mit Fatme, die ihm folgte, ſich hinan, Den Liebenden von ihrem Throne ſteigen Zu helfen, und ſie im Triumfe zu empfahn. Groß war die freude — Doch, ſie ſchwoll noch hoͤher an, Da ſie den wohlbekannten Wagen, Von Schwanen, durch die luft, ſtets niedriger, getragen, Zu ihren fuͤßen nun auf einmal halten ſahn. 67. Sie ſtiegen eilends ein — Die Mohren moͤgen tanzen So lang es Oberon gefaͤllt! (Wiewohl der Alte raſpeln oder ſchanzen Fuͤr eine beßre kurzweil haͤlt.) Der luͤftge Faeton fliegt, leicht und ohne ſchwanken, Sanft wie der ſchlaf, und ſchneller als gedanken, Mit ihnen uͤber land und meer, Und ſilberwoͤlkchen wehn, wie faͤcher, um ſie her. 68. Schon tauchte ſich auf bergen und auf huͤgeln Die Daͤmmerung in ungewiſſen duft; Schon ſahen ſie den Mond in manchem ſee ſich ſpiegeln, Und immer ſtiller wards im weiten Reich der luft; Die Schwanen ließen izt mit ſinkendem gefieder Allmaͤhlich ſich bis auf die erde nieder: Als ploͤzlich, wie aus abendrot gewebt, Ein ſchimmernder Pallaſt vor ihren Augen ſchwebt. 69. In

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/310>, abgerufen am 28.11.2024.