Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766.Sechstes Buch, viertes Capitel. verwandelten. Er hatte nun keine Ruhe, bis er dieschöne Danae bewogen hatte, sich mit einer von ihren Freundinnen aus einer Gesellschaft wegzuschleichen, aus welcher die Grazien schamroth wegzufliehen anfien- gen; und sein Unwille ergoß sich während daß sie nach Hause fuhren, in eine scharfe Verurtheilung des ver- dorbenen Geschmaks des Sophisten, welche so lange dauerte, bis sie bey Anbruche des Tages wieder auf dem Landhause der Danae anlangten, um die von Er- gözungen abgemattete Natur zu derjenigen Zeit, wel- che zu den Geschäften des Lebens bestimmt ist, durch Ruhe und Schlummer wiederherzustellen. Viertes Capitel. Daß Träume nicht allemal Schäume sind. Die Stoiker, dieser strenge moralische Orden, dessen schenkt [Agath. I. Th.] Q
Sechstes Buch, viertes Capitel. verwandelten. Er hatte nun keine Ruhe, bis er dieſchoͤne Danae bewogen hatte, ſich mit einer von ihren Freundinnen aus einer Geſellſchaft wegzuſchleichen, aus welcher die Grazien ſchamroth wegzufliehen anfien- gen; und ſein Unwille ergoß ſich waͤhrend daß ſie nach Hauſe fuhren, in eine ſcharfe Verurtheilung des ver- dorbenen Geſchmaks des Sophiſten, welche ſo lange dauerte, bis ſie bey Anbruche des Tages wieder auf dem Landhauſe der Danae anlangten, um die von Er- goͤzungen abgemattete Natur zu derjenigen Zeit, wel- che zu den Geſchaͤften des Lebens beſtimmt iſt, durch Ruhe und Schlummer wiederherzuſtellen. Viertes Capitel. Daß Traͤume nicht allemal Schaͤume ſind. Die Stoiker, dieſer ſtrenge moraliſche Orden, deſſen ſchenkt [Agath. I. Th.] Q
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Sechstes Buch, viertes Capitel.
verwandelten. Er hatte nun keine Ruhe, bis er die
ſchoͤne Danae bewogen hatte, ſich mit einer von ihren
Freundinnen aus einer Geſellſchaft wegzuſchleichen,
aus welcher die Grazien ſchamroth wegzufliehen anfien-
gen; und ſein Unwille ergoß ſich waͤhrend daß ſie nach
Hauſe fuhren, in eine ſcharfe Verurtheilung des ver-
dorbenen Geſchmaks des Sophiſten, welche ſo lange
dauerte, bis ſie bey Anbruche des Tages wieder auf
dem Landhauſe der Danae anlangten, um die von Er-
goͤzungen abgemattete Natur zu derjenigen Zeit, wel-
che zu den Geſchaͤften des Lebens beſtimmt iſt, durch
Ruhe und Schlummer wiederherzuſtellen.
Viertes Capitel.
Daß Traͤume nicht allemal Schaͤume ſind.
Die Stoiker, dieſer ſtrenge moraliſche Orden, deſſen
Abgang der vortrefliche Praͤſident von Monteſquieu als
einen Verluſt fuͤr das menſchliche Geſchlecht anſieht,
hatten unter andern Sonderlichkeiten, eine groſſe Mey-
nung von der Natur und Beſtimmung der Traͤume.
Sie trieben es ſo weit, daß ſie ſich die Muͤhe gaben,
eben ſo groſſe Buͤcher uͤber dieſe Materie zu ſchreiben,
als diejenigen, womit die gelehrte Welt noch in unſern
Tagen, von einigen weiſen Moͤnchen uͤber die erhabne
Kunſt, die Geſpenſter zu pruͤfen und zu bannen, be-
ſchenkt
[Agath. I. Th.] Q
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Zitationshilfe: | Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon01_1766/263>, abgerufen am 24.02.2025. |