Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Ihr wißt doch, daß ich als Büchsenspanner beim Prinzen Adolph diente, ehe ich mit unserer Gnädigen nach Carlsstadt herüberkam. Der Prinz wohnte am liebsten auf seinen Gütern im Schwarzwald, weil die Jagd dort noch am besten ist, und da ich bei ihm einen großen Stand hatte, wurde ich immer mitgenommen und von allen Forstbediensteten in Ehren gehalten. Besonders genau lernte ich die umwohnenden würtembergischen Förster kennen und darunter Einen mit Namen Rühs, zu dem ich das meiste Zutrauen faßte, wiewohl er mir anfänglich nicht zusagen wollte; denn er war ein steiler, steifer Mann, von einer langsamen Gemüthsart, und wenn er sich bewegte, war es immer ein militärisches Exercitium. Er war streng, und die Bauern haßten ihn wie's bittere Leiden; sie fürchteten den "dürren Peter" aber noch mehr; und dürr war er, nichts als Knochen, Rock und Erfahrung. Aber sonst war er respectirt im ganzen Land, und wenn sich die jungen vornehmen Herren den letzten Schliff zum voll- Ihr wißt doch, daß ich als Büchsenspanner beim Prinzen Adolph diente, ehe ich mit unserer Gnädigen nach Carlsstadt herüberkam. Der Prinz wohnte am liebsten auf seinen Gütern im Schwarzwald, weil die Jagd dort noch am besten ist, und da ich bei ihm einen großen Stand hatte, wurde ich immer mitgenommen und von allen Forstbediensteten in Ehren gehalten. Besonders genau lernte ich die umwohnenden würtembergischen Förster kennen und darunter Einen mit Namen Rühs, zu dem ich das meiste Zutrauen faßte, wiewohl er mir anfänglich nicht zusagen wollte; denn er war ein steiler, steifer Mann, von einer langsamen Gemüthsart, und wenn er sich bewegte, war es immer ein militärisches Exercitium. Er war streng, und die Bauern haßten ihn wie's bittere Leiden; sie fürchteten den „dürren Peter“ aber noch mehr; und dürr war er, nichts als Knochen, Rock und Erfahrung. Aber sonst war er respectirt im ganzen Land, und wenn sich die jungen vornehmen Herren den letzten Schliff zum voll- <TEI> <text> <pb facs="#f0009"/> <body> <div n="1"> <p>Ihr wißt doch, daß ich als Büchsenspanner beim Prinzen Adolph diente, ehe ich mit unserer Gnädigen nach Carlsstadt herüberkam. Der Prinz wohnte am liebsten auf seinen Gütern im Schwarzwald, weil die Jagd dort noch am besten ist, und da ich bei ihm einen großen Stand hatte, wurde ich immer mitgenommen und von allen Forstbediensteten in Ehren gehalten.</p><lb/> <p>Besonders genau lernte ich die umwohnenden würtembergischen Förster kennen und darunter Einen mit Namen Rühs, zu dem ich das meiste Zutrauen faßte, wiewohl er mir anfänglich nicht zusagen wollte; denn er war ein steiler, steifer Mann, von einer langsamen Gemüthsart, und wenn er sich bewegte, war es immer ein militärisches Exercitium. Er war streng, und die Bauern haßten ihn wie's bittere Leiden; sie fürchteten den „dürren Peter“ aber noch mehr; und dürr war er, nichts als Knochen, Rock und Erfahrung. Aber sonst war er respectirt im ganzen Land, und wenn sich die jungen vornehmen Herren den letzten Schliff zum voll-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0009]
Ihr wißt doch, daß ich als Büchsenspanner beim Prinzen Adolph diente, ehe ich mit unserer Gnädigen nach Carlsstadt herüberkam. Der Prinz wohnte am liebsten auf seinen Gütern im Schwarzwald, weil die Jagd dort noch am besten ist, und da ich bei ihm einen großen Stand hatte, wurde ich immer mitgenommen und von allen Forstbediensteten in Ehren gehalten.
Besonders genau lernte ich die umwohnenden würtembergischen Förster kennen und darunter Einen mit Namen Rühs, zu dem ich das meiste Zutrauen faßte, wiewohl er mir anfänglich nicht zusagen wollte; denn er war ein steiler, steifer Mann, von einer langsamen Gemüthsart, und wenn er sich bewegte, war es immer ein militärisches Exercitium. Er war streng, und die Bauern haßten ihn wie's bittere Leiden; sie fürchteten den „dürren Peter“ aber noch mehr; und dürr war er, nichts als Knochen, Rock und Erfahrung. Aber sonst war er respectirt im ganzen Land, und wenn sich die jungen vornehmen Herren den letzten Schliff zum voll-
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Zitationshilfe: | Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/widmann_muehle_1910/9>, abgerufen am 17.02.2025. |