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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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39.
Wozu, versezt mit schuldbewußten wangen
Die junge Frau, und zieht den schwanenarm,
Womit sie um den gürtel ihn umfangen,
Mißmuthig weg -- wozu, versezt sie rasch und warm,
All diese Litaney? Womit in meinem leben
Hab ich dazu gelegenheit gegeben?
Wie? soll ich glauben, daß dein herz an meiner treu'
Nur einen augenblik zu zweifeln fähig sey?
40.
Unglükliche! ist dies für alle meine liebe
Zulezt der lohn? Wem gab ich ganz mich hin?
Der unschuld ersten kuß, der jugend erste triebe,
Wer hatte sie? -- und ach! daß ich zu zärtlich bin
Ist mein verbrechen nun! Ein herz ist ihm verdächtig
Das keinen andern kennt, für ihn nur stärker schlug!
Hoffärtger, hast du nicht an diesem sieg genug?
Auch quälen mußt du mich? O grausam! niederträchtig!
41.
Hier hielt sie ihn, als ob der übermäßge schmerz
Die stimm' in ihrer brust erstikte;
Und schluchzend fiel der Greis ihr um den hals und drükte
Das treue weib reumüthig an sein herz.
O weine nicht, mein Liebchen, o verzeyhe
Was Liebe nur gefehlt! Ich wollte nicht verdruß
Dir machen; o verzeyh, und gieb mir einen kuß,
Bey Gott, ich zweifle nicht an meines Röschens treue!
42. So
39.
Wozu, verſezt mit ſchuldbewußten wangen
Die junge Frau, und zieht den ſchwanenarm,
Womit ſie um den guͤrtel ihn umfangen,
Mißmuthig weg — wozu, verſezt ſie raſch und warm,
All dieſe Litaney? Womit in meinem leben
Hab ich dazu gelegenheit gegeben?
Wie? ſoll ich glauben, daß dein herz an meiner treu'
Nur einen augenblik zu zweifeln faͤhig ſey?
40.
Ungluͤkliche! iſt dies fuͤr alle meine liebe
Zulezt der lohn? Wem gab ich ganz mich hin?
Der unſchuld erſten kuß, der jugend erſte triebe,
Wer hatte ſie? — und ach! daß ich zu zaͤrtlich bin
Iſt mein verbrechen nun! Ein herz iſt ihm verdaͤchtig
Das keinen andern kennt, fuͤr ihn nur ſtaͤrker ſchlug!
Hoffaͤrtger, haſt du nicht an dieſem ſieg genug?
Auch quaͤlen mußt du mich? O grauſam! niedertraͤchtig!
41.
Hier hielt ſie ihn, als ob der uͤbermaͤßge ſchmerz
Die ſtimm' in ihrer bruſt erſtikte;
Und ſchluchzend fiel der Greis ihr um den hals und druͤkte
Das treue weib reumuͤthig an ſein herz.
O weine nicht, mein Liebchen, o verzeyhe
Was Liebe nur gefehlt! Ich wollte nicht verdruß
Dir machen; o verzeyh, und gieb mir einen kuß,
Bey Gott, ich zweifle nicht an meines Roͤschens treue!
42. So
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[0152] 39. Wozu, verſezt mit ſchuldbewußten wangen Die junge Frau, und zieht den ſchwanenarm, Womit ſie um den guͤrtel ihn umfangen, Mißmuthig weg — wozu, verſezt ſie raſch und warm, All dieſe Litaney? Womit in meinem leben Hab ich dazu gelegenheit gegeben? Wie? ſoll ich glauben, daß dein herz an meiner treu' Nur einen augenblik zu zweifeln faͤhig ſey? 40. Ungluͤkliche! iſt dies fuͤr alle meine liebe Zulezt der lohn? Wem gab ich ganz mich hin? Der unſchuld erſten kuß, der jugend erſte triebe, Wer hatte ſie? — und ach! daß ich zu zaͤrtlich bin Iſt mein verbrechen nun! Ein herz iſt ihm verdaͤchtig Das keinen andern kennt, fuͤr ihn nur ſtaͤrker ſchlug! Hoffaͤrtger, haſt du nicht an dieſem ſieg genug? Auch quaͤlen mußt du mich? O grauſam! niedertraͤchtig! 41. Hier hielt ſie ihn, als ob der uͤbermaͤßge ſchmerz Die ſtimm' in ihrer bruſt erſtikte; Und ſchluchzend fiel der Greis ihr um den hals und druͤkte Das treue weib reumuͤthig an ſein herz. O weine nicht, mein Liebchen, o verzeyhe Was Liebe nur gefehlt! Ich wollte nicht verdruß Dir machen; o verzeyh, und gieb mir einen kuß, Bey Gott, ich zweifle nicht an meines Roͤschens treue! 42. So

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/152>, abgerufen am 27.11.2024.