gehn mochte, das sagte ihr aufrichtiges Ge- sicht und Auge ohne Hülfe der Zunge: dem guten Geschöpfe stiegen gleich alle Empfin- dungen in die Mine, und wer ihr Gesicht buchstabirte, buchstabirte ihr Herz. Sie hatte ein Paar zärtliche funkelnde Augen, die sie über der platten Nase so verliebt herum- wälzte, daß ich mannichmal mir nach dem Pulse fühlte, ob ich noch athmete, oder von ihnen versteinert wäre. Ich wußte schon, daß sie ihren Eltern gestohlen worden war, und sie sagte mir durch Geberden und mit ihrem Bischen Französisch, daß sie ihr Land nicht gern verließe, und sagte mir noch oben drein -- daß sie mich von Herzen lieb hätte, bat mich, sie wieder zu ihren Eltern zu bringen, und bat mich so, daß ich dachte: Nun, so bist du doch mit deiner guten Za- ninny wahrhaftig fast so glücklich als mit deiner verstorbenen Frau, und wenn dich ihre Eltern zum Schwiegersohne annehmen und sich nicht daran stoßen wollten, daß ich so häßlich weiß bin -- ja, ich bliebe mit mei- ner Zaninny in ihrer Hütte und würde ein Afrikaner, äß, tränk, schlief, spielte mit ihr, jagte, sammelte Datteln für sie, hüte-
te das
B 4
gehn mochte, das ſagte ihr aufrichtiges Ge- ſicht und Auge ohne Huͤlfe der Zunge: dem guten Geſchoͤpfe ſtiegen gleich alle Empfin- dungen in die Mine, und wer ihr Geſicht buchſtabirte, buchſtabirte ihr Herz. Sie hatte ein Paar zaͤrtliche funkelnde Augen, die ſie uͤber der platten Naſe ſo verliebt herum- waͤlzte, daß ich mannichmal mir nach dem Pulſe fuͤhlte, ob ich noch athmete, oder von ihnen verſteinert waͤre. Ich wußte ſchon, daß ſie ihren Eltern geſtohlen worden war, und ſie ſagte mir durch Geberden und mit ihrem Bischen Franzoͤſiſch, daß ſie ihr Land nicht gern verließe, und ſagte mir noch oben drein — daß ſie mich von Herzen lieb haͤtte, bat mich, ſie wieder zu ihren Eltern zu bringen, und bat mich ſo, daß ich dachte: Nun, ſo biſt du doch mit deiner guten Za- ninny wahrhaftig faſt ſo gluͤcklich als mit deiner verſtorbenen Frau, und wenn dich ihre Eltern zum Schwiegerſohne annehmen und ſich nicht daran ſtoßen wollten, daß ich ſo haͤßlich weiß bin — ja, ich bliebe mit mei- ner Zaninny in ihrer Huͤtte und wuͤrde ein Afrikaner, aͤß, traͤnk, ſchlief, ſpielte mit ihr, jagte, ſammelte Datteln fuͤr ſie, huͤte-
te das
B 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0027"n="21"/>
gehn mochte, das ſagte ihr aufrichtiges Ge-<lb/>ſicht und Auge ohne Huͤlfe der Zunge: dem<lb/>
guten Geſchoͤpfe ſtiegen gleich alle Empfin-<lb/>
dungen in die Mine, und wer ihr Geſicht<lb/>
buchſtabirte, buchſtabirte ihr Herz. Sie<lb/>
hatte ein Paar zaͤrtliche funkelnde Augen, die<lb/>ſie uͤber der platten Naſe ſo verliebt herum-<lb/>
waͤlzte, daß ich mannichmal mir nach dem<lb/>
Pulſe fuͤhlte, ob ich noch athmete, oder von<lb/>
ihnen verſteinert waͤre. Ich wußte ſchon,<lb/>
daß ſie ihren Eltern geſtohlen worden<lb/>
war, und ſie ſagte mir durch Geberden und<lb/>
mit ihrem Bischen Franzoͤſiſch, daß ſie ihr<lb/>
Land nicht gern verließe, und ſagte mir noch<lb/>
oben drein — daß ſie mich von Herzen lieb<lb/>
haͤtte, bat mich, ſie wieder zu ihren Eltern<lb/>
zu bringen, und bat mich ſo, daß ich dachte:<lb/>
Nun, ſo biſt du doch mit deiner guten <hirendition="#fr">Za-<lb/>
ninny</hi> wahrhaftig faſt ſo gluͤcklich als mit<lb/>
deiner verſtorbenen Frau, und wenn dich ihre<lb/>
Eltern zum Schwiegerſohne annehmen und<lb/>ſich nicht daran ſtoßen wollten, daß ich ſo<lb/>
haͤßlich weiß bin — ja, ich bliebe mit mei-<lb/>
ner <hirendition="#fr">Zaninny</hi> in ihrer Huͤtte und wuͤrde ein<lb/>
Afrikaner, aͤß, traͤnk, ſchlief, ſpielte mit<lb/>
ihr, jagte, ſammelte Datteln fuͤr ſie, huͤte-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">te das</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[21/0027]
gehn mochte, das ſagte ihr aufrichtiges Ge-
ſicht und Auge ohne Huͤlfe der Zunge: dem
guten Geſchoͤpfe ſtiegen gleich alle Empfin-
dungen in die Mine, und wer ihr Geſicht
buchſtabirte, buchſtabirte ihr Herz. Sie
hatte ein Paar zaͤrtliche funkelnde Augen, die
ſie uͤber der platten Naſe ſo verliebt herum-
waͤlzte, daß ich mannichmal mir nach dem
Pulſe fuͤhlte, ob ich noch athmete, oder von
ihnen verſteinert waͤre. Ich wußte ſchon,
daß ſie ihren Eltern geſtohlen worden
war, und ſie ſagte mir durch Geberden und
mit ihrem Bischen Franzoͤſiſch, daß ſie ihr
Land nicht gern verließe, und ſagte mir noch
oben drein — daß ſie mich von Herzen lieb
haͤtte, bat mich, ſie wieder zu ihren Eltern
zu bringen, und bat mich ſo, daß ich dachte:
Nun, ſo biſt du doch mit deiner guten Za-
ninny wahrhaftig faſt ſo gluͤcklich als mit
deiner verſtorbenen Frau, und wenn dich ihre
Eltern zum Schwiegerſohne annehmen und
ſich nicht daran ſtoßen wollten, daß ich ſo
haͤßlich weiß bin — ja, ich bliebe mit mei-
ner Zaninny in ihrer Huͤtte und wuͤrde ein
Afrikaner, aͤß, traͤnk, ſchlief, ſpielte mit
ihr, jagte, ſammelte Datteln fuͤr ſie, huͤte-
te das
B 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/27>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.