Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.haben ihn aufgefordert, sein Logis zu verlassen, und die Herren sind meine Zeugen, daß er ein Gewehr auf mich gerichtet hat. Das ist Alles, was sein kann -- berichten wir erst einmal. Und es wurde berichtet und berathen und beschlossen, möglichst glimpflich vorzugehen. Es kann uns nicht lieb sein, äußerte der Landrath vorsichtig, wenn die Sache noch mehr Aufsehen macht. Freilich ist gegen Wanags ganz nach der gesetzlichen Ordnung verfahren, und man kann weder dem Gericht noch der Verwaltungsbehörde etwas vorwerfen. Aber es ist doch in höchsten Kreisen mißliebig bemerkt worden, daß dergleichen Beschwerden von hier ausgehen können, und ich bin zu einem weitläufigen Bericht über die Verhältnisse der Manischen Bevölkerung aufgefordert worden. Findet sich nun vielleicht gar noch ein Zeitungsschreiber, der den Fall aufputzt und in die Oeffentlichkeit bringt, so giebt's die größten Unannehmlichkeiten. Es darf kein Schuß fallen. Stellen wir eine Wache auf, die zwar Jeden aus der Erdhöhle heraus, aber Niemand hinein läßt. Wanags kann sich ohne Nahrungsmittel nicht lange halten und wird seine Festung selbst aufgeben müssen. So geschah's. Der Gerichtsbote und der Amtsdiener standen abwechselnd auf Posten, und auf dem Gute war Alles in Bereitschaft, um sofort die Brandstelle räumen und das Loch in der Erde füllen zu können. Ansas erkannte bald, was man im Schilde haben ihn aufgefordert, sein Logis zu verlassen, und die Herren sind meine Zeugen, daß er ein Gewehr auf mich gerichtet hat. Das ist Alles, was sein kann — berichten wir erst einmal. Und es wurde berichtet und berathen und beschlossen, möglichst glimpflich vorzugehen. Es kann uns nicht lieb sein, äußerte der Landrath vorsichtig, wenn die Sache noch mehr Aufsehen macht. Freilich ist gegen Wanags ganz nach der gesetzlichen Ordnung verfahren, und man kann weder dem Gericht noch der Verwaltungsbehörde etwas vorwerfen. Aber es ist doch in höchsten Kreisen mißliebig bemerkt worden, daß dergleichen Beschwerden von hier ausgehen können, und ich bin zu einem weitläufigen Bericht über die Verhältnisse der Manischen Bevölkerung aufgefordert worden. Findet sich nun vielleicht gar noch ein Zeitungsschreiber, der den Fall aufputzt und in die Oeffentlichkeit bringt, so giebt's die größten Unannehmlichkeiten. Es darf kein Schuß fallen. Stellen wir eine Wache auf, die zwar Jeden aus der Erdhöhle heraus, aber Niemand hinein läßt. Wanags kann sich ohne Nahrungsmittel nicht lange halten und wird seine Festung selbst aufgeben müssen. So geschah's. Der Gerichtsbote und der Amtsdiener standen abwechselnd auf Posten, und auf dem Gute war Alles in Bereitschaft, um sofort die Brandstelle räumen und das Loch in der Erde füllen zu können. Ansas erkannte bald, was man im Schilde <TEI> <text> <body> <div n="3"> <p><pb facs="#f0101"/> haben ihn aufgefordert, sein Logis zu verlassen, und die Herren sind meine Zeugen, daß er ein Gewehr auf mich gerichtet hat. Das ist Alles, was sein kann — berichten wir erst einmal.</p><lb/> <p>Und es wurde berichtet und berathen und beschlossen, möglichst glimpflich vorzugehen. Es kann uns nicht lieb sein, äußerte der Landrath vorsichtig, wenn die Sache noch mehr Aufsehen macht. Freilich ist gegen Wanags ganz nach der gesetzlichen Ordnung verfahren, und man kann weder dem Gericht noch der Verwaltungsbehörde etwas vorwerfen. Aber es ist doch in höchsten Kreisen mißliebig bemerkt worden, daß dergleichen Beschwerden von hier ausgehen können, und ich bin zu einem weitläufigen Bericht über die Verhältnisse der Manischen Bevölkerung aufgefordert worden. Findet sich nun vielleicht gar noch ein Zeitungsschreiber, der den Fall aufputzt und in die Oeffentlichkeit bringt, so giebt's die größten Unannehmlichkeiten. Es darf kein Schuß fallen. Stellen wir eine Wache auf, die zwar Jeden aus der Erdhöhle heraus, aber Niemand hinein läßt. Wanags kann sich ohne Nahrungsmittel nicht lange halten und wird seine Festung selbst aufgeben müssen.</p><lb/> <p>So geschah's. Der Gerichtsbote und der Amtsdiener standen abwechselnd auf Posten, und auf dem Gute war Alles in Bereitschaft, um sofort die Brandstelle räumen und das Loch in der Erde füllen zu können. Ansas erkannte bald, was man im Schilde<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0101]
haben ihn aufgefordert, sein Logis zu verlassen, und die Herren sind meine Zeugen, daß er ein Gewehr auf mich gerichtet hat. Das ist Alles, was sein kann — berichten wir erst einmal.
Und es wurde berichtet und berathen und beschlossen, möglichst glimpflich vorzugehen. Es kann uns nicht lieb sein, äußerte der Landrath vorsichtig, wenn die Sache noch mehr Aufsehen macht. Freilich ist gegen Wanags ganz nach der gesetzlichen Ordnung verfahren, und man kann weder dem Gericht noch der Verwaltungsbehörde etwas vorwerfen. Aber es ist doch in höchsten Kreisen mißliebig bemerkt worden, daß dergleichen Beschwerden von hier ausgehen können, und ich bin zu einem weitläufigen Bericht über die Verhältnisse der Manischen Bevölkerung aufgefordert worden. Findet sich nun vielleicht gar noch ein Zeitungsschreiber, der den Fall aufputzt und in die Oeffentlichkeit bringt, so giebt's die größten Unannehmlichkeiten. Es darf kein Schuß fallen. Stellen wir eine Wache auf, die zwar Jeden aus der Erdhöhle heraus, aber Niemand hinein läßt. Wanags kann sich ohne Nahrungsmittel nicht lange halten und wird seine Festung selbst aufgeben müssen.
So geschah's. Der Gerichtsbote und der Amtsdiener standen abwechselnd auf Posten, und auf dem Gute war Alles in Bereitschaft, um sofort die Brandstelle räumen und das Loch in der Erde füllen zu können. Ansas erkannte bald, was man im Schilde
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Zitationshilfe: | Wichert, Ernst: Ansas und Grita. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 195–300. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wichert_grita_1910/101>, abgerufen am 16.02.2025. |