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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766.

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Agathon.
heit nur den Freunden zu statten, und, den besondern
Fall ausgenommen, wenn die hartnäkige Blödigkeit ei-
nes noch unerfahrnen Neulings einiger Aufmunterung
nöthig hatte, waren die Liebhaber gänzlich davon aus-
geschlossen. Unter einer grossen Anzahl von Schönen,
bey denen der weise Hippias dieses Vorrecht genoß, war
auch eine, die unter dem Namen Danae den ersten
Rang in derjenigen Classe von Frauenzimmern ein-
nahm, die man bey den Griechen Freundinnen, oder
noch eigentlicher Gesellschafterinnen zu nennen pflegte.
Diese Gattung von Damen war damals unter ihrem
Geschlecht, was die Sophisten unter dem männlichen;
sie stunden in keiner geringern Achtung, und konnten
sich rühmen, daß die vollkommensten Modelle aller Vor-
züge ihres Geschlechts, wenn man die strenge Tugend
ansnimmt, die Aspasten, die Leontium und die Phry-
nen sich kein Bedenken machten von ihrem Orden zu
seyn. Was die Danae betrift, so machten die Manns-
personen zu Smyrna kein Geheimniß daraus, daß sie,
ihrem Urtheil nach, an Schönheit und Artigkeit alle
andre Frauenzimmer, galante und spröde, tugendhafte
und andächtige, übertreffe. Es ist wahr, die Geschich-
te meldet nicht, daß die Damen sich sehr beeyfert hät-
ten, das Urtheil der Mannspersonen durch ihren öf-
fentlichen Beytritt zu bestätigen; allein soviel ist gewiß,
daß keine unter ihnen war, die sich selbst nicht gestan-
den hätte, daß, eine einzige Person ausgenommen, die
sie niemals öffentlich nennen wollten, die schöne Danae
alle übrigen eben so weit übertreffe, als sie von dieser einzi-

gen

Agathon.
heit nur den Freunden zu ſtatten, und, den beſondern
Fall ausgenommen, wenn die hartnaͤkige Bloͤdigkeit ei-
nes noch unerfahrnen Neulings einiger Aufmunterung
noͤthig hatte, waren die Liebhaber gaͤnzlich davon aus-
geſchloſſen. Unter einer groſſen Anzahl von Schoͤnen,
bey denen der weiſe Hippias dieſes Vorrecht genoß, war
auch eine, die unter dem Namen Danae den erſten
Rang in derjenigen Claſſe von Frauenzimmern ein-
nahm, die man bey den Griechen Freundinnen, oder
noch eigentlicher Geſellſchafterinnen zu nennen pflegte.
Dieſe Gattung von Damen war damals unter ihrem
Geſchlecht, was die Sophiſten unter dem maͤnnlichen;
ſie ſtunden in keiner geringern Achtung, und konnten
ſich ruͤhmen, daß die vollkommenſten Modelle aller Vor-
zuͤge ihres Geſchlechts, wenn man die ſtrenge Tugend
ansnimmt, die Aſpaſten, die Leontium und die Phry-
nen ſich kein Bedenken machten von ihrem Orden zu
ſeyn. Was die Danae betrift, ſo machten die Manns-
perſonen zu Smyrna kein Geheimniß daraus, daß ſie,
ihrem Urtheil nach, an Schoͤnheit und Artigkeit alle
andre Frauenzimmer, galante und ſproͤde, tugendhafte
und andaͤchtige, uͤbertreffe. Es iſt wahr, die Geſchich-
te meldet nicht, daß die Damen ſich ſehr beeyfert haͤt-
ten, das Urtheil der Mannsperſonen durch ihren oͤf-
fentlichen Beytritt zu beſtaͤtigen; allein ſoviel iſt gewiß,
daß keine unter ihnen war, die ſich ſelbſt nicht geſtan-
den haͤtte, daß, eine einzige Perſon ausgenommen, die
ſie niemals oͤffentlich nennen wollten, die ſchoͤne Danae
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[136/0158] Agathon. heit nur den Freunden zu ſtatten, und, den beſondern Fall ausgenommen, wenn die hartnaͤkige Bloͤdigkeit ei- nes noch unerfahrnen Neulings einiger Aufmunterung noͤthig hatte, waren die Liebhaber gaͤnzlich davon aus- geſchloſſen. Unter einer groſſen Anzahl von Schoͤnen, bey denen der weiſe Hippias dieſes Vorrecht genoß, war auch eine, die unter dem Namen Danae den erſten Rang in derjenigen Claſſe von Frauenzimmern ein- nahm, die man bey den Griechen Freundinnen, oder noch eigentlicher Geſellſchafterinnen zu nennen pflegte. Dieſe Gattung von Damen war damals unter ihrem Geſchlecht, was die Sophiſten unter dem maͤnnlichen; ſie ſtunden in keiner geringern Achtung, und konnten ſich ruͤhmen, daß die vollkommenſten Modelle aller Vor- zuͤge ihres Geſchlechts, wenn man die ſtrenge Tugend ansnimmt, die Aſpaſten, die Leontium und die Phry- nen ſich kein Bedenken machten von ihrem Orden zu ſeyn. Was die Danae betrift, ſo machten die Manns- perſonen zu Smyrna kein Geheimniß daraus, daß ſie, ihrem Urtheil nach, an Schoͤnheit und Artigkeit alle andre Frauenzimmer, galante und ſproͤde, tugendhafte und andaͤchtige, uͤbertreffe. Es iſt wahr, die Geſchich- te meldet nicht, daß die Damen ſich ſehr beeyfert haͤt- ten, das Urtheil der Mannsperſonen durch ihren oͤf- fentlichen Beytritt zu beſtaͤtigen; allein ſoviel iſt gewiß, daß keine unter ihnen war, die ſich ſelbſt nicht geſtan- den haͤtte, daß, eine einzige Perſon ausgenommen, die ſie niemals oͤffentlich nennen wollten, die ſchoͤne Danae alle uͤbrigen eben ſo weit uͤbertreffe, als ſie von dieſer einzi- gen

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 1. Frankfurt (Main) u. a., 1766, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon01_1766/158>, abgerufen am 22.11.2024.