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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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Aber außer demselben dein Gegner, un-
terbrach ihn Belphegor, den Du plünderst,
oder zum Sklaven erniedrigst? --

Nicht anders? Ich und meine Familie
sind zu Einem Körper vereinigt: was nicht
mit diesem Bande an mich geknüpft wird,
ist Feind. Denkt ihr unter euerm Himmel
anders? --

"Allerdings? Ungestört genießt jeder den
"Antheil von Glück, den ihm der Zufall zu-
"warf: Gesetze und Henker sind seine Wäch-
"ter. --"

Und Niemand raubt dem andern einen
Pfennig? Einer darbt, wenn der andre sich
füttert, ohne sich mit seinen Fäusten etwas
zu erkämpfen? --

"Nein, wir kämpfen nicht mit Fäusten,
"sondern leider! mit unserm Verstande --
"wir betriegen. --"

Betriegen? Elende feige Kreaturen! der
listigste Haufe hat bey Euch also das Ober-
gewicht? -- Fi! --

"Der Mächtige, der Große genießt seinen
"Ueberfluß sorgenlos; denn er ist auf allen
"Seiten verschanzt: der Arme genießt das
"Brod seines Schweißes eben so ruhig;

"Man-
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Aber außer demſelben dein Gegner, un-
terbrach ihn Belphegor, den Du pluͤnderſt,
oder zum Sklaven erniedrigſt? —

Nicht anders? Ich und meine Familie
ſind zu Einem Koͤrper vereinigt: was nicht
mit dieſem Bande an mich geknuͤpft wird,
iſt Feind. Denkt ihr unter euerm Himmel
anders? —

„Allerdings? Ungeſtoͤrt genießt jeder den
„Antheil von Gluͤck, den ihm der Zufall zu-
„warf: Geſetze und Henker ſind ſeine Waͤch-
„ter. —‟

Und Niemand raubt dem andern einen
Pfennig? Einer darbt, wenn der andre ſich
fuͤttert, ohne ſich mit ſeinen Faͤuſten etwas
zu erkaͤmpfen? —

„Nein, wir kaͤmpfen nicht mit Faͤuſten,
„ſondern leider! mit unſerm Verſtande —
„wir betriegen. —‟

Betriegen? Elende feige Kreaturen! der
liſtigſte Haufe hat bey Euch alſo das Ober-
gewicht? — Fi! —

„Der Maͤchtige, der Große genießt ſeinen
„Ueberfluß ſorgenlos; denn er iſt auf allen
„Seiten verſchanzt: der Arme genießt das
„Brod ſeines Schweißes eben ſo ruhig;

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[55/0061] Aber außer demſelben dein Gegner, un- terbrach ihn Belphegor, den Du pluͤnderſt, oder zum Sklaven erniedrigſt? — Nicht anders? Ich und meine Familie ſind zu Einem Koͤrper vereinigt: was nicht mit dieſem Bande an mich geknuͤpft wird, iſt Feind. Denkt ihr unter euerm Himmel anders? — „Allerdings? Ungeſtoͤrt genießt jeder den „Antheil von Gluͤck, den ihm der Zufall zu- „warf: Geſetze und Henker ſind ſeine Waͤch- „ter. —‟ Und Niemand raubt dem andern einen Pfennig? Einer darbt, wenn der andre ſich fuͤttert, ohne ſich mit ſeinen Faͤuſten etwas zu erkaͤmpfen? — „Nein, wir kaͤmpfen nicht mit Faͤuſten, „ſondern leider! mit unſerm Verſtande — „wir betriegen. —‟ Betriegen? Elende feige Kreaturen! der liſtigſte Haufe hat bey Euch alſo das Ober- gewicht? — Fi! — „Der Maͤchtige, der Große genießt ſeinen „Ueberfluß ſorgenlos; denn er iſt auf allen „Seiten verſchanzt: der Arme genießt das „Brod ſeines Schweißes eben ſo ruhig; „Man- D 5

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/61>, abgerufen am 27.11.2024.