Vergnügungen bey dieser Besitzung und die Erkenntlichkeit dafür minderten allmählich den Unwillen wider Fromals begangne Un- gerechtigkeiten, und bald wurde nur davon gesprochen, um darüber zu spekuliren. So war nach vielfältigen, meistens selbsterregten Leiden Belphegor in Ruhe, besaß ein klei- nes Landgütchen mit einer für ihn bequemen Wohnung, mit schattichten Bäumen, um darunter philosophisch zu träumen, über sein Leben nachzudenken, die Welt nach Maaßgebung seiner Laune zu schimpfen oder zu bewundern -- mit einem Gärtchen, um darinne, wie die Patriarchen, zu graben, zu säen, zu pflanzen -- mit einem Felde, um darauf seinen Unterhalt von etlichen Ne- gern erbauen zu lassen, die ihm Fromal dazu geschenkt hatte. Itzt, da er selbst die Nütz- lichkeit dieser Schwarzen genoß, verschwand das Düstre in der Vorstellung von ihrem Zu- stande ganz: ob er sie gleich als Menschen- freund beklagte und behandelte, so schienen sie ihm doch nicht mehr so unglücklich wie ehmals, und die Idee von einem Sklaven, von dem Verkaufe desselben, diese sonst für ihn so aufbringende Idee, familiarisirte sich
so sehr
Vergnuͤgungen bey dieſer Beſitzung und die Erkenntlichkeit dafuͤr minderten allmaͤhlich den Unwillen wider Fromals begangne Un- gerechtigkeiten, und bald wurde nur davon geſprochen, um daruͤber zu ſpekuliren. So war nach vielfaͤltigen, meiſtens ſelbſterregten Leiden Belphegor in Ruhe, beſaß ein klei- nes Landguͤtchen mit einer fuͤr ihn bequemen Wohnung, mit ſchattichten Baͤumen, um darunter philoſophiſch zu traͤumen, uͤber ſein Leben nachzudenken, die Welt nach Maaßgebung ſeiner Laune zu ſchimpfen oder zu bewundern — mit einem Gaͤrtchen, um darinne, wie die Patriarchen, zu graben, zu ſaͤen, zu pflanzen — mit einem Felde, um darauf ſeinen Unterhalt von etlichen Ne- gern erbauen zu laſſen, die ihm Fromal dazu geſchenkt hatte. Itzt, da er ſelbſt die Nuͤtz- lichkeit dieſer Schwarzen genoß, verſchwand das Duͤſtre in der Vorſtellung von ihrem Zu- ſtande ganz: ob er ſie gleich als Menſchen- freund beklagte und behandelte, ſo ſchienen ſie ihm doch nicht mehr ſo ungluͤcklich wie ehmals, und die Idee von einem Sklaven, von dem Verkaufe deſſelben, dieſe ſonſt fuͤr ihn ſo aufbringende Idee, familiariſirte ſich
ſo ſehr
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Vergnuͤgungen bey dieſer Beſitzung und die
Erkenntlichkeit dafuͤr minderten allmaͤhlich
den Unwillen wider Fromals begangne Un-
gerechtigkeiten, und bald wurde nur davon
geſprochen, um daruͤber zu ſpekuliren. So
war nach vielfaͤltigen, meiſtens ſelbſterregten
Leiden Belphegor in Ruhe, beſaß ein klei-
nes Landguͤtchen mit einer fuͤr ihn bequemen
Wohnung, mit ſchattichten Baͤumen, um
darunter philoſophiſch zu traͤumen, uͤber
ſein Leben nachzudenken, die Welt nach
Maaßgebung ſeiner Laune zu ſchimpfen oder
zu bewundern — mit einem Gaͤrtchen, um
darinne, wie die Patriarchen, zu graben,
zu ſaͤen, zu pflanzen — mit einem Felde,
um darauf ſeinen Unterhalt von etlichen Ne-
gern erbauen zu laſſen, die ihm Fromal dazu
geſchenkt hatte. Itzt, da er ſelbſt die Nuͤtz-
lichkeit dieſer Schwarzen genoß, verſchwand
das Duͤſtre in der Vorſtellung von ihrem Zu-
ſtande ganz: ob er ſie gleich als Menſchen-
freund beklagte und behandelte, ſo ſchienen
ſie ihm doch nicht mehr ſo ungluͤcklich wie
ehmals, und die Idee von einem Sklaven,
von dem Verkaufe deſſelben, dieſe ſonſt fuͤr
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/278>, abgerufen am 22.12.2024.
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