ihn nur einen Augenblik in ihren Fesseln zu behalten. Jhm diesen Jrthum zu benehmen, war der schlimmste Streich, den man seiner Liebe und der schönen Danae spielen konnte; und dieses zu thun, war das Mittel, wodurch der Sophist an beyden auf einmal eine Rache zu nehmen hofte, deren blosse Vorstellung sein boßhaftes Herz in Erzükung sezte. Er laurte dazu nur auf eine bequeme Gelegenheit, und diese pflegt zu einem bösen Vorhaben selten zu entgehen.
Ob dieses leztere der Geschäftigkeit irgend eines bösen Dämons zu zuschreiben sey, oder ob es daher komme, daß die Boßheit ihrer Natur nach eine lebhaftere Würk- samkeit hervorbringt als die Güte; ist eine Frage, welche wir andern zu untersuchen überlassen. Es sey das eine oder das andere, so würde eine ganz natürliche Folge dieser fast alltäglichen Erfahrungs-Wahrheit seyn, daß das Böse in einer immer wachsenden Progression zunehmen, und, wenigstens in dieser sublunarischen Welt, das Gute zulezt gänzlich verschlingen würde; wenn nicht aus einer eben so gemeinen Erfahrung rich- tig wäre, daß die Bemühungen der Bösen, so glüklich sie auch in der Ausführung seyn mögen, doch gemeinig- lich ihren eigentlichen Zwek verfehlen, und das Gute durch eben die Maßregeln und Ränke, wodurch es hätte gehindert werden sollen, weit besser befördern, als wenn sie sich ganz gleichgültig dabey verhalten hätten.
Zweytes
Agathon.
ihn nur einen Augenblik in ihren Feſſeln zu behalten. Jhm dieſen Jrthum zu benehmen, war der ſchlimmſte Streich, den man ſeiner Liebe und der ſchoͤnen Danae ſpielen konnte; und dieſes zu thun, war das Mittel, wodurch der Sophiſt an beyden auf einmal eine Rache zu nehmen hofte, deren bloſſe Vorſtellung ſein boßhaftes Herz in Erzuͤkung ſezte. Er laurte dazu nur auf eine bequeme Gelegenheit, und dieſe pflegt zu einem boͤſen Vorhaben ſelten zu entgehen.
Ob dieſes leztere der Geſchaͤftigkeit irgend eines boͤſen Daͤmons zu zuſchreiben ſey, oder ob es daher komme, daß die Boßheit ihrer Natur nach eine lebhaftere Wuͤrk- ſamkeit hervorbringt als die Guͤte; iſt eine Frage, welche wir andern zu unterſuchen uͤberlaſſen. Es ſey das eine oder das andere, ſo wuͤrde eine ganz natuͤrliche Folge dieſer faſt alltaͤglichen Erfahrungs-Wahrheit ſeyn, daß das Boͤſe in einer immer wachſenden Progreſſion zunehmen, und, wenigſtens in dieſer ſublunariſchen Welt, das Gute zulezt gaͤnzlich verſchlingen wuͤrde; wenn nicht aus einer eben ſo gemeinen Erfahrung rich- tig waͤre, daß die Bemuͤhungen der Boͤſen, ſo gluͤklich ſie auch in der Ausfuͤhrung ſeyn moͤgen, doch gemeinig- lich ihren eigentlichen Zwek verfehlen, und das Gute durch eben die Maßregeln und Raͤnke, wodurch es haͤtte gehindert werden ſollen, weit beſſer befoͤrdern, als wenn ſie ſich ganz gleichguͤltig dabey verhalten haͤtten.
Zweytes
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Agathon.
ihn nur einen Augenblik in ihren Feſſeln zu behalten.
Jhm dieſen Jrthum zu benehmen, war der ſchlimmſte
Streich, den man ſeiner Liebe und der ſchoͤnen Danae
ſpielen konnte; und dieſes zu thun, war das Mittel,
wodurch der Sophiſt an beyden auf einmal eine Rache
zu nehmen hofte, deren bloſſe Vorſtellung ſein boßhaftes
Herz in Erzuͤkung ſezte. Er laurte dazu nur auf eine
bequeme Gelegenheit, und dieſe pflegt zu einem boͤſen
Vorhaben ſelten zu entgehen.
Ob dieſes leztere der Geſchaͤftigkeit irgend eines boͤſen
Daͤmons zu zuſchreiben ſey, oder ob es daher komme,
daß die Boßheit ihrer Natur nach eine lebhaftere Wuͤrk-
ſamkeit hervorbringt als die Guͤte; iſt eine Frage,
welche wir andern zu unterſuchen uͤberlaſſen. Es ſey
das eine oder das andere, ſo wuͤrde eine ganz natuͤrliche
Folge dieſer faſt alltaͤglichen Erfahrungs-Wahrheit ſeyn,
daß das Boͤſe in einer immer wachſenden Progreſſion
zunehmen, und, wenigſtens in dieſer ſublunariſchen
Welt, das Gute zulezt gaͤnzlich verſchlingen wuͤrde;
wenn nicht aus einer eben ſo gemeinen Erfahrung rich-
tig waͤre, daß die Bemuͤhungen der Boͤſen, ſo gluͤklich
ſie auch in der Ausfuͤhrung ſeyn moͤgen, doch gemeinig-
lich ihren eigentlichen Zwek verfehlen, und das Gute
durch eben die Maßregeln und Raͤnke, wodurch es haͤtte
gehindert werden ſollen, weit beſſer befoͤrdern, als wenn
ſie ſich ganz gleichguͤltig dabey verhalten haͤtten.
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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon02_1767/14>, abgerufen am 16.07.2024.
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