Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.nenbaum, in welcher die einzelnen Schuhnägel abgedruckt waren. Mitten im Ballen war ein Kreuz von Nägelspuren: Hat der Hund die nämlichen Schuhe nicht abgelaufen in zwei Jahr Zuchthaus! -- So, so -- also der Basler wieder da! -- Nun aber, Herr Otto, wollen wir den Weg unter die Füße nehmen, daß wir bald in die Glashütte kommen und dann noch bei Zeiten in das Grenzthal zu unserer Sau. Auf dem Weg zur Glashütte und wieder zurück war der Förster wortkarg, und dem Jüngling ging Mehreres durch den Kopf; stillschweigend stiegen sie in das Grenzthal herunter und spürten die Fährte ab. Sie waren jetzt wieder in der Nähe der Mühle, denn nur ein schmaler, wenn auch hoher Bergrücken liegt zwischen dem Mühlthal und Grenzthal, wo der unregelmäßige Lauf eines kleinen Baches die beiden Länder scheidet. Man kann hier schon ins Hauptthal offen und weit hinabsehen, und vorn, da wo die schwarz und rothen und gelb und rothen Wappenpfähle wenige Schritte auseinanderstehen, erhebt sich zwischen inne der schönste Buchbaum weit und breit. Sieben Buchen schlank und goldengrün im Laub schwingen sich aus Einem Stamm, ein Ruheplatz für alle Wanderer, den Bauern in der Gegend wohl bekannt, weil alljährlich um Johanni im hellen Sonnenschein der badische und würtembergische Oberförster hier zusammentreten und Rugtag halten über alle kleinen Frevel der Bauern und Streitigkeiten der Jäger, welche sich nur gemeinschaftlich aburtheilen lassen. nenbaum, in welcher die einzelnen Schuhnägel abgedruckt waren. Mitten im Ballen war ein Kreuz von Nägelspuren: Hat der Hund die nämlichen Schuhe nicht abgelaufen in zwei Jahr Zuchthaus! — So, so — also der Basler wieder da! — Nun aber, Herr Otto, wollen wir den Weg unter die Füße nehmen, daß wir bald in die Glashütte kommen und dann noch bei Zeiten in das Grenzthal zu unserer Sau. Auf dem Weg zur Glashütte und wieder zurück war der Förster wortkarg, und dem Jüngling ging Mehreres durch den Kopf; stillschweigend stiegen sie in das Grenzthal herunter und spürten die Fährte ab. Sie waren jetzt wieder in der Nähe der Mühle, denn nur ein schmaler, wenn auch hoher Bergrücken liegt zwischen dem Mühlthal und Grenzthal, wo der unregelmäßige Lauf eines kleinen Baches die beiden Länder scheidet. Man kann hier schon ins Hauptthal offen und weit hinabsehen, und vorn, da wo die schwarz und rothen und gelb und rothen Wappenpfähle wenige Schritte auseinanderstehen, erhebt sich zwischen inne der schönste Buchbaum weit und breit. Sieben Buchen schlank und goldengrün im Laub schwingen sich aus Einem Stamm, ein Ruheplatz für alle Wanderer, den Bauern in der Gegend wohl bekannt, weil alljährlich um Johanni im hellen Sonnenschein der badische und würtembergische Oberförster hier zusammentreten und Rugtag halten über alle kleinen Frevel der Bauern und Streitigkeiten der Jäger, welche sich nur gemeinschaftlich aburtheilen lassen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0037"/> nenbaum, in welcher die einzelnen Schuhnägel abgedruckt waren. Mitten im Ballen war ein Kreuz von Nägelspuren: Hat der Hund die nämlichen Schuhe nicht abgelaufen in zwei Jahr Zuchthaus! — So, so — also der Basler wieder da! — Nun aber, Herr Otto, wollen wir den Weg unter die Füße nehmen, daß wir bald in die Glashütte kommen und dann noch bei Zeiten in das Grenzthal zu unserer Sau.</p><lb/> <p>Auf dem Weg zur Glashütte und wieder zurück war der Förster wortkarg, und dem Jüngling ging Mehreres durch den Kopf; stillschweigend stiegen sie in das Grenzthal herunter und spürten die Fährte ab. Sie waren jetzt wieder in der Nähe der Mühle, denn nur ein schmaler, wenn auch hoher Bergrücken liegt zwischen dem Mühlthal und Grenzthal, wo der unregelmäßige Lauf eines kleinen Baches die beiden Länder scheidet. Man kann hier schon ins Hauptthal offen und weit hinabsehen, und vorn, da wo die schwarz und rothen und gelb und rothen Wappenpfähle wenige Schritte auseinanderstehen, erhebt sich zwischen inne der schönste Buchbaum weit und breit. Sieben Buchen schlank und goldengrün im Laub schwingen sich aus Einem Stamm, ein Ruheplatz für alle Wanderer, den Bauern in der Gegend wohl bekannt, weil alljährlich um Johanni im hellen Sonnenschein der badische und würtembergische Oberförster hier zusammentreten und Rugtag halten über alle kleinen Frevel der Bauern und Streitigkeiten der Jäger, welche sich nur gemeinschaftlich aburtheilen lassen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0037]
nenbaum, in welcher die einzelnen Schuhnägel abgedruckt waren. Mitten im Ballen war ein Kreuz von Nägelspuren: Hat der Hund die nämlichen Schuhe nicht abgelaufen in zwei Jahr Zuchthaus! — So, so — also der Basler wieder da! — Nun aber, Herr Otto, wollen wir den Weg unter die Füße nehmen, daß wir bald in die Glashütte kommen und dann noch bei Zeiten in das Grenzthal zu unserer Sau.
Auf dem Weg zur Glashütte und wieder zurück war der Förster wortkarg, und dem Jüngling ging Mehreres durch den Kopf; stillschweigend stiegen sie in das Grenzthal herunter und spürten die Fährte ab. Sie waren jetzt wieder in der Nähe der Mühle, denn nur ein schmaler, wenn auch hoher Bergrücken liegt zwischen dem Mühlthal und Grenzthal, wo der unregelmäßige Lauf eines kleinen Baches die beiden Länder scheidet. Man kann hier schon ins Hauptthal offen und weit hinabsehen, und vorn, da wo die schwarz und rothen und gelb und rothen Wappenpfähle wenige Schritte auseinanderstehen, erhebt sich zwischen inne der schönste Buchbaum weit und breit. Sieben Buchen schlank und goldengrün im Laub schwingen sich aus Einem Stamm, ein Ruheplatz für alle Wanderer, den Bauern in der Gegend wohl bekannt, weil alljährlich um Johanni im hellen Sonnenschein der badische und würtembergische Oberförster hier zusammentreten und Rugtag halten über alle kleinen Frevel der Bauern und Streitigkeiten der Jäger, welche sich nur gemeinschaftlich aburtheilen lassen.
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Zitationshilfe: | Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/widmann_muehle_1910/37>, abgerufen am 04.07.2024. |