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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767.

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Neuntes Buch, viertes Capitel.
gegen Dion, und sezte den Platon aufs Neue in Gunst
bey ihm. Denn ob er gleich nicht mehr so gern als
anfangs von den Pflichten eines guten Regenten sprechen
hörte; so hatte er doch sehr gerne gehört, daß Plato
sich als einen Gegner des popularen Regiments, und als
einen Freund der Monarchie erklärt hatte. Er gieng
aufs neue mit seinen Vertrauten zu Rath, und sagte
ihnen, es komme nun allein darauf an, sich den Dion
vom Halse zu schaffen. Philistus hielt davor, daß eh
ein solcher Schritt gewaget werden dürfe, das Volk be-
ruhiget und die wankende Autorität des Prinzen wie-
der fest gesezt werden müsse. Er schlug die Mittel vor,
wodurch dieses am gewissesten geschehen könne; und in
der That waren dabey keine so grosse Schwierigkeiten;
denn er und Timocrat hatten die vorgebliche Gährung
in Syracus weit gefährlicher vorgestellt, als sie würklich
war. Dionys fuhr auf sein Anrathen fort, eine be-
sondere Achtung für den Plato zu bezeugen, einen
Mann, der in den Augen des Volks eine Art von Pro-
pheten vorstellte, der mit den Göttern umgehe und Ein-
gebungen habe. Einen solchen Mann, sagte Philistus,
muß man zum Freunde behalten, so lange man ihn ge-
brauchen kan. Plato verlangt nicht selbst zu regieren;
er hat also nicht das nehmliche Jnteresse wie Dion;
seine Eitelkeit ist befriediget, wenn er bey demjenigen,
der die Regierung führt, in Ansehen steht, und Ein-
fluß zu haben glaubt. Es ist leicht, ihn, so lang es
nöthig seyn mag, in dieser Meynung zu unterhalten,
und das wird zugleich ein Mittel seyn, ihn von einer

genauern
J 5

Neuntes Buch, viertes Capitel.
gegen Dion, und ſezte den Platon aufs Neue in Gunſt
bey ihm. Denn ob er gleich nicht mehr ſo gern als
anfangs von den Pflichten eines guten Regenten ſprechen
hoͤrte; ſo hatte er doch ſehr gerne gehoͤrt, daß Plato
ſich als einen Gegner des popularen Regiments, und als
einen Freund der Monarchie erklaͤrt hatte. Er gieng
aufs neue mit ſeinen Vertrauten zu Rath, und ſagte
ihnen, es komme nun allein darauf an, ſich den Dion
vom Halſe zu ſchaffen. Philiſtus hielt davor, daß eh
ein ſolcher Schritt gewaget werden duͤrfe, das Volk be-
ruhiget und die wankende Autoritaͤt des Prinzen wie-
der feſt geſezt werden muͤſſe. Er ſchlug die Mittel vor,
wodurch dieſes am gewiſſeſten geſchehen koͤnne; und in
der That waren dabey keine ſo groſſe Schwierigkeiten;
denn er und Timocrat hatten die vorgebliche Gaͤhrung
in Syracus weit gefaͤhrlicher vorgeſtellt, als ſie wuͤrklich
war. Dionys fuhr auf ſein Anrathen fort, eine be-
ſondere Achtung fuͤr den Plato zu bezeugen, einen
Mann, der in den Augen des Volks eine Art von Pro-
pheten vorſtellte, der mit den Goͤttern umgehe und Ein-
gebungen habe. Einen ſolchen Mann, ſagte Philiſtus,
muß man zum Freunde behalten, ſo lange man ihn ge-
brauchen kan. Plato verlangt nicht ſelbſt zu regieren;
er hat alſo nicht das nehmliche Jntereſſe wie Dion;
ſeine Eitelkeit iſt befriediget, wenn er bey demjenigen,
der die Regierung fuͤhrt, in Anſehen ſteht, und Ein-
fluß zu haben glaubt. Es iſt leicht, ihn, ſo lang es
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und das wird zugleich ein Mittel ſeyn, ihn von einer

genauern
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[137/0139] Neuntes Buch, viertes Capitel. gegen Dion, und ſezte den Platon aufs Neue in Gunſt bey ihm. Denn ob er gleich nicht mehr ſo gern als anfangs von den Pflichten eines guten Regenten ſprechen hoͤrte; ſo hatte er doch ſehr gerne gehoͤrt, daß Plato ſich als einen Gegner des popularen Regiments, und als einen Freund der Monarchie erklaͤrt hatte. Er gieng aufs neue mit ſeinen Vertrauten zu Rath, und ſagte ihnen, es komme nun allein darauf an, ſich den Dion vom Halſe zu ſchaffen. Philiſtus hielt davor, daß eh ein ſolcher Schritt gewaget werden duͤrfe, das Volk be- ruhiget und die wankende Autoritaͤt des Prinzen wie- der feſt geſezt werden muͤſſe. Er ſchlug die Mittel vor, wodurch dieſes am gewiſſeſten geſchehen koͤnne; und in der That waren dabey keine ſo groſſe Schwierigkeiten; denn er und Timocrat hatten die vorgebliche Gaͤhrung in Syracus weit gefaͤhrlicher vorgeſtellt, als ſie wuͤrklich war. Dionys fuhr auf ſein Anrathen fort, eine be- ſondere Achtung fuͤr den Plato zu bezeugen, einen Mann, der in den Augen des Volks eine Art von Pro- pheten vorſtellte, der mit den Goͤttern umgehe und Ein- gebungen habe. Einen ſolchen Mann, ſagte Philiſtus, muß man zum Freunde behalten, ſo lange man ihn ge- brauchen kan. Plato verlangt nicht ſelbſt zu regieren; er hat alſo nicht das nehmliche Jntereſſe wie Dion; ſeine Eitelkeit iſt befriediget, wenn er bey demjenigen, der die Regierung fuͤhrt, in Anſehen ſteht, und Ein- fluß zu haben glaubt. Es iſt leicht, ihn, ſo lang es noͤthig ſeyn mag, in dieſer Meynung zu unterhalten, und das wird zugleich ein Mittel ſeyn, ihn von einer genauern J 5

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon02_1767/139>, abgerufen am 24.11.2024.