len geben werde, als eine ununterbrochene Gegenwart. Ruhig über den Besiz seines Herzens empfahl sie ihm desto eyfriger, sich während ihrer Abwesenheit den Freu- den, welche das reiche nnd wollüstige Smyrna verschaf- fen konnte, zu überlassen, je gewisser sie war, daß sie von dergleichen Zerstreuungen nichts zu beforgen habe.
Allein Agathon hatte bereits angefangen, den Ge- schmak an diesen Lustbarkeiten zu verliehren. So leb- haft, so manchfaltig, so berauschend sie seyn mögen, so sind sie doch nicht fähig einen Geist wie der seinige war, lange einzunehmen. Als eine Beschäftigung betrachtet, können sie es nur für Leute seyn, die sonst zu nichts tau- gen; und Vergnügungen bleiben sie nur so lange als sie neu sind. Je lebhafter sie sind, desto bälder folgen Sättigung und Ermüdung; und alle ihre anscheinende Manchfaltigkeit kan bey einem fortgesezten Gebrauch das Einförmige nicht verbergen, wodurch sie endlich selbst der verdienstlosesten Classe der Weltleute ekelhaft werden. Die Abwesenheit der Danae benahm ihnen vollends noch den einzigen Reiz, den sie noch für ihn gehabt hätten, das Vergnügen sie daran Antheil nehmen zu sehen. Er brachte also bey nahe die ganze Zeit ihrer Abwesenheit in einer Einsamkeit zu, von welcher ihn das heschäftigte Leben zu Athen und die wollüstige Musse zu Smyrna schon etliche Jahre entwöhnet hatten. Hier gieng es ihm anfangs wie denen welche aus einem stark erleuchteten Ort auf einmal ins Dunkle kommen. Seine Seele fühlte
sich
Agathon.
len geben werde, als eine ununterbrochene Gegenwart. Ruhig uͤber den Beſiz ſeines Herzens empfahl ſie ihm deſto eyfriger, ſich waͤhrend ihrer Abweſenheit den Freu- den, welche das reiche nnd wolluͤſtige Smyrna verſchaf- fen konnte, zu uͤberlaſſen, je gewiſſer ſie war, daß ſie von dergleichen Zerſtreuungen nichts zu beforgen habe.
Allein Agathon hatte bereits angefangen, den Ge- ſchmak an dieſen Luſtbarkeiten zu verliehren. So leb- haft, ſo manchfaltig, ſo berauſchend ſie ſeyn moͤgen, ſo ſind ſie doch nicht faͤhig einen Geiſt wie der ſeinige war, lange einzunehmen. Als eine Beſchaͤftigung betrachtet, koͤnnen ſie es nur fuͤr Leute ſeyn, die ſonſt zu nichts tau- gen; und Vergnuͤgungen bleiben ſie nur ſo lange als ſie neu ſind. Je lebhafter ſie ſind, deſto baͤlder folgen Saͤttigung und Ermuͤdung; und alle ihre anſcheinende Manchfaltigkeit kan bey einem fortgeſezten Gebrauch das Einfoͤrmige nicht verbergen, wodurch ſie endlich ſelbſt der verdienſtloſeſten Claſſe der Weltleute ekelhaft werden. Die Abweſenheit der Danae benahm ihnen vollends noch den einzigen Reiz, den ſie noch fuͤr ihn gehabt haͤtten, das Vergnuͤgen ſie daran Antheil nehmen zu ſehen. Er brachte alſo bey nahe die ganze Zeit ihrer Abweſenheit in einer Einſamkeit zu, von welcher ihn das heſchaͤftigte Leben zu Athen und die wolluͤſtige Muſſe zu Smyrna ſchon etliche Jahre entwoͤhnet hatten. Hier gieng es ihm anfangs wie denen welche aus einem ſtark erleuchteten Ort auf einmal ins Dunkle kommen. Seine Seele fuͤhlte
ſich
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Agathon.
len geben werde, als eine ununterbrochene Gegenwart.
Ruhig uͤber den Beſiz ſeines Herzens empfahl ſie ihm
deſto eyfriger, ſich waͤhrend ihrer Abweſenheit den Freu-
den, welche das reiche nnd wolluͤſtige Smyrna verſchaf-
fen konnte, zu uͤberlaſſen, je gewiſſer ſie war, daß ſie
von dergleichen Zerſtreuungen nichts zu beforgen habe.
Allein Agathon hatte bereits angefangen, den Ge-
ſchmak an dieſen Luſtbarkeiten zu verliehren. So leb-
haft, ſo manchfaltig, ſo berauſchend ſie ſeyn moͤgen, ſo
ſind ſie doch nicht faͤhig einen Geiſt wie der ſeinige war,
lange einzunehmen. Als eine Beſchaͤftigung betrachtet,
koͤnnen ſie es nur fuͤr Leute ſeyn, die ſonſt zu nichts tau-
gen; und Vergnuͤgungen bleiben ſie nur ſo lange als ſie
neu ſind. Je lebhafter ſie ſind, deſto baͤlder folgen
Saͤttigung und Ermuͤdung; und alle ihre anſcheinende
Manchfaltigkeit kan bey einem fortgeſezten Gebrauch das
Einfoͤrmige nicht verbergen, wodurch ſie endlich ſelbſt
der verdienſtloſeſten Claſſe der Weltleute ekelhaft werden.
Die Abweſenheit der Danae benahm ihnen vollends noch
den einzigen Reiz, den ſie noch fuͤr ihn gehabt haͤtten,
das Vergnuͤgen ſie daran Antheil nehmen zu ſehen. Er
brachte alſo bey nahe die ganze Zeit ihrer Abweſenheit
in einer Einſamkeit zu, von welcher ihn das heſchaͤftigte
Leben zu Athen und die wolluͤſtige Muſſe zu Smyrna
ſchon etliche Jahre entwoͤhnet hatten. Hier gieng es ihm
anfangs wie denen welche aus einem ſtark erleuchteten
Ort auf einmal ins Dunkle kommen. Seine Seele fuͤhlte
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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon02_1767/16>, abgerufen am 16.07.2024.
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