Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.war nur Noth und Plage. Karalus war ein Säufer und Faulenzer, die Karalene, seine Frau, eine zanksüchtige Person, die das Hauswesen vollends in Unordnung brachte. Das Ausgedinge wurde nicht entrichtet, die Zinsen blieben unbezahlt, und das Wannags'sche Ehepaar mußte froh sein, auf dem alten Erbe das nackte Leben zu haben. Als nach einigen Jahren Karalus einmal spät in der Nacht betrunken aus der Stadt zurückkam, mit seinem Fuhrwerke die Brücke verfehlte, vom hohen Ufer in den gerade hochangestauten Fluß rollte und jämmerlich ertrank, war das Bauerngütchen schon so in Verfall, daß Wanags als Bettler hätte ausziehen müssen, wenn er einen fremden Abnehmer suchen wollte. Es blieb ihm nichts übrig, als wieder selbst den Wirth zu spielen. Natürlich mußte bei dieser Rücknahme nun der alten Urte Karalene ein großes Ausgedinge verschrieben werden, um sie abzufinden. Wanags und seine Frau hatten seitdem nur den einen Gedanken: Wäre unser Ansas erst so weit, das Grundstück zu übernehmen, damit wir uns zur Ruhe setzen könnten! Ansas war damals noch sehr jung. Er hatte sich, da seine Eltern als Altsitzer lebten, auswärts verdingen müssen und schließlich beim Nachbar Geelhaar ein Unterkommen gefunden, das ihn zufriedenstellte. Für den jungen, kräftigen Menschen konnte es ein Glück scheinen, schon früh dem Einfluß seiner Angehörigen entzogen zu sein und zu regelmäßiger und war nur Noth und Plage. Karalus war ein Säufer und Faulenzer, die Karalene, seine Frau, eine zanksüchtige Person, die das Hauswesen vollends in Unordnung brachte. Das Ausgedinge wurde nicht entrichtet, die Zinsen blieben unbezahlt, und das Wannags'sche Ehepaar mußte froh sein, auf dem alten Erbe das nackte Leben zu haben. Als nach einigen Jahren Karalus einmal spät in der Nacht betrunken aus der Stadt zurückkam, mit seinem Fuhrwerke die Brücke verfehlte, vom hohen Ufer in den gerade hochangestauten Fluß rollte und jämmerlich ertrank, war das Bauerngütchen schon so in Verfall, daß Wanags als Bettler hätte ausziehen müssen, wenn er einen fremden Abnehmer suchen wollte. Es blieb ihm nichts übrig, als wieder selbst den Wirth zu spielen. Natürlich mußte bei dieser Rücknahme nun der alten Urte Karalene ein großes Ausgedinge verschrieben werden, um sie abzufinden. Wanags und seine Frau hatten seitdem nur den einen Gedanken: Wäre unser Ansas erst so weit, das Grundstück zu übernehmen, damit wir uns zur Ruhe setzen könnten! Ansas war damals noch sehr jung. Er hatte sich, da seine Eltern als Altsitzer lebten, auswärts verdingen müssen und schließlich beim Nachbar Geelhaar ein Unterkommen gefunden, das ihn zufriedenstellte. Für den jungen, kräftigen Menschen konnte es ein Glück scheinen, schon früh dem Einfluß seiner Angehörigen entzogen zu sein und zu regelmäßiger und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0013"/> war nur Noth und Plage. Karalus war ein Säufer und Faulenzer, die Karalene, seine Frau, eine zanksüchtige Person, die das Hauswesen vollends in Unordnung brachte. Das Ausgedinge wurde nicht entrichtet, die Zinsen blieben unbezahlt, und das Wannags'sche Ehepaar mußte froh sein, auf dem alten Erbe das nackte Leben zu haben. Als nach einigen Jahren Karalus einmal spät in der Nacht betrunken aus der Stadt zurückkam, mit seinem Fuhrwerke die Brücke verfehlte, vom hohen Ufer in den gerade hochangestauten Fluß rollte und jämmerlich ertrank, war das Bauerngütchen schon so in Verfall, daß Wanags als Bettler hätte ausziehen müssen, wenn er einen fremden Abnehmer suchen wollte. Es blieb ihm nichts übrig, als wieder selbst den Wirth zu spielen. Natürlich mußte bei dieser Rücknahme nun der alten Urte Karalene ein großes Ausgedinge verschrieben werden, um sie abzufinden. Wanags und seine Frau hatten seitdem nur den einen Gedanken: Wäre unser Ansas erst so weit, das Grundstück zu übernehmen, damit wir uns zur Ruhe setzen könnten!</p><lb/> <p>Ansas war damals noch sehr jung. Er hatte sich, da seine Eltern als Altsitzer lebten, auswärts verdingen müssen und schließlich beim Nachbar Geelhaar ein Unterkommen gefunden, das ihn zufriedenstellte. Für den jungen, kräftigen Menschen konnte es ein Glück scheinen, schon früh dem Einfluß seiner Angehörigen entzogen zu sein und zu regelmäßiger und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0013]
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Ansas war damals noch sehr jung. Er hatte sich, da seine Eltern als Altsitzer lebten, auswärts verdingen müssen und schließlich beim Nachbar Geelhaar ein Unterkommen gefunden, das ihn zufriedenstellte. Für den jungen, kräftigen Menschen konnte es ein Glück scheinen, schon früh dem Einfluß seiner Angehörigen entzogen zu sein und zu regelmäßiger und
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Zitationshilfe: | Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/13>, abgerufen am 16.07.2024. |