Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Der Augenblick war aber nicht, um den jungen Edelmann mit dem Teufel zu schrecken. Narr! er hat Fleisch und Blut! Laß fahren! schrie er ergrimmt auf, ohne seine Beute aus den Augen zu lassen. Doch schien er sich plötzlich eines Andern zu besinnen; denn er zog das Knie, welches er dem Bauer auf die Brust gesetzt, zurück und sprang rasch empor: Du kannst gehen! sagte er zu dem verblüfften Burschen. Der Alte trat erst einige Schritte furchtsam zurück, und Otto sah eine grenzenlose Angst in seinen Zügen. Doch faßte der Förster endlich den Bauern am Kittel, wie wenn er sich vergewissern wollte, daß Fleisch und Blut darin stecke. Als er aber die festen derben Knochen spürte, lief das angespannte Gesicht wieder auseinander, und aufathmend, als wäre ihm ein Stein vom Herzen, sagte er zu seinem Begleiter, indem er dem Bauern das Messer abnahm: 's ist schon gut, Herr Otto, es ist mir auch recht, wenn er frei wird; aber unvorsichtig muß man darum doch nicht sein; den Stachel muß man der Hummel nehmen. Der Bauer ließ willig Alles mit sich geschehen und putzte sich die Tannennadeln aus dem Haar, ohne eine Miene zu verziehen; dann wandte er sich endlich zu dem Alten und sagte hämisch: Ich danke, danke und will's behalten; des Maurerkarle's Aeltester vergißt Euch nichts. Damit schickte er sich an zu gehen, indem er über die Achsel nach Otto zurücksah: Ihr und ich haben Der Augenblick war aber nicht, um den jungen Edelmann mit dem Teufel zu schrecken. Narr! er hat Fleisch und Blut! Laß fahren! schrie er ergrimmt auf, ohne seine Beute aus den Augen zu lassen. Doch schien er sich plötzlich eines Andern zu besinnen; denn er zog das Knie, welches er dem Bauer auf die Brust gesetzt, zurück und sprang rasch empor: Du kannst gehen! sagte er zu dem verblüfften Burschen. Der Alte trat erst einige Schritte furchtsam zurück, und Otto sah eine grenzenlose Angst in seinen Zügen. Doch faßte der Förster endlich den Bauern am Kittel, wie wenn er sich vergewissern wollte, daß Fleisch und Blut darin stecke. Als er aber die festen derben Knochen spürte, lief das angespannte Gesicht wieder auseinander, und aufathmend, als wäre ihm ein Stein vom Herzen, sagte er zu seinem Begleiter, indem er dem Bauern das Messer abnahm: 's ist schon gut, Herr Otto, es ist mir auch recht, wenn er frei wird; aber unvorsichtig muß man darum doch nicht sein; den Stachel muß man der Hummel nehmen. Der Bauer ließ willig Alles mit sich geschehen und putzte sich die Tannennadeln aus dem Haar, ohne eine Miene zu verziehen; dann wandte er sich endlich zu dem Alten und sagte hämisch: Ich danke, danke und will's behalten; des Maurerkarle's Aeltester vergißt Euch nichts. Damit schickte er sich an zu gehen, indem er über die Achsel nach Otto zurücksah: Ihr und ich haben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0032"/> <p>Der Augenblick war aber nicht, um den jungen Edelmann mit dem Teufel zu schrecken. Narr! er hat Fleisch und Blut! Laß fahren! schrie er ergrimmt auf, ohne seine Beute aus den Augen zu lassen. Doch schien er sich plötzlich eines Andern zu besinnen; denn er zog das Knie, welches er dem Bauer auf die Brust gesetzt, zurück und sprang rasch empor: Du kannst gehen! sagte er zu dem verblüfften Burschen.</p><lb/> <p>Der Alte trat erst einige Schritte furchtsam zurück, und Otto sah eine grenzenlose Angst in seinen Zügen. Doch faßte der Förster endlich den Bauern am Kittel, wie wenn er sich vergewissern wollte, daß Fleisch und Blut darin stecke. Als er aber die festen derben Knochen spürte, lief das angespannte Gesicht wieder auseinander, und aufathmend, als wäre ihm ein Stein vom Herzen, sagte er zu seinem Begleiter, indem er dem Bauern das Messer abnahm: 's ist schon gut, Herr Otto, es ist mir auch recht, wenn er frei wird; aber unvorsichtig muß man darum doch nicht sein; den Stachel muß man der Hummel nehmen.</p><lb/> <p>Der Bauer ließ willig Alles mit sich geschehen und putzte sich die Tannennadeln aus dem Haar, ohne eine Miene zu verziehen; dann wandte er sich endlich zu dem Alten und sagte hämisch: Ich danke, danke und will's behalten; des Maurerkarle's Aeltester vergißt Euch nichts.</p><lb/> <p>Damit schickte er sich an zu gehen, indem er über die Achsel nach Otto zurücksah: Ihr und ich haben<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0032]
Der Augenblick war aber nicht, um den jungen Edelmann mit dem Teufel zu schrecken. Narr! er hat Fleisch und Blut! Laß fahren! schrie er ergrimmt auf, ohne seine Beute aus den Augen zu lassen. Doch schien er sich plötzlich eines Andern zu besinnen; denn er zog das Knie, welches er dem Bauer auf die Brust gesetzt, zurück und sprang rasch empor: Du kannst gehen! sagte er zu dem verblüfften Burschen.
Der Alte trat erst einige Schritte furchtsam zurück, und Otto sah eine grenzenlose Angst in seinen Zügen. Doch faßte der Förster endlich den Bauern am Kittel, wie wenn er sich vergewissern wollte, daß Fleisch und Blut darin stecke. Als er aber die festen derben Knochen spürte, lief das angespannte Gesicht wieder auseinander, und aufathmend, als wäre ihm ein Stein vom Herzen, sagte er zu seinem Begleiter, indem er dem Bauern das Messer abnahm: 's ist schon gut, Herr Otto, es ist mir auch recht, wenn er frei wird; aber unvorsichtig muß man darum doch nicht sein; den Stachel muß man der Hummel nehmen.
Der Bauer ließ willig Alles mit sich geschehen und putzte sich die Tannennadeln aus dem Haar, ohne eine Miene zu verziehen; dann wandte er sich endlich zu dem Alten und sagte hämisch: Ich danke, danke und will's behalten; des Maurerkarle's Aeltester vergißt Euch nichts.
Damit schickte er sich an zu gehen, indem er über die Achsel nach Otto zurücksah: Ihr und ich haben
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Zitationshilfe: | Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/widmann_muehle_1910/32>, abgerufen am 04.07.2024. |