Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766.Agathon. eine Erbschaft zu bringen, die er, als der nächste Erbe,eh mich Stratonicus für seinen Sohn erklärte, in seinen Gedanken schon verschlungen hatte. Die Ge- schiklichkeit des Redners, dessen Dienste er zu Aus- führung seines Bubenstüks erkaufte, der mächtige Bey- stand meiner Feinde, die Umstände selbst, in denen er mich unvermuthet übersiel, und vornemlich die Ge- fälligkeit seiner Zeugen, alle die Unwahrheiten zu be- schwöhren, welche er zu seiner Absicht nöthig hatte: Alles dieses zusammen genommen, versicherte ihn des glüklichen Ausgangs seiner Verrätherey; und die Reichtümer, die ihm dadurch zufielen, waren in den Augen eines gefühllosen, Elenden, wie er war, wich- tig genug, um mit Verbrechen, die ihn so wenig ko- steten, erkauft zu werden. Dieser lezte Streich, der vollständigste Beweis, können,
Agathon. eine Erbſchaft zu bringen, die er, als der naͤchſte Erbe,eh mich Stratonicus fuͤr ſeinen Sohn erklaͤrte, in ſeinen Gedanken ſchon verſchlungen hatte. Die Ge- ſchiklichkeit des Redners, deſſen Dienſte er zu Aus- fuͤhrung ſeines Bubenſtuͤks erkaufte, der maͤchtige Bey- ſtand meiner Feinde, die Umſtaͤnde ſelbſt, in denen er mich unvermuthet uͤberſiel, und vornemlich die Ge- faͤlligkeit ſeiner Zeugen, alle die Unwahrheiten zu be- ſchwoͤhren, welche er zu ſeiner Abſicht noͤthig hatte: Alles dieſes zuſammen genommen, verſicherte ihn des gluͤklichen Ausgangs ſeiner Verraͤtherey; und die Reichtuͤmer, die ihm dadurch zufielen, waren in den Augen eines gefuͤhlloſen, Elenden, wie er war, wich- tig genug, um mit Verbrechen, die ihn ſo wenig ko- ſteten, erkauft zu werden. Dieſer lezte Streich, der vollſtaͤndigſte Beweis, koͤnnen,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0382" n="360"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Agathon</hi>.</hi></fw><lb/> eine Erbſchaft zu bringen, die er, als der naͤchſte Erbe,<lb/> eh mich Stratonicus fuͤr ſeinen Sohn erklaͤrte, in<lb/> ſeinen Gedanken ſchon verſchlungen hatte. Die Ge-<lb/> ſchiklichkeit des Redners, deſſen Dienſte er zu Aus-<lb/> fuͤhrung ſeines Bubenſtuͤks erkaufte, der maͤchtige Bey-<lb/> ſtand meiner Feinde, die Umſtaͤnde ſelbſt, in denen er<lb/> mich unvermuthet uͤberſiel, und vornemlich die Ge-<lb/> faͤlligkeit ſeiner Zeugen, alle die Unwahrheiten zu be-<lb/> ſchwoͤhren, welche er zu ſeiner Abſicht noͤthig hatte:<lb/> Alles dieſes zuſammen genommen, verſicherte ihn des<lb/> gluͤklichen Ausgangs ſeiner Verraͤtherey; und die<lb/> Reichtuͤmer, die ihm dadurch zufielen, waren in den<lb/> Augen eines gefuͤhlloſen, Elenden, wie er war, wich-<lb/> tig genug, um mit Verbrechen, die ihn ſo wenig ko-<lb/> ſteten, erkauft zu werden.</p><lb/> <p>Dieſer lezte Streich, der vollſtaͤndigſte Beweis,<lb/> auf was fuͤr einen Grad die Wuth meiner Feinde ge-<lb/> ſtiegen war, und wie gewiß ſie ſich des Erfolgs hiel-<lb/> ten, ließ mir keine Hofnung uͤbrig, die ihrige zu<lb/> Schanden zu machen. Denn alle meine vermeynten<lb/> Freunde, bis auf wenige, deren guter Wille ohne Ver-<lb/> moͤgen war, hatten, ſo bald ſie mich vom Gluͤk ver-<lb/> laſſen ſahen, mich auch verlaſſen; andere, welche zwar<lb/> von dem Unrecht, das mir angethan wurde, uͤberzeugt<lb/> waren, hatten den Muth nicht, ſich fuͤr eine Sache,<lb/> welche ſie nicht unmittelbar angieng, in Gefahr zu ſe-<lb/> zen; und der einzige, deſſen Character, Anſehen und<lb/> Freundſchaft mir vielleicht haͤtte zu ſtatten kommen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">koͤnnen,</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [360/0382]
Agathon.
eine Erbſchaft zu bringen, die er, als der naͤchſte Erbe,
eh mich Stratonicus fuͤr ſeinen Sohn erklaͤrte, in
ſeinen Gedanken ſchon verſchlungen hatte. Die Ge-
ſchiklichkeit des Redners, deſſen Dienſte er zu Aus-
fuͤhrung ſeines Bubenſtuͤks erkaufte, der maͤchtige Bey-
ſtand meiner Feinde, die Umſtaͤnde ſelbſt, in denen er
mich unvermuthet uͤberſiel, und vornemlich die Ge-
faͤlligkeit ſeiner Zeugen, alle die Unwahrheiten zu be-
ſchwoͤhren, welche er zu ſeiner Abſicht noͤthig hatte:
Alles dieſes zuſammen genommen, verſicherte ihn des
gluͤklichen Ausgangs ſeiner Verraͤtherey; und die
Reichtuͤmer, die ihm dadurch zufielen, waren in den
Augen eines gefuͤhlloſen, Elenden, wie er war, wich-
tig genug, um mit Verbrechen, die ihn ſo wenig ko-
ſteten, erkauft zu werden.
Dieſer lezte Streich, der vollſtaͤndigſte Beweis,
auf was fuͤr einen Grad die Wuth meiner Feinde ge-
ſtiegen war, und wie gewiß ſie ſich des Erfolgs hiel-
ten, ließ mir keine Hofnung uͤbrig, die ihrige zu
Schanden zu machen. Denn alle meine vermeynten
Freunde, bis auf wenige, deren guter Wille ohne Ver-
moͤgen war, hatten, ſo bald ſie mich vom Gluͤk ver-
laſſen ſahen, mich auch verlaſſen; andere, welche zwar
von dem Unrecht, das mir angethan wurde, uͤberzeugt
waren, hatten den Muth nicht, ſich fuͤr eine Sache,
welche ſie nicht unmittelbar angieng, in Gefahr zu ſe-
zen; und der einzige, deſſen Character, Anſehen und
Freundſchaft mir vielleicht haͤtte zu ſtatten kommen
koͤnnen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |