Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.hielt und auf dem Balken schaukelten, daß der Gischt emporspritzte. Weiter unten in den Erlenbüschen grillten und schrieen die badenden Buben, daß sich Otto über die Brustwehr bog und dem nächtlichen Treiben lange zuschaute. Es schien ihm gar nicht darum, bald nach dem Herrenhaus jenseits der Brücke zu kommen, wo der schrille Geigenton und das Jauchzen der Jäger herüberschallte. Das Herrenhaus war früher die Wohnung des Vogts an dem Kloster gewesen, das einen Büchsenschuß davon entfernt liegt und jetzt als Försterei und Amtshaus dient. Das Haus war von Weitem immer noch stattlich genug; rings um den gepflasterten Hof standen große Scheunen und vor dem Eingang ein rauschender Röhrenbrunnen mit einem steinernen Franciscus unter schlanken Pappeln. Freilich war der eine Flügel verlassen, als könnten nur Gespenster darin wohnen, die Laden klapperten und girrten im Wind; Nichts war mehr niet- und nagelfest, als die schwere Kellerthüre, und für Nichts wurde noch Sorge getragen, als für die kühlen Gewölbe. Aber der andere Flügel war bewohnt und jetzt ein Wirthshaus, welches eine Försterswittwe mit ihren beiden Töchtern unterhielt, die auch für Speis und Trank des jungen Edelmanns sorgte, so lange er bei dem Förster Rühs, auch einem unverheiratheten Manne, lernte. Otto war hungrig und trat deßhalb endlich doch hielt und auf dem Balken schaukelten, daß der Gischt emporspritzte. Weiter unten in den Erlenbüschen grillten und schrieen die badenden Buben, daß sich Otto über die Brustwehr bog und dem nächtlichen Treiben lange zuschaute. Es schien ihm gar nicht darum, bald nach dem Herrenhaus jenseits der Brücke zu kommen, wo der schrille Geigenton und das Jauchzen der Jäger herüberschallte. Das Herrenhaus war früher die Wohnung des Vogts an dem Kloster gewesen, das einen Büchsenschuß davon entfernt liegt und jetzt als Försterei und Amtshaus dient. Das Haus war von Weitem immer noch stattlich genug; rings um den gepflasterten Hof standen große Scheunen und vor dem Eingang ein rauschender Röhrenbrunnen mit einem steinernen Franciscus unter schlanken Pappeln. Freilich war der eine Flügel verlassen, als könnten nur Gespenster darin wohnen, die Laden klapperten und girrten im Wind; Nichts war mehr niet- und nagelfest, als die schwere Kellerthüre, und für Nichts wurde noch Sorge getragen, als für die kühlen Gewölbe. Aber der andere Flügel war bewohnt und jetzt ein Wirthshaus, welches eine Försterswittwe mit ihren beiden Töchtern unterhielt, die auch für Speis und Trank des jungen Edelmanns sorgte, so lange er bei dem Förster Rühs, auch einem unverheiratheten Manne, lernte. Otto war hungrig und trat deßhalb endlich doch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0052"/> hielt und auf dem Balken schaukelten, daß der Gischt emporspritzte. Weiter unten in den Erlenbüschen grillten und schrieen die badenden Buben, daß sich Otto über die Brustwehr bog und dem nächtlichen Treiben lange zuschaute.</p><lb/> <p>Es schien ihm gar nicht darum, bald nach dem Herrenhaus jenseits der Brücke zu kommen, wo der schrille Geigenton und das Jauchzen der Jäger herüberschallte.</p><lb/> <p>Das Herrenhaus war früher die Wohnung des Vogts an dem Kloster gewesen, das einen Büchsenschuß davon entfernt liegt und jetzt als Försterei und Amtshaus dient. Das Haus war von Weitem immer noch stattlich genug; rings um den gepflasterten Hof standen große Scheunen und vor dem Eingang ein rauschender Röhrenbrunnen mit einem steinernen Franciscus unter schlanken Pappeln. Freilich war der eine Flügel verlassen, als könnten nur Gespenster darin wohnen, die Laden klapperten und girrten im Wind; Nichts war mehr niet- und nagelfest, als die schwere Kellerthüre, und für Nichts wurde noch Sorge getragen, als für die kühlen Gewölbe. Aber der andere Flügel war bewohnt und jetzt ein Wirthshaus, welches eine Försterswittwe mit ihren beiden Töchtern unterhielt, die auch für Speis und Trank des jungen Edelmanns sorgte, so lange er bei dem Förster Rühs, auch einem unverheiratheten Manne, lernte.</p><lb/> <p>Otto war hungrig und trat deßhalb endlich doch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0052]
hielt und auf dem Balken schaukelten, daß der Gischt emporspritzte. Weiter unten in den Erlenbüschen grillten und schrieen die badenden Buben, daß sich Otto über die Brustwehr bog und dem nächtlichen Treiben lange zuschaute.
Es schien ihm gar nicht darum, bald nach dem Herrenhaus jenseits der Brücke zu kommen, wo der schrille Geigenton und das Jauchzen der Jäger herüberschallte.
Das Herrenhaus war früher die Wohnung des Vogts an dem Kloster gewesen, das einen Büchsenschuß davon entfernt liegt und jetzt als Försterei und Amtshaus dient. Das Haus war von Weitem immer noch stattlich genug; rings um den gepflasterten Hof standen große Scheunen und vor dem Eingang ein rauschender Röhrenbrunnen mit einem steinernen Franciscus unter schlanken Pappeln. Freilich war der eine Flügel verlassen, als könnten nur Gespenster darin wohnen, die Laden klapperten und girrten im Wind; Nichts war mehr niet- und nagelfest, als die schwere Kellerthüre, und für Nichts wurde noch Sorge getragen, als für die kühlen Gewölbe. Aber der andere Flügel war bewohnt und jetzt ein Wirthshaus, welches eine Försterswittwe mit ihren beiden Töchtern unterhielt, die auch für Speis und Trank des jungen Edelmanns sorgte, so lange er bei dem Förster Rühs, auch einem unverheiratheten Manne, lernte.
Otto war hungrig und trat deßhalb endlich doch
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