higen Unentschlossenheit ließ er zween Tage verstreichen, und Belphegor seufzte und trauerte schon, daß ihm sein Zweck so ganz fehl gegangen, und sein Freund so verhär- tet sey. Mitten in seiner Unzufriedenheit darüber bekam er die Nachricht, daß der Befehlshaber ihn zu sprechen verlange: er gieng nicht, er flog. Ob sich gleich eben so leicht vermuthen ließ, daß seine Vorstel- lung beleidigt habe, und daß man ihn nur rufen laße, um ihn den Unwillen über seine Besserungssucht zu empfinden zu geben, so war doch bey allen schmähenden Deklama- tionen, die ihm eine gegenwärtige Mis- handlung wider den Menschen auspreßte, noch zu viel Rest guter Meynung von der menschlichen Natur aus den ersten Jahren der Einbildungskraft bey ihm übrig, als daß er insbesondre seinen ehmaligen Freund einer gänzlichen Verhärtung fähig hal- ten sollte.
Seine gute Erwartung wurde zum Theil erfüllt: Fromal dankte ihm für die wohl- meynende Absicht seines Briefs und verbarg ihm keine von den Regungen, die er in ihm erweckt hatte; er erkannte sich aller Vor-
würfe
higen Unentſchloſſenheit ließ er zween Tage verſtreichen, und Belphegor ſeufzte und trauerte ſchon, daß ihm ſein Zweck ſo ganz fehl gegangen, und ſein Freund ſo verhaͤr- tet ſey. Mitten in ſeiner Unzufriedenheit daruͤber bekam er die Nachricht, daß der Befehlshaber ihn zu ſprechen verlange: er gieng nicht, er flog. Ob ſich gleich eben ſo leicht vermuthen ließ, daß ſeine Vorſtel- lung beleidigt habe, und daß man ihn nur rufen laße, um ihn den Unwillen uͤber ſeine Beſſerungsſucht zu empfinden zu geben, ſo war doch bey allen ſchmaͤhenden Deklama- tionen, die ihm eine gegenwaͤrtige Mis- handlung wider den Menſchen auspreßte, noch zu viel Reſt guter Meynung von der menſchlichen Natur aus den erſten Jahren der Einbildungskraft bey ihm uͤbrig, als daß er insbeſondre ſeinen ehmaligen Freund einer gaͤnzlichen Verhaͤrtung faͤhig hal- ten ſollte.
Seine gute Erwartung wurde zum Theil erfuͤllt: Fromal dankte ihm fuͤr die wohl- meynende Abſicht ſeines Briefs und verbarg ihm keine von den Regungen, die er in ihm erweckt hatte; er erkannte ſich aller Vor-
wuͤrfe
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0274"n="268"/>
higen Unentſchloſſenheit ließ er zween Tage<lb/>
verſtreichen, und Belphegor ſeufzte und<lb/>
trauerte ſchon, daß ihm ſein Zweck ſo <hirendition="#fr">ganz</hi><lb/>
fehl gegangen, und ſein Freund ſo verhaͤr-<lb/>
tet ſey. Mitten in ſeiner Unzufriedenheit<lb/>
daruͤber bekam er die Nachricht, daß der<lb/>
Befehlshaber ihn zu ſprechen verlange: er<lb/>
gieng nicht, er flog. Ob ſich gleich eben<lb/>ſo leicht vermuthen ließ, daß ſeine Vorſtel-<lb/>
lung beleidigt habe, und daß man ihn nur<lb/>
rufen laße, um ihn den Unwillen uͤber ſeine<lb/>
Beſſerungsſucht zu empfinden zu geben, ſo<lb/>
war doch bey allen ſchmaͤhenden Deklama-<lb/>
tionen, die ihm eine gegenwaͤrtige Mis-<lb/>
handlung wider den Menſchen auspreßte,<lb/>
noch zu viel Reſt guter Meynung von der<lb/>
menſchlichen Natur aus den erſten Jahren<lb/>
der Einbildungskraft bey ihm uͤbrig, als<lb/>
daß er insbeſondre ſeinen ehmaligen Freund<lb/>
einer gaͤnzlichen Verhaͤrtung faͤhig hal-<lb/>
ten ſollte.</p><lb/><p>Seine gute Erwartung wurde zum Theil<lb/>
erfuͤllt: Fromal dankte ihm fuͤr die wohl-<lb/>
meynende Abſicht ſeines Briefs und verbarg<lb/>
ihm keine von den Regungen, die er in ihm<lb/>
erweckt hatte; er erkannte ſich aller Vor-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wuͤrfe</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[268/0274]
higen Unentſchloſſenheit ließ er zween Tage
verſtreichen, und Belphegor ſeufzte und
trauerte ſchon, daß ihm ſein Zweck ſo ganz
fehl gegangen, und ſein Freund ſo verhaͤr-
tet ſey. Mitten in ſeiner Unzufriedenheit
daruͤber bekam er die Nachricht, daß der
Befehlshaber ihn zu ſprechen verlange: er
gieng nicht, er flog. Ob ſich gleich eben
ſo leicht vermuthen ließ, daß ſeine Vorſtel-
lung beleidigt habe, und daß man ihn nur
rufen laße, um ihn den Unwillen uͤber ſeine
Beſſerungsſucht zu empfinden zu geben, ſo
war doch bey allen ſchmaͤhenden Deklama-
tionen, die ihm eine gegenwaͤrtige Mis-
handlung wider den Menſchen auspreßte,
noch zu viel Reſt guter Meynung von der
menſchlichen Natur aus den erſten Jahren
der Einbildungskraft bey ihm uͤbrig, als
daß er insbeſondre ſeinen ehmaligen Freund
einer gaͤnzlichen Verhaͤrtung faͤhig hal-
ten ſollte.
Seine gute Erwartung wurde zum Theil
erfuͤllt: Fromal dankte ihm fuͤr die wohl-
meynende Abſicht ſeines Briefs und verbarg
ihm keine von den Regungen, die er in ihm
erweckt hatte; er erkannte ſich aller Vor-
wuͤrfe
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/274>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.