Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767.Agathon. tete ihm der Kaufmann als eine Neuigkeit, welchewürklich die Aufmerksamkeit aller Europäischen Grie- chen beschäftigte, die ausserordentliche Gunst, worinn Plato bey dem jüngern Dionysius zu Syracus stehe; die philosophische Bekehrung dieses Prinzen; und die grossen Erwartungen, mit welchen Sicilien den glük- seligen Zeiten entgegensehe, die eine so wundervolle Veränderung verspreche. Er endigte damit, daß er den Agathon einlud, wofern ihn keine andre Angelegenheit in Smyrna zurükhielte, ihm nach Syracus zu folgen, welches nunmehr im Begriff sey, der Sammelplaz der Weisesten und Tugendhaftesten zu werden. Er meldete ihm dabey, daß sein Schiff, welches er mit Asiatischen Waaren beladen hatte, bereit sey, noch diesen Abend ab- zusegeln. Ein Funke, der in eine Pulvermine fällt, richtet bens
Agathon. tete ihm der Kaufmann als eine Neuigkeit, welchewuͤrklich die Aufmerkſamkeit aller Europaͤiſchen Grie- chen beſchaͤftigte, die auſſerordentliche Gunſt, worinn Plato bey dem juͤngern Dionyſius zu Syracus ſtehe; die philoſophiſche Bekehrung dieſes Prinzen; und die groſſen Erwartungen, mit welchen Sicilien den gluͤk- ſeligen Zeiten entgegenſehe, die eine ſo wundervolle Veraͤnderung verſpreche. Er endigte damit, daß er den Agathon einlud, wofern ihn keine andre Angelegenheit in Smyrna zuruͤkhielte, ihm nach Syracus zu folgen, welches nunmehr im Begriff ſey, der Sammelplaz der Weiſeſten und Tugendhafteſten zu werden. Er meldete ihm dabey, daß ſein Schiff, welches er mit Aſiatiſchen Waaren beladen hatte, bereit ſey, noch dieſen Abend ab- zuſegeln. Ein Funke, der in eine Pulvermine faͤllt, richtet bens
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Agathon.
tete ihm der Kaufmann als eine Neuigkeit, welche
wuͤrklich die Aufmerkſamkeit aller Europaͤiſchen Grie-
chen beſchaͤftigte, die auſſerordentliche Gunſt, worinn
Plato bey dem juͤngern Dionyſius zu Syracus ſtehe;
die philoſophiſche Bekehrung dieſes Prinzen; und die
groſſen Erwartungen, mit welchen Sicilien den gluͤk-
ſeligen Zeiten entgegenſehe, die eine ſo wundervolle
Veraͤnderung verſpreche. Er endigte damit, daß er den
Agathon einlud, wofern ihn keine andre Angelegenheit
in Smyrna zuruͤkhielte, ihm nach Syracus zu folgen,
welches nunmehr im Begriff ſey, der Sammelplaz der
Weiſeſten und Tugendhafteſten zu werden. Er meldete
ihm dabey, daß ſein Schiff, welches er mit Aſiatiſchen
Waaren beladen hatte, bereit ſey, noch dieſen Abend ab-
zuſegeln.
Ein Funke, der in eine Pulvermine faͤllt, richtet
keine ploͤzlichere Entzuͤndung an, als die Revolution
war, die bey dieſer Nachricht in unſerm Helden vor-
gieng. Seine ganze Seele loderte, wenn wir ſo ſagen
koͤnnen, in einen einzigen Gedanken auf — Aber
was fuͤr ein Gedanke war das! — Plato, ein
Freund des Dionyſius — Dinoyſius, beruͤchtiget
durch die ausſchweiffendeſte Lebens-Art, in welcher ſich
eine durch unumſchraͤnkte Gewalt uͤbermuͤthig gemachte
Jugend dahin ſtuͤrzen kan — der Tyrann Diony-
ſius, ein Liebhaber der Philoſophie, ein Lehrling der
Tugend — und Agathon, ſollte die Bluͤhte ſeines Le-
bens
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Zitationshilfe: | Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon02_1767/54>, abgerufen am 16.07.2024. |