Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767.Agathon. test, daß er dich hochachte! Woher sollte denen vonseiner Art die Fähigkeit dazu kommen? Selbst damals, da er am stärksten für dich eingenommen war, liebte er dich aus keinem andern Grunde, als warum er seinen Affen und seine Papagayen liebt -- weil du ihm Kurzweil machtest. Seine Gunst hätte eben so leicht auf einen andern Neuangekommenen fallen können, der die Cither noch besser gespielt hätte als du. Nein, Aga- thon, du bist nicht gemacht, mit solchen Leuten zu leben ziehe dich zurük; du hast genug für deine Ehre gethan. Die Thorheit der neuen Staats-Verwaltung wird die Weisheit der deinigen am besten rechtfertigen. Deine Handlungen, deine Tugenden, und ein ganzes Volk, welches deine Zeiten zurükwünschen, und dein Anden- ken segnen wird, werden dich am besten gegen die Ver- läumdungen und den albernen Tadel eines kleinen Hofes voll Thoren und schelmischer Sclaven vertheidigen, deren Haß dir mehr Ehre macht als ihr Beyfall. Du befin- dest dich in Umständen, in einem unabhängigen Privat- stande mit Würde leben zu können. Deine Freunde zu Tarent werden dich mit ofnen Armen empfangen. Jch wiederhohle es, Agathon, verlaß einen Fürsten, der seiner Sclaven, und Sclaven die eines solchen Fürsten werth sind; und denke nun daran, wie du selbst des Lebens geniessen wollest, nachdem du den Versuch ge- macht, wie schwer, wie gefährlich, und insgemein wie vergeblich es ist, für andrer Glük zu arbeiten. So
Agathon. teſt, daß er dich hochachte! Woher ſollte denen vonſeiner Art die Faͤhigkeit dazu kommen? Selbſt damals, da er am ſtaͤrkſten fuͤr dich eingenommen war, liebte er dich aus keinem andern Grunde, als warum er ſeinen Affen und ſeine Papagayen liebt ‒‒ weil du ihm Kurzweil machteſt. Seine Gunſt haͤtte eben ſo leicht auf einen andern Neuangekommenen fallen koͤnnen, der die Cither noch beſſer geſpielt haͤtte als du. Nein, Aga- thon, du biſt nicht gemacht, mit ſolchen Leuten zu leben ziehe dich zuruͤk; du haſt genug fuͤr deine Ehre gethan. Die Thorheit der neuen Staats-Verwaltung wird die Weisheit der deinigen am beſten rechtfertigen. Deine Handlungen, deine Tugenden, und ein ganzes Volk, welches deine Zeiten zuruͤkwuͤnſchen, und dein Anden- ken ſegnen wird, werden dich am beſten gegen die Ver- laͤumdungen und den albernen Tadel eines kleinen Hofes voll Thoren und ſchelmiſcher Sclaven vertheidigen, deren Haß dir mehr Ehre macht als ihr Beyfall. Du befin- deſt dich in Umſtaͤnden, in einem unabhaͤngigen Privat- ſtande mit Wuͤrde leben zu koͤnnen. Deine Freunde zu Tarent werden dich mit ofnen Armen empfangen. Jch wiederhohle es, Agathon, verlaß einen Fuͤrſten, der ſeiner Sclaven, und Sclaven die eines ſolchen Fuͤrſten werth ſind; und denke nun daran, wie du ſelbſt des Lebens genieſſen wolleſt, nachdem du den Verſuch ge- macht, wie ſchwer, wie gefaͤhrlich, und insgemein wie vergeblich es iſt, fuͤr andrer Gluͤk zu arbeiten. So
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0250" n="248"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Agathon.</hi></hi></fw><lb/> teſt, daß er dich hochachte! Woher ſollte denen von<lb/> ſeiner Art die Faͤhigkeit dazu kommen? Selbſt damals,<lb/> da er am ſtaͤrkſten fuͤr dich eingenommen war, liebte<lb/> er dich aus keinem andern Grunde, als warum er<lb/> ſeinen Affen und ſeine Papagayen liebt ‒‒ weil du ihm<lb/> Kurzweil machteſt. Seine Gunſt haͤtte eben ſo leicht<lb/> auf einen andern Neuangekommenen fallen koͤnnen, der<lb/> die Cither noch beſſer geſpielt haͤtte als du. Nein, Aga-<lb/> thon, du biſt nicht gemacht, mit ſolchen Leuten zu leben<lb/> ziehe dich zuruͤk; du haſt genug fuͤr deine Ehre gethan.<lb/> Die Thorheit der neuen Staats-Verwaltung wird die<lb/> Weisheit der deinigen am beſten rechtfertigen. Deine<lb/> Handlungen, deine Tugenden, und ein ganzes Volk,<lb/> welches deine Zeiten zuruͤkwuͤnſchen, und dein Anden-<lb/> ken ſegnen wird, werden dich am beſten gegen die Ver-<lb/> laͤumdungen und den albernen Tadel eines kleinen Hofes<lb/> voll Thoren und ſchelmiſcher Sclaven vertheidigen, deren<lb/> Haß dir mehr Ehre macht als ihr Beyfall. Du befin-<lb/> deſt dich in Umſtaͤnden, in einem unabhaͤngigen Privat-<lb/> ſtande mit Wuͤrde leben zu koͤnnen. Deine Freunde zu<lb/> Tarent werden dich mit ofnen Armen empfangen. Jch<lb/> wiederhohle es, Agathon, verlaß einen Fuͤrſten, der<lb/> ſeiner Sclaven, und Sclaven die eines ſolchen Fuͤrſten<lb/> werth ſind; und denke nun daran, wie du ſelbſt des<lb/> Lebens genieſſen wolleſt, nachdem du den Verſuch ge-<lb/> macht, wie ſchwer, wie gefaͤhrlich, und insgemein wie<lb/> vergeblich es iſt, fuͤr andrer Gluͤk zu arbeiten.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [248/0250]
Agathon.
teſt, daß er dich hochachte! Woher ſollte denen von
ſeiner Art die Faͤhigkeit dazu kommen? Selbſt damals,
da er am ſtaͤrkſten fuͤr dich eingenommen war, liebte
er dich aus keinem andern Grunde, als warum er
ſeinen Affen und ſeine Papagayen liebt ‒‒ weil du ihm
Kurzweil machteſt. Seine Gunſt haͤtte eben ſo leicht
auf einen andern Neuangekommenen fallen koͤnnen, der
die Cither noch beſſer geſpielt haͤtte als du. Nein, Aga-
thon, du biſt nicht gemacht, mit ſolchen Leuten zu leben
ziehe dich zuruͤk; du haſt genug fuͤr deine Ehre gethan.
Die Thorheit der neuen Staats-Verwaltung wird die
Weisheit der deinigen am beſten rechtfertigen. Deine
Handlungen, deine Tugenden, und ein ganzes Volk,
welches deine Zeiten zuruͤkwuͤnſchen, und dein Anden-
ken ſegnen wird, werden dich am beſten gegen die Ver-
laͤumdungen und den albernen Tadel eines kleinen Hofes
voll Thoren und ſchelmiſcher Sclaven vertheidigen, deren
Haß dir mehr Ehre macht als ihr Beyfall. Du befin-
deſt dich in Umſtaͤnden, in einem unabhaͤngigen Privat-
ſtande mit Wuͤrde leben zu koͤnnen. Deine Freunde zu
Tarent werden dich mit ofnen Armen empfangen. Jch
wiederhohle es, Agathon, verlaß einen Fuͤrſten, der
ſeiner Sclaven, und Sclaven die eines ſolchen Fuͤrſten
werth ſind; und denke nun daran, wie du ſelbſt des
Lebens genieſſen wolleſt, nachdem du den Verſuch ge-
macht, wie ſchwer, wie gefaͤhrlich, und insgemein wie
vergeblich es iſt, fuͤr andrer Gluͤk zu arbeiten.
So
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |