Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite
15.
Was er am wenigsten sich überreden kann,
Ist, daß man hier, wo alles um und an
Von blumen strozt, noch blumen nöthig hätte;
Doch, wie sein auge nun auf alle seiten irrt,
O wer beschreibt wie ihm zu mute wird,
Da ihm auf einem ruhebette
Sich eine Nymf' aus Mahoms Paradies
Im vollen Glanz der reinsten Schönheit wies!
16.
In einem licht, das zauberisch von oben
Wie eine Glorie auf sie herunterströmt,
Und, durch die dunkelheit des übrigen erhoben,
Mit ihres Busens schnee die lilien beschämt:
In einer lage, die ihm reizungen entfaltet
Wie seine augen nie so schön entschleyert sahn;
Mehr werth als alles, was zum Farren und zum Schwan
Den Jupiter der Griechen umgestaltet.
17.
Die Gase, die nur, wie ein leichter schatten
Auf einem Alabasterbild,
Sie hier und da umwallet, nicht verhüllt,
Scheint mit der naktheit selbst den reiz der schaam zu gatten.
Weg, feder, wo Apell und Titian
Bestürzt den pinsel fallen ließen!
Der Ritter steht, und bebt, und schaut bezaubert an,
Wiewohl ihm besser war die augen zuzuschließen.
18. In
15.
Was er am wenigſten ſich uͤberreden kann,
Iſt, daß man hier, wo alles um und an
Von blumen ſtrozt, noch blumen noͤthig haͤtte;
Doch, wie ſein auge nun auf alle ſeiten irrt,
O wer beſchreibt wie ihm zu mute wird,
Da ihm auf einem ruhebette
Sich eine Nymf' aus Mahoms Paradies
Im vollen Glanz der reinſten Schoͤnheit wies!
16.
In einem licht, das zauberiſch von oben
Wie eine Glorie auf ſie herunterſtroͤmt,
Und, durch die dunkelheit des uͤbrigen erhoben,
Mit ihres Buſens ſchnee die lilien beſchaͤmt:
In einer lage, die ihm reizungen entfaltet
Wie ſeine augen nie ſo ſchoͤn entſchleyert ſahn;
Mehr werth als alles, was zum Farren und zum Schwan
Den Jupiter der Griechen umgeſtaltet.
17.
Die Gaſe, die nur, wie ein leichter ſchatten
Auf einem Alabaſterbild,
Sie hier und da umwallet, nicht verhuͤllt,
Scheint mit der naktheit ſelbſt den reiz der ſchaam zu gatten.
Weg, feder, wo Apell und Titian
Beſtuͤrzt den pinſel fallen ließen!
Der Ritter ſteht, und bebt, und ſchaut bezaubert an,
Wiewohl ihm beſſer war die augen zuzuſchließen.
18. In
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0293"/>
            <lg n="15">
              <head> <hi rendition="#c">15.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">W</hi>as er am wenig&#x017F;ten &#x017F;ich u&#x0364;berreden kann,</l><lb/>
              <l>I&#x017F;t, daß man hier, wo alles um und an</l><lb/>
              <l>Von blumen &#x017F;trozt, noch blumen no&#x0364;thig ha&#x0364;tte;</l><lb/>
              <l>Doch, wie &#x017F;ein auge nun auf alle &#x017F;eiten irrt,</l><lb/>
              <l>O wer be&#x017F;chreibt wie ihm zu mute wird,</l><lb/>
              <l>Da ihm auf einem ruhebette</l><lb/>
              <l>Sich eine Nymf' aus Mahoms Paradies</l><lb/>
              <l>Im vollen Glanz der rein&#x017F;ten Scho&#x0364;nheit wies!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="16">
              <head> <hi rendition="#c">16.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">I</hi>n einem licht, das zauberi&#x017F;ch von oben</l><lb/>
              <l>Wie eine Glorie auf &#x017F;ie herunter&#x017F;tro&#x0364;mt,</l><lb/>
              <l>Und, durch die dunkelheit des u&#x0364;brigen erhoben,</l><lb/>
              <l>Mit ihres Bu&#x017F;ens &#x017F;chnee die lilien be&#x017F;cha&#x0364;mt:</l><lb/>
              <l>In einer lage, die ihm reizungen entfaltet</l><lb/>
              <l>Wie &#x017F;eine augen nie &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n ent&#x017F;chleyert &#x017F;ahn;</l><lb/>
              <l>Mehr werth als alles, was zum Farren und zum Schwan</l><lb/>
              <l>Den Jupiter der Griechen umge&#x017F;taltet.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="17">
              <head> <hi rendition="#c">17.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">D</hi>ie Ga&#x017F;e, die nur, wie ein leichter &#x017F;chatten</l><lb/>
              <l>Auf einem Alaba&#x017F;terbild,</l><lb/>
              <l>Sie hier und da umwallet, nicht verhu&#x0364;llt,</l><lb/>
              <l>Scheint mit der naktheit &#x017F;elb&#x017F;t den reiz der &#x017F;chaam zu gatten.</l><lb/>
              <l>Weg, feder, wo Apell und Titian</l><lb/>
              <l>Be&#x017F;tu&#x0364;rzt den pin&#x017F;el fallen ließen!</l><lb/>
              <l>Der Ritter &#x017F;teht, und bebt, und &#x017F;chaut bezaubert an,</l><lb/>
              <l>Wiewohl ihm be&#x017F;&#x017F;er war die augen zuzu&#x017F;chließen.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">18. In</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0293] 15. Was er am wenigſten ſich uͤberreden kann, Iſt, daß man hier, wo alles um und an Von blumen ſtrozt, noch blumen noͤthig haͤtte; Doch, wie ſein auge nun auf alle ſeiten irrt, O wer beſchreibt wie ihm zu mute wird, Da ihm auf einem ruhebette Sich eine Nymf' aus Mahoms Paradies Im vollen Glanz der reinſten Schoͤnheit wies! 16. In einem licht, das zauberiſch von oben Wie eine Glorie auf ſie herunterſtroͤmt, Und, durch die dunkelheit des uͤbrigen erhoben, Mit ihres Buſens ſchnee die lilien beſchaͤmt: In einer lage, die ihm reizungen entfaltet Wie ſeine augen nie ſo ſchoͤn entſchleyert ſahn; Mehr werth als alles, was zum Farren und zum Schwan Den Jupiter der Griechen umgeſtaltet. 17. Die Gaſe, die nur, wie ein leichter ſchatten Auf einem Alabaſterbild, Sie hier und da umwallet, nicht verhuͤllt, Scheint mit der naktheit ſelbſt den reiz der ſchaam zu gatten. Weg, feder, wo Apell und Titian Beſtuͤrzt den pinſel fallen ließen! Der Ritter ſteht, und bebt, und ſchaut bezaubert an, Wiewohl ihm beſſer war die augen zuzuſchließen. 18. In

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/293
Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/293>, abgerufen am 24.11.2024.