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Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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angespannter Thätigkeit genöthigt zu werden, und Herr Geelhaar war ganz der Mann dazu, seine Knechte und Mägde in Athem zu halten. Anfangs freilich behagte ihm dieses Drängen und Treiben wenig; er dachte sehnsüchtig zurück an die glückliche Zeit, wo er mit den zwei Pferden seines Vaters als Hütejunge mit der andern Dorfjugend über die Haide gestrichen war, unten am Fluß von den saftigen Weiden Pfeifen geschnitten oder Peitschen gedreht hatte, oder, lang im Kahn ausgestreckt und den blauen Himmel mit den ziehenden Wolkenschäfchen über sich, den Fluß hinabgeglitten war bis zu den Wiesen am Haff, wo das gemähte Heu schon lange auf die Abfuhr wartete. Es hatte immer geheißen: kommst du nicht heute, so kommst du doch morgen, so beim Ackern und Säen im Frühjahr, wie beim Ernten im Herbst, und war dann auch ein Theil des Landes unbestellt geblieben und ein Theil der Frucht verdorben, so blieb doch genug, daß man sich allenfalls durchwintern konnte, und was verlangte man mehr? Hier in der deutschen Wirthschaft sah es ganz anders aus; da hatte jedes Geschäft seine bestimmte Zeit, die Arbeit ging stetig fort, und die Ruhe war knapp bemessen; da durfte kein Quadratfuß Land unbenutzt liegen bleiben, und jeder Strohhalm, der vom Erntewagen herabgefallen war, wurde aufgeharkt und eingebracht. Der Herr mühte sich ab, als ob er nicht das liebe Leben hätte, und die Scheuern waren doch bis über den Dach-

angespannter Thätigkeit genöthigt zu werden, und Herr Geelhaar war ganz der Mann dazu, seine Knechte und Mägde in Athem zu halten. Anfangs freilich behagte ihm dieses Drängen und Treiben wenig; er dachte sehnsüchtig zurück an die glückliche Zeit, wo er mit den zwei Pferden seines Vaters als Hütejunge mit der andern Dorfjugend über die Haide gestrichen war, unten am Fluß von den saftigen Weiden Pfeifen geschnitten oder Peitschen gedreht hatte, oder, lang im Kahn ausgestreckt und den blauen Himmel mit den ziehenden Wolkenschäfchen über sich, den Fluß hinabgeglitten war bis zu den Wiesen am Haff, wo das gemähte Heu schon lange auf die Abfuhr wartete. Es hatte immer geheißen: kommst du nicht heute, so kommst du doch morgen, so beim Ackern und Säen im Frühjahr, wie beim Ernten im Herbst, und war dann auch ein Theil des Landes unbestellt geblieben und ein Theil der Frucht verdorben, so blieb doch genug, daß man sich allenfalls durchwintern konnte, und was verlangte man mehr? Hier in der deutschen Wirthschaft sah es ganz anders aus; da hatte jedes Geschäft seine bestimmte Zeit, die Arbeit ging stetig fort, und die Ruhe war knapp bemessen; da durfte kein Quadratfuß Land unbenutzt liegen bleiben, und jeder Strohhalm, der vom Erntewagen herabgefallen war, wurde aufgeharkt und eingebracht. Der Herr mühte sich ab, als ob er nicht das liebe Leben hätte, und die Scheuern waren doch bis über den Dach-

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[0014] angespannter Thätigkeit genöthigt zu werden, und Herr Geelhaar war ganz der Mann dazu, seine Knechte und Mägde in Athem zu halten. Anfangs freilich behagte ihm dieses Drängen und Treiben wenig; er dachte sehnsüchtig zurück an die glückliche Zeit, wo er mit den zwei Pferden seines Vaters als Hütejunge mit der andern Dorfjugend über die Haide gestrichen war, unten am Fluß von den saftigen Weiden Pfeifen geschnitten oder Peitschen gedreht hatte, oder, lang im Kahn ausgestreckt und den blauen Himmel mit den ziehenden Wolkenschäfchen über sich, den Fluß hinabgeglitten war bis zu den Wiesen am Haff, wo das gemähte Heu schon lange auf die Abfuhr wartete. Es hatte immer geheißen: kommst du nicht heute, so kommst du doch morgen, so beim Ackern und Säen im Frühjahr, wie beim Ernten im Herbst, und war dann auch ein Theil des Landes unbestellt geblieben und ein Theil der Frucht verdorben, so blieb doch genug, daß man sich allenfalls durchwintern konnte, und was verlangte man mehr? Hier in der deutschen Wirthschaft sah es ganz anders aus; da hatte jedes Geschäft seine bestimmte Zeit, die Arbeit ging stetig fort, und die Ruhe war knapp bemessen; da durfte kein Quadratfuß Land unbenutzt liegen bleiben, und jeder Strohhalm, der vom Erntewagen herabgefallen war, wurde aufgeharkt und eingebracht. Der Herr mühte sich ab, als ob er nicht das liebe Leben hätte, und die Scheuern waren doch bis über den Dach-

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Zitationshilfe: Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/14>, abgerufen am 21.11.2024.