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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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Mensch auf Gottes Erdboden, so weit nur
mein Auge reichte, sollte mir Zeitlebens hun-
gern oder dursten. -- Brüderchen, ich hab
es erfahren. Ich habe sonst mit meinem
Kruge Apfelwein Mehrern Gutes gethan, als
itzt mit meinem Golde. Das böse Men-
schenherz! Fromal sagte mir wohl, ich sollte
nicht schwören, ich würde einen Meineid
begehn; ich habe ihn begangen. Aber,
Brüderchen, nicht ein Tröpfchen Menschen-
blut klebt an meinem Gewissen. Siehst
Du? ich fand an dem gelben Unrathe so vie-
len Gefallen, ich wollte gern viel und immer
mehr haben, ich nahm es, wo es zu bekom-
men war: ich habe doch wenigstens nie-
manden Leides gethan. Wenn man so bloß
sich selbst, seine Begierden und seine Macht
zu Rathe zu ziehn braucht, da läßt man
leicht die Zügel schießen: doch Du, Belphe-
gor, Du sollst in Zukunft mein einziger Rath-
geber seyn. --

Belphegor fand bey dieser Erklärung für
seine moralisirende Laune eine herrliche Aus-
sicht und nahm deswegen den Vorschlag zur
Mitregentschaft mit Freuden an; und seit

diesem

Menſch auf Gottes Erdboden, ſo weit nur
mein Auge reichte, ſollte mir Zeitlebens hun-
gern oder durſten. — Bruͤderchen, ich hab
es erfahren. Ich habe ſonſt mit meinem
Kruge Apfelwein Mehrern Gutes gethan, als
itzt mit meinem Golde. Das boͤſe Men-
ſchenherz! Fromal ſagte mir wohl, ich ſollte
nicht ſchwoͤren, ich wuͤrde einen Meineid
begehn; ich habe ihn begangen. Aber,
Bruͤderchen, nicht ein Troͤpfchen Menſchen-
blut klebt an meinem Gewiſſen. Siehſt
Du? ich fand an dem gelben Unrathe ſo vie-
len Gefallen, ich wollte gern viel und immer
mehr haben, ich nahm es, wo es zu bekom-
men war: ich habe doch wenigſtens nie-
manden Leides gethan. Wenn man ſo bloß
ſich ſelbſt, ſeine Begierden und ſeine Macht
zu Rathe zu ziehn braucht, da laͤßt man
leicht die Zuͤgel ſchießen: doch Du, Belphe-
gor, Du ſollſt in Zukunft mein einziger Rath-
geber ſeyn. —

Belphegor fand bey dieſer Erklaͤrung fuͤr
ſeine moraliſirende Laune eine herrliche Aus-
ſicht und nahm deswegen den Vorſchlag zur
Mitregentſchaft mit Freuden an; und ſeit

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[40/0046] Menſch auf Gottes Erdboden, ſo weit nur mein Auge reichte, ſollte mir Zeitlebens hun- gern oder durſten. — Bruͤderchen, ich hab es erfahren. Ich habe ſonſt mit meinem Kruge Apfelwein Mehrern Gutes gethan, als itzt mit meinem Golde. Das boͤſe Men- ſchenherz! Fromal ſagte mir wohl, ich ſollte nicht ſchwoͤren, ich wuͤrde einen Meineid begehn; ich habe ihn begangen. Aber, Bruͤderchen, nicht ein Troͤpfchen Menſchen- blut klebt an meinem Gewiſſen. Siehſt Du? ich fand an dem gelben Unrathe ſo vie- len Gefallen, ich wollte gern viel und immer mehr haben, ich nahm es, wo es zu bekom- men war: ich habe doch wenigſtens nie- manden Leides gethan. Wenn man ſo bloß ſich ſelbſt, ſeine Begierden und ſeine Macht zu Rathe zu ziehn braucht, da laͤßt man leicht die Zuͤgel ſchießen: doch Du, Belphe- gor, Du ſollſt in Zukunft mein einziger Rath- geber ſeyn. — Belphegor fand bey dieſer Erklaͤrung fuͤr ſeine moraliſirende Laune eine herrliche Aus- ſicht und nahm deswegen den Vorſchlag zur Mitregentſchaft mit Freuden an; und ſeit dieſem

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/46>, abgerufen am 26.11.2024.