Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Umfang haben mag. Das Bett des Baches ist abgegraben und treibt rechts hingeleitet die Räder einer Mühle, welche halb in den Berg hineingebaut ist, so daß man sich hinten leicht zum ersten Stock einschwingen könnte. Aber nur in dem kurzen Mühlgraben geht das Wasser still und tief; dann rauscht es wieder lustig im alten Bach unter dem Dickicht fort. Links ziehen von allen Seiten glatte Fußpfade vom Berge herab und laufen bei einer Brücke von unbehauenen Tannenstämmen zusammen, die zur Mühle hin über den alten, fast trockenen Wasserlauf führt. Tiefe übergras'te Radspuren zeigen, daß man, wenn auch nur selten und mit Noth und Mühe, doch das Korn zur Mühle fährt, wenn sich schon schwer begreift, wie ein Wagen über Stein und Berg kommen soll, weil eine Krümmung der Schlucht den Blick ins weitere Thal verdeckt. Auch hier war es aber noch lautlos still. Das Mühlwerk stand; der Tag konnte kaum angebrochen sein. Wenn auch die Sonne um die Gipfel spielte und der Tannenduft, der sich des Morgens ergießt, die Lüfte füllte, so blieb es unten noch düster und kalt. Dennoch war schon ein junger Jägersmann auf den Beinen und suchte sich gegenüber der Mühle mit Hülfe der Sträucher auf einen Felsblock zu schwingen, von wo er Alles im Auge haben könnte, ohne selbst gesehen zu werden. Wer ihn so im Moose liegen sah, verdeckt durch Umfang haben mag. Das Bett des Baches ist abgegraben und treibt rechts hingeleitet die Räder einer Mühle, welche halb in den Berg hineingebaut ist, so daß man sich hinten leicht zum ersten Stock einschwingen könnte. Aber nur in dem kurzen Mühlgraben geht das Wasser still und tief; dann rauscht es wieder lustig im alten Bach unter dem Dickicht fort. Links ziehen von allen Seiten glatte Fußpfade vom Berge herab und laufen bei einer Brücke von unbehauenen Tannenstämmen zusammen, die zur Mühle hin über den alten, fast trockenen Wasserlauf führt. Tiefe übergras'te Radspuren zeigen, daß man, wenn auch nur selten und mit Noth und Mühe, doch das Korn zur Mühle fährt, wenn sich schon schwer begreift, wie ein Wagen über Stein und Berg kommen soll, weil eine Krümmung der Schlucht den Blick ins weitere Thal verdeckt. Auch hier war es aber noch lautlos still. Das Mühlwerk stand; der Tag konnte kaum angebrochen sein. Wenn auch die Sonne um die Gipfel spielte und der Tannenduft, der sich des Morgens ergießt, die Lüfte füllte, so blieb es unten noch düster und kalt. Dennoch war schon ein junger Jägersmann auf den Beinen und suchte sich gegenüber der Mühle mit Hülfe der Sträucher auf einen Felsblock zu schwingen, von wo er Alles im Auge haben könnte, ohne selbst gesehen zu werden. Wer ihn so im Moose liegen sah, verdeckt durch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0017"/> Umfang haben mag. Das Bett des Baches ist abgegraben und treibt rechts hingeleitet die Räder einer Mühle, welche halb in den Berg hineingebaut ist, so daß man sich hinten leicht zum ersten Stock einschwingen könnte. Aber nur in dem kurzen Mühlgraben geht das Wasser still und tief; dann rauscht es wieder lustig im alten Bach unter dem Dickicht fort.</p><lb/> <p>Links ziehen von allen Seiten glatte Fußpfade vom Berge herab und laufen bei einer Brücke von unbehauenen Tannenstämmen zusammen, die zur Mühle hin über den alten, fast trockenen Wasserlauf führt. Tiefe übergras'te Radspuren zeigen, daß man, wenn auch nur selten und mit Noth und Mühe, doch das Korn zur Mühle fährt, wenn sich schon schwer begreift, wie ein Wagen über Stein und Berg kommen soll, weil eine Krümmung der Schlucht den Blick ins weitere Thal verdeckt.</p><lb/> <p>Auch hier war es aber noch lautlos still. Das Mühlwerk stand; der Tag konnte kaum angebrochen sein. Wenn auch die Sonne um die Gipfel spielte und der Tannenduft, der sich des Morgens ergießt, die Lüfte füllte, so blieb es unten noch düster und kalt.</p><lb/> <p>Dennoch war schon ein junger Jägersmann auf den Beinen und suchte sich gegenüber der Mühle mit Hülfe der Sträucher auf einen Felsblock zu schwingen, von wo er Alles im Auge haben könnte, ohne selbst gesehen zu werden.</p><lb/> <p>Wer ihn so im Moose liegen sah, verdeckt durch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0017]
Umfang haben mag. Das Bett des Baches ist abgegraben und treibt rechts hingeleitet die Räder einer Mühle, welche halb in den Berg hineingebaut ist, so daß man sich hinten leicht zum ersten Stock einschwingen könnte. Aber nur in dem kurzen Mühlgraben geht das Wasser still und tief; dann rauscht es wieder lustig im alten Bach unter dem Dickicht fort.
Links ziehen von allen Seiten glatte Fußpfade vom Berge herab und laufen bei einer Brücke von unbehauenen Tannenstämmen zusammen, die zur Mühle hin über den alten, fast trockenen Wasserlauf führt. Tiefe übergras'te Radspuren zeigen, daß man, wenn auch nur selten und mit Noth und Mühe, doch das Korn zur Mühle fährt, wenn sich schon schwer begreift, wie ein Wagen über Stein und Berg kommen soll, weil eine Krümmung der Schlucht den Blick ins weitere Thal verdeckt.
Auch hier war es aber noch lautlos still. Das Mühlwerk stand; der Tag konnte kaum angebrochen sein. Wenn auch die Sonne um die Gipfel spielte und der Tannenduft, der sich des Morgens ergießt, die Lüfte füllte, so blieb es unten noch düster und kalt.
Dennoch war schon ein junger Jägersmann auf den Beinen und suchte sich gegenüber der Mühle mit Hülfe der Sträucher auf einen Felsblock zu schwingen, von wo er Alles im Auge haben könnte, ohne selbst gesehen zu werden.
Wer ihn so im Moose liegen sah, verdeckt durch
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Zitationshilfe: | Widmann, Adolf: Die katholische Mühle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 161–232. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/widmann_muehle_1910/17>, abgerufen am 25.07.2024. |