Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767.Neuntes Buch, fünftes Capitel. haben, wenn er seiner Eingebung gefolget hätte. Abereine andere Stimme (war es seine Eitelkeit, oder der Gedanke ein grosses Vorhaben nicht um einer so gering- fügigen Ursache willen aufzugeben? -- oder war es die Schwachheit, die uns geneigt macht, alle Thorheiten der Grossen, welche Achtung für uns zeigen, mit nach- sichtvollen Augen einzusehen?) flüsterte ihm ein: Daß der Geschmak für die Musik, und die besondere An- muthung für ein gewisses Jnstrument, eine Sache sey, welche von unsrer Organisation abhange; und daß es ihm nur desto leichter seyn werde, sich des Herzens die- ses Prinzen zu versichern, je mehr er von den Geschik- lichkeiten besize, wodurch man seinen Beyfall erhalten könne. Die Gunst, in welche er sich in so kurzer Zeit und Dionys hatte vom Aristipp in der Stille vernommen, nem
Neuntes Buch, fuͤnftes Capitel. haben, wenn er ſeiner Eingebung gefolget haͤtte. Abereine andere Stimme (war es ſeine Eitelkeit, oder der Gedanke ein groſſes Vorhaben nicht um einer ſo gering- fuͤgigen Urſache willen aufzugeben? ‒‒ oder war es die Schwachheit, die uns geneigt macht, alle Thorheiten der Groſſen, welche Achtung fuͤr uns zeigen, mit nach- ſichtvollen Augen einzuſehen?) fluͤſterte ihm ein: Daß der Geſchmak fuͤr die Muſik, und die beſondere An- muthung fuͤr ein gewiſſes Jnſtrument, eine Sache ſey, welche von unſrer Organiſation abhange; und daß es ihm nur deſto leichter ſeyn werde, ſich des Herzens die- ſes Prinzen zu verſichern, je mehr er von den Geſchik- lichkeiten beſize, wodurch man ſeinen Beyfall erhalten koͤnne. Die Gunſt, in welche er ſich in ſo kurzer Zeit und Dionys hatte vom Ariſtipp in der Stille vernommen, nem
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Neuntes Buch, fuͤnftes Capitel.
haben, wenn er ſeiner Eingebung gefolget haͤtte. Aber
eine andere Stimme (war es ſeine Eitelkeit, oder der
Gedanke ein groſſes Vorhaben nicht um einer ſo gering-
fuͤgigen Urſache willen aufzugeben? ‒‒ oder war es die
Schwachheit, die uns geneigt macht, alle Thorheiten
der Groſſen, welche Achtung fuͤr uns zeigen, mit nach-
ſichtvollen Augen einzuſehen?) fluͤſterte ihm ein: Daß
der Geſchmak fuͤr die Muſik, und die beſondere An-
muthung fuͤr ein gewiſſes Jnſtrument, eine Sache ſey,
welche von unſrer Organiſation abhange; und daß es
ihm nur deſto leichter ſeyn werde, ſich des Herzens die-
ſes Prinzen zu verſichern, je mehr er von den Geſchik-
lichkeiten beſize, wodurch man ſeinen Beyfall erhalten
koͤnne.
Die Gunſt, in welche er ſich in ſo kurzer Zeit und
durch ſo zweydeutige Verdienſte bey dem Tyrannen ge-
ſezt, ſtieg bald darauf, bey Gelegenheit einer academi-
ſchen Verſammlung, welche Dionys mit groſſen Feyer-
lichkeiten veranſtaltete, zu einem ſolchen Grade, daß
Philiſtus, der bisher noch zwiſchen Furcht und Hof-
nung geſchwebet hatte, ſeinen Fall nunmehr fuͤr gewiß
hielt.
Dionys hatte vom Ariſtipp in der Stille vernommen,
daß Agathon ehmals ein Schuͤler Platons geweſen, und
waͤhrend ſeines Gluͤksſtandes zu Athen fuͤr einen der groͤſ-
ſeſten Redner in dieſer ſchwazhaften Republik gehalten
worden ſey. Erfreut, eine Vollkommenheit mehr an ſei-
nem
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Zitationshilfe: | Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon02_1767/175>, abgerufen am 16.07.2024. |