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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767.

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Agathon.
machen, sich selbst so vollkommen vergessen, daß er
nicht reicher aus Syracus gegangen wäre, als er gewe-
sen war, da er Delphi verließ, oder da er aus Athen
verbannt wurde; wenn ihm nicht zu gutem Glüke,
bald nach seiner Erhebung zu einer Würde, welche ihm
in allen Griechischen Staaten kein geringes Ansehen gab,
ein Theil seines väterlichen Vermögens wieder zugefal-
len wäre. Die Athenienser waren damals eben zu ge-
wissen Handlungs-Absichten der Freundschaft des Königs
Dionys benöthiget; und fanden daher für gut, ehe sie
sich um die Vermittlung Agathons bewarben, ihm durch
ihre Abgesandte ein Decret überreichen zu lassen, kraft
dessen nicht nur sein Verbannungs-Urtheil aufgehoben,
sondern auch der ganze Proceß, wodurch er ehmals
seines väterlichen Erbguts beraubt worden war, cassiert,
und der unrechtmässige Jnnhaber desselben verurtheilt
wurde, ihm alles unverzüglich wieder abzutreten. Aga-
thon hatte zwar großmüthiger Weise nur die Hälfte da-
von angenommen; und diese war nicht so beträchtlich,
daß sie für die Bedürfnisse eines Alcibiades oder Hippias
zureichend gewesen wäre: Aber es war noch immer
mehr, als ein Weiser selbst von der Secte des Aristip-
pus, nöthig hätte, um frey, gemächlich und angenehm zu
leben; und soviel war für einen Agathon genug.

Unser Held verweilte sich, nach dem er wieder in
Freyheit war, nicht längere Zeit zu Syracus, als er ge-
brauchte, sich von seinen Freunden zu beurlauben.
Dionys, welcher (wie wir wissen) den Ehrgeiz hatte,

alles

Agathon.
machen, ſich ſelbſt ſo vollkommen vergeſſen, daß er
nicht reicher aus Syracus gegangen waͤre, als er gewe-
ſen war, da er Delphi verließ, oder da er aus Athen
verbannt wurde; wenn ihm nicht zu gutem Gluͤke,
bald nach ſeiner Erhebung zu einer Wuͤrde, welche ihm
in allen Griechiſchen Staaten kein geringes Anſehen gab,
ein Theil ſeines vaͤterlichen Vermoͤgens wieder zugefal-
len waͤre. Die Athenienſer waren damals eben zu ge-
wiſſen Handlungs-Abſichten der Freundſchaft des Koͤnigs
Dionys benoͤthiget; und fanden daher fuͤr gut, ehe ſie
ſich um die Vermittlung Agathons bewarben, ihm durch
ihre Abgeſandte ein Decret uͤberreichen zu laſſen, kraft
deſſen nicht nur ſein Verbannungs-Urtheil aufgehoben,
ſondern auch der ganze Proceß, wodurch er ehmals
ſeines vaͤterlichen Erbguts beraubt worden war, caſſiert,
und der unrechtmaͤſſige Jnnhaber deſſelben verurtheilt
wurde, ihm alles unverzuͤglich wieder abzutreten. Aga-
thon hatte zwar großmuͤthiger Weiſe nur die Haͤlfte da-
von angenommen; und dieſe war nicht ſo betraͤchtlich,
daß ſie fuͤr die Beduͤrfniſſe eines Alcibiades oder Hippias
zureichend geweſen waͤre: Aber es war noch immer
mehr, als ein Weiſer ſelbſt von der Secte des Ariſtip-
pus, noͤthig haͤtte, um frey, gemaͤchlich und angenehm zu
leben; und ſoviel war fuͤr einen Agathon genug.

Unſer Held verweilte ſich, nach dem er wieder in
Freyheit war, nicht laͤngere Zeit zu Syracus, als er ge-
brauchte, ſich von ſeinen Freunden zu beurlauben.
Dionys, welcher (wie wir wiſſen) den Ehrgeiz hatte,

alles
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[264/0266] Agathon. machen, ſich ſelbſt ſo vollkommen vergeſſen, daß er nicht reicher aus Syracus gegangen waͤre, als er gewe- ſen war, da er Delphi verließ, oder da er aus Athen verbannt wurde; wenn ihm nicht zu gutem Gluͤke, bald nach ſeiner Erhebung zu einer Wuͤrde, welche ihm in allen Griechiſchen Staaten kein geringes Anſehen gab, ein Theil ſeines vaͤterlichen Vermoͤgens wieder zugefal- len waͤre. Die Athenienſer waren damals eben zu ge- wiſſen Handlungs-Abſichten der Freundſchaft des Koͤnigs Dionys benoͤthiget; und fanden daher fuͤr gut, ehe ſie ſich um die Vermittlung Agathons bewarben, ihm durch ihre Abgeſandte ein Decret uͤberreichen zu laſſen, kraft deſſen nicht nur ſein Verbannungs-Urtheil aufgehoben, ſondern auch der ganze Proceß, wodurch er ehmals ſeines vaͤterlichen Erbguts beraubt worden war, caſſiert, und der unrechtmaͤſſige Jnnhaber deſſelben verurtheilt wurde, ihm alles unverzuͤglich wieder abzutreten. Aga- thon hatte zwar großmuͤthiger Weiſe nur die Haͤlfte da- von angenommen; und dieſe war nicht ſo betraͤchtlich, daß ſie fuͤr die Beduͤrfniſſe eines Alcibiades oder Hippias zureichend geweſen waͤre: Aber es war noch immer mehr, als ein Weiſer ſelbſt von der Secte des Ariſtip- pus, noͤthig haͤtte, um frey, gemaͤchlich und angenehm zu leben; und ſoviel war fuͤr einen Agathon genug. Unſer Held verweilte ſich, nach dem er wieder in Freyheit war, nicht laͤngere Zeit zu Syracus, als er ge- brauchte, ſich von ſeinen Freunden zu beurlauben. Dionys, welcher (wie wir wiſſen) den Ehrgeiz hatte, alles

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon02_1767/266>, abgerufen am 25.11.2024.