Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.wenn er nicht durch die Polizei herausgesetzt sein wolle. Ansas antwortete wieder, das wolle er abwarten. Der Gutsherr versuchte selbst noch einmal gütliche Unterredung. Vergebens -- Wanags zeigte das Gewehr. Nun wandte er sich wirklich an die Behörde mit der Bitte um Beistand gegen den frechen und hartnäckigen Eindringling. Und so rückte denn eines frühen Morgens wirklich der Gerichtsexecutor vor die Brandstätte und erließ aus einiger Entfernung -- er fürchtete in der Nähe übel anzukommen -- eine feierliche Aufforderung, die Erdhütte aufzugeben und von dem fremden Grund und Boden abzuziehen. Er war nicht allein und verfehlte nicht, dies in seiner Ansprache besonders scharf zu betonen; das Amt hatte ihm seinen alten Amtsdiener und der Landrath einen Gensdarm zur Assistenz beigesellt, denn der Fall erregte über die Gerichtsstube hinaus Interesse. Ansas Wanags erschien auf den Stufen am Eingange, musterte die bewaffnete Macht, die ihn zu vertreiben kam, und erklärte, er werde Jeden niederschießen, der seinen und seines Weibes Frieden störe. Ihr müßt auseinander, rief ihm der Amtsdiener zu, die Polizei leidet es nicht, ihr seid kein rechtes Paar. -- So versucht doch, uns zu trennen, rief der Littauer ihnen entgegen. -- Mach uns keine Ungelegenheiten, Ansas, suchte der Gensdarm zu vermitteln; du bist Soldat gewesen und weißt, was Gehorsam heißt; auch ich bin Soldat und habe wenn er nicht durch die Polizei herausgesetzt sein wolle. Ansas antwortete wieder, das wolle er abwarten. Der Gutsherr versuchte selbst noch einmal gütliche Unterredung. Vergebens — Wanags zeigte das Gewehr. Nun wandte er sich wirklich an die Behörde mit der Bitte um Beistand gegen den frechen und hartnäckigen Eindringling. Und so rückte denn eines frühen Morgens wirklich der Gerichtsexecutor vor die Brandstätte und erließ aus einiger Entfernung — er fürchtete in der Nähe übel anzukommen — eine feierliche Aufforderung, die Erdhütte aufzugeben und von dem fremden Grund und Boden abzuziehen. Er war nicht allein und verfehlte nicht, dies in seiner Ansprache besonders scharf zu betonen; das Amt hatte ihm seinen alten Amtsdiener und der Landrath einen Gensdarm zur Assistenz beigesellt, denn der Fall erregte über die Gerichtsstube hinaus Interesse. Ansas Wanags erschien auf den Stufen am Eingange, musterte die bewaffnete Macht, die ihn zu vertreiben kam, und erklärte, er werde Jeden niederschießen, der seinen und seines Weibes Frieden störe. Ihr müßt auseinander, rief ihm der Amtsdiener zu, die Polizei leidet es nicht, ihr seid kein rechtes Paar. — So versucht doch, uns zu trennen, rief der Littauer ihnen entgegen. — Mach uns keine Ungelegenheiten, Ansas, suchte der Gensdarm zu vermitteln; du bist Soldat gewesen und weißt, was Gehorsam heißt; auch ich bin Soldat und habe <TEI> <text> <body> <div n="3"> <p><pb facs="#f0099"/> wenn er nicht durch die Polizei herausgesetzt sein wolle. Ansas antwortete wieder, das wolle er abwarten. Der Gutsherr versuchte selbst noch einmal gütliche Unterredung. Vergebens — Wanags zeigte das Gewehr. Nun wandte er sich wirklich an die Behörde mit der Bitte um Beistand gegen den frechen und hartnäckigen Eindringling.</p><lb/> <p>Und so rückte denn eines frühen Morgens wirklich der Gerichtsexecutor vor die Brandstätte und erließ aus einiger Entfernung — er fürchtete in der Nähe übel anzukommen — eine feierliche Aufforderung, die Erdhütte aufzugeben und von dem fremden Grund und Boden abzuziehen. Er war nicht allein und verfehlte nicht, dies in seiner Ansprache besonders scharf zu betonen; das Amt hatte ihm seinen alten Amtsdiener und der Landrath einen Gensdarm zur Assistenz beigesellt, denn der Fall erregte über die Gerichtsstube hinaus Interesse. Ansas Wanags erschien auf den Stufen am Eingange, musterte die bewaffnete Macht, die ihn zu vertreiben kam, und erklärte, er werde Jeden niederschießen, der seinen und seines Weibes Frieden störe. Ihr müßt auseinander, rief ihm der Amtsdiener zu, die Polizei leidet es nicht, ihr seid kein rechtes Paar. — So versucht doch, uns zu trennen, rief der Littauer ihnen entgegen. — Mach uns keine Ungelegenheiten, Ansas, suchte der Gensdarm zu vermitteln; du bist Soldat gewesen und weißt, was Gehorsam heißt; auch ich bin Soldat und habe<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0099]
wenn er nicht durch die Polizei herausgesetzt sein wolle. Ansas antwortete wieder, das wolle er abwarten. Der Gutsherr versuchte selbst noch einmal gütliche Unterredung. Vergebens — Wanags zeigte das Gewehr. Nun wandte er sich wirklich an die Behörde mit der Bitte um Beistand gegen den frechen und hartnäckigen Eindringling.
Und so rückte denn eines frühen Morgens wirklich der Gerichtsexecutor vor die Brandstätte und erließ aus einiger Entfernung — er fürchtete in der Nähe übel anzukommen — eine feierliche Aufforderung, die Erdhütte aufzugeben und von dem fremden Grund und Boden abzuziehen. Er war nicht allein und verfehlte nicht, dies in seiner Ansprache besonders scharf zu betonen; das Amt hatte ihm seinen alten Amtsdiener und der Landrath einen Gensdarm zur Assistenz beigesellt, denn der Fall erregte über die Gerichtsstube hinaus Interesse. Ansas Wanags erschien auf den Stufen am Eingange, musterte die bewaffnete Macht, die ihn zu vertreiben kam, und erklärte, er werde Jeden niederschießen, der seinen und seines Weibes Frieden störe. Ihr müßt auseinander, rief ihm der Amtsdiener zu, die Polizei leidet es nicht, ihr seid kein rechtes Paar. — So versucht doch, uns zu trennen, rief der Littauer ihnen entgegen. — Mach uns keine Ungelegenheiten, Ansas, suchte der Gensdarm zu vermitteln; du bist Soldat gewesen und weißt, was Gehorsam heißt; auch ich bin Soldat und habe
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Zitationshilfe: | Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/99>, abgerufen am 16.02.2025. |